Zum Inhalt
Klarna Probleme: App am Handy
Klarna-Probleme: Mahnschreiben trotz Zahlung, Ärger bei Kund:innen Bild: rarrarorro/Shutterstock

Klarna-Probleme: Mahnung trotz Zahlung

, aktualisiert am

Laufband bestellt, Radiergummi erhalten und dann noch eine Mahnung. Wir haben sehr viele Beschwerden zu Klarna. Die Arbeiterkammer hat den Zahlungsdienstleister erfolgreich geklagt. Enttäuschte Kund:innen beklagen sich in Onlinekommentaren.

Betroffene fragen:

  • Gibt es viele Probleme mit Klarna?
  • Was kann ich bei Problemen mit Klarna tun?
  • Warum hilft mir der Kundenservice nicht richtig?
  • Warum habe ich von Klarna trotz Rücksendung eine Mahnung erhalten?
  • Warum bekomme ich von Klarna eine Mahnung oder ein Inkassoschreiben trotz bezahlter Rechnung?
  • Überwiegen gute oder schlechte Erfahrungen mit Klarna?
  • Wie funktionieren Rücksendungen mit Klarna?
  • Wen muss ich bei Problemen kontaktieren - Klarna oder den Onlineshop?
  • Warum wurde ein Inkassoverfahren gegen mich eingeleitet?
  • Macht Klarna Gewinn oder Verlust?
  • Sind die Geschäftsbedingungen verständlich und Mahngebühren transparent?
  • Was ist ein Dropshop?

 

Urteil - Klarna-Klauseln unzulässig

AKTUALISIERUNG (16.5.2023): Arbeiterkammer klagte sieben Klauseln und zwei Geschäftspraktiken von Klarna. Das Handelsgericht gab der AK nun großteils Recht.

Folgende Klauseln und Geschäftspraktiken hat das Gericht verurteilt:

  • Verstreute Geschäftsbedingungen - intransparent: In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind die rechtswidrigen Klauseln auf vielen Unterseiten der Klarna-Website unter verschiedenen Überschriften verlinkt, etwa FAQ und Kund:innenservice. Das ist intransparent – Konsument:innen können sich so keinen Überblick verschaffen.
  • Zahlungstermin immer anders - nicht erlaubt: In den Klauseln gab es verschiedene Fälligkeiten bei den Zahlungen – ab Rechnungsdatum, ab Versand oder nach Erhalt der Ware. Das ist für Konsument:innen undurchschaubar.
  • Website, Kundenservice und App - nicht aufzwingen: Beschwerden und Probleme, so bestimmte Klarna die Regeln, sollten Konsument:innenn nur auf der Klarna-Website, in der Klarna-App oder beim Kund:innenservice angeben müssen. Diese Bestimmung verstößt klar gegen das Konsumentenschutzgesetz. Klarna darf Konsument:innen keine Apps oder Websites aufdrängen, wenn etwa eine bestellte Ware nicht geliefert wurde. Ein E-Mail reicht.
  • Pauschal gestaffelte Mahngebühren - unzulässig: Klarna legte in einer Tabelle fest, dass die pauschal ansteigenden Mahngebühren immer gezahlt werden müssen. Zahlen also, unabhängig davon, ob die Konsument:innen schuld an der verspäteten Zahlung sind oder nicht. Es zählte auch nicht, ob die Mahngebühr in einem angemessenen Verhältnis zum geforderten Betrag stehe. Die Klausel ist unzulässig.

Die AK hatte in ihrer Klage auch Klarnas zahlreiche unberechtigte Mahnungen als aggressive Geschäftspraktik im Sinn des Wettbewerbsrechtes eingestuft. Dies wies das Gericht zurück. Wer als Kund:in zwei Partner (Händler und Klarna) habe, habe u.U. doppelten Kommunikationsaufwand und müsse Klarna entsprechend informieren. Das Gericht ist der Meinung irrtümliche Mahnungen durch Klarna seien keine Belästigung oder Nötigung.

Hier geht es zum Urteil der AK gegen Klarna

Klarna-Probleme: tausende Beschwerden

Weniger Gebühren, mehr shoppen

Es hätte so schön sein können. Sebastian Siemiatkowski, seines Zeichens Big Boss von Klarna, entwirft eine schöne neue Welt. Im Klarna-Geschäftsbericht 2021 kritisiert der fesche Schwede auf der einen Seite die teuren Kreditkarten, auf der anderen Seite die klassischen Banken mit ihren hohen Gebühren und Zinsen. Das sei erstens, sagt er, nur für Wohlhabende leistbar und zweitens eine Umverteilung von unten nach oben („redistribution of wealth from the poor to the rich – an inverted Robin Hood“). Klarna hingegen wolle das anders, billiger und besser machen. Einsparungen bei den Zahlungskosten, so Siemiatkowski, sollen den Kund:innen zugutekommen und ihnen ermöglichen, mehr auszugeben.

Verzögerte Lieferung, aufdringliche Mahnung

Das hat nicht ganz funktioniert. Betroffene berichten über verzögerte Lieferung, schlechten Kundenservice, aufdringliche Mahnungen. 2021 registrierte die Arbeiterkammer etwa 4.000 Beschwerden über Klarna. Davon 2.000 allein im ersten Halbjahr. In den Europäischen Verbraucherzentren waren es 2020 und 2021 1.500, Tendenz steigend. Das bestätigen auch  viele User-Kommentare zur Klarna-App: Klarna-App - „Finger weg!“ – Erfahrungen von Kund:innen

Viele Kunden beschweren sich

Auf finanztip.de haben in einer Umfrage 71 Prozent negative Erfahrungen mit Klarna gemacht. Die deutschen Verbraucherzentralen nennen bei Beschwerden über digitale Zahlungsdienste Klarna an zweiter Stelle. Dieser Aufschrei hat viele Gründe. Klarna ist ein rasant wachsendes Start-up und Wachstum verursacht Schmerzen – bei Investor:innen, bei gekündigter Belegschaft und entnervten Kund:innen. Hier typische Fälle:

Typische Fälle

Fall 1: Kleidung passt nicht/Händler in China

Eine Kundin kauft bei einer deutschem Onlineplattform Kleidung. Sie passt nicht und die Verbraucherin tritt zurück. Also soll die Kundin die Ware – Überraschung – auf eigene Kosten nach China schicken. Darüber hat der Shop während der Bestellung nicht informiert. Inzwischen trägt der Händler einen neuen Namen und lässt keine Schlichtung zu. Klarna fordert weiterhin das Geld. Rechtswidrig.

Fall 2: Annullierung der Flüge/Pair Finance

Eine Kundin bucht drei Flugtickets für die Ryanair über Flugladen.at und bezahlt auf Rechnung mit Klarna. Ryanair annulliert den Flug. Die Kundin muss nicht zahlen. Dennoch mahnt Klarna rechtswidrig und die Mahnspesen von Pair Finance, dem beauftragten Inkassobüro aus Berlin, steigen.

Fall 3: Schuhe passen nicht/kein Rücksendeetikett

Bestellung von zwei Paar Schuhen. Als sie eintreffen, stellt die Kundin fest: Sie passen nicht. Also Rücktritt vom Kauf und Bitte um ein Rücksendeetikett. Der Händler schickt keines und ist auch nicht bereit, die Rechnung zu stornieren. Klarna fordert rechtswidrig den Kaufpreis, übergibt an ein Inkassobüro und dieses übt massiv Druck aus.

Fall 4: Hochzeitskleid/Rücksendung

Eine Kundin bestellt ein Hochzeitskleid. Der Händler liefert zu spät; die Frau verweigert die Annahme. Klarna fordert in der Folge die Nummer der Rücksendung (die sie nicht hat), der Händler bezeichnet die Rücksendung als nicht auffindbar. Klarna fordert die Zahlung.

Fall 5: Lampe nicht geliefert

Eine Konsumentin bestellt bei einer deutschen Firma eine Lampe. Die wird nie geliefert und die Firma verschwindet vom Netz. Trotzdem wird die Kundin ständig aufgefordert, die Lampe zu bezahlen oder sich mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen. Es dauert Monate, bis Klarna und das Inkassobüro Pair Finance auf unseren Druck hin die Forderung ausbuchen.

Fall 6: Mahnung von Klarna trotz Nicht-Lieferung

Eine Konsumentin bestellt bei einem Online-Händler ein Produkt; vereinbart mit Klarna ist Zahlung auf Rechnung. Die Ware wird nicht geliefert; der Sendungsstatus des Paketlieferanten lautet „unbekannt“. Die Konsumentin schickt Klarna als Nachweis für die nicht erfolgte Lieferung einen Screenshot vom Sendungsstatus. Nun bucht aber Klarna die Forderung nicht aus, sondern fordert weitere Informationen.

Fall 7: Mahnung von Klarna trotz korrekten Rücktritts und Retoure

Ein Konsument bestellt bei einem Online-Händler zwei Smartwatches in zwei separaten Bestellungen. Mit Klarna ist Zahlung auf Rechnung vereinbart. Der Konsument macht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch und schickt beide Uhren an den Händler zurück. Trotzdem fordert Klarna für eine Smartwatch die Zahlung. Der Konsument übermittelt die Zustellnachweise für beide Retouren. Dennoch bucht Klarna die Forderung nicht ausgebucht - zu Unrecht. Klarna argumentiert nur oberflächlich damit, dass in diesem Fall nicht zu Gunsten des Konsumenten entschieden werde könne.

Klarna erobert im Eilschritt Markt um Markt

Die Welt der Finanzdienstleister ist im Umbruch und Klarna vorne dabei. Das Unternehmen ist eine Bank, hat viele Start-ups geschluckt, setzt voll auf Automatisierung und Digitalisierung. Mit einem bunten Bauchladen an Diensten erobert das Unternehmen im Eilschritt Markt um Markt. Österreichweit wurden von Klarna vom November 2021 bis November 2022 ca. 36 Millionen Transaktionen durchgeführt. Es hat nach eigenen Angaben 150 Mio. Kund:innen, kooperiert mit über 450.000 Shops, darunter Adidas, AliExpress, Amorelie, baby-walz, blue-tomato, Braun, COS, Desigual, dm, e-tec, Furla, G-Star Raw, Garmin, H&M, Ikea, Interspar, MediaMarkt, Palmers, Spotify und was das Firmen-Alphabet sonst noch hergibt.

Verluste und Kündigungen

Andererseits hat Klarna an der Börse zuletzt stark an Wert verloren und tausende Mitarbeitende auf die Straße gesetzt. 2022 betrugen die Verluste in der ersten Jahreshälfte 580 Millionen Euro und nervöse Investor:innen wollen endlich Geld sehen. Das hat Auswirkungen. Kein Wunder, dass sich Kund:innen als Geschädigte erleben und das Unternehmen vor Gericht muss. Das Urteil des Handelsgerichtes hat gezeigt, dass sich auch Klarna an die Gesetze halten muss.

Ratenzahlung: Kauf jetzt, zahl später

Für Konsument:innen bietet Klarna Geldanlage und Kreditkarte, Zahlung auf Rechnung, in Raten und mit Sofortüberweisung. Wer Ratenzahlung wählt – „Buy now, pay later!“ –, muss sich klar sein: Klarna prüft die Kreditwürdigkeit (Bonität) und verlangt bis zu 15 Prozent Zinsen pro Jahr. Ratenkäufe verführen erfahrungsgemäß manche dazu, mehr zu kaufen, als sie sich leisten können. Werden die Raten nicht beglichen, wird es richtig teuer. Ist das die Umverteilung, von der Klarna träumt?

Kauf auf Rechnung

Viele sind vorsichtig und wählen die Zahlung auf Rechnung. In diesem Fall haben Sie als Konsument:in ein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht. Sie müssen erst dann bezahlen, wenn die Ware vollständig da und in Ordnung ist. Davor sind Mahnung und Mahngebühren rechtswidrig. „Hauptbeschwerdepunkt“, so berichtet die AK, „war und ist, dass Klarna auf der Bezahlung der Ware besteht, auch wenn die Ware nicht geliefert, mangelhaft geliefert oder wieder ordnungsgemäß an den Onlinehändler, zum Beispiel nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag, retourniert wurde.“

Bildergalerie: Ärger mit Shop, Klarna und Inkasso

×
Kundin bestellt Ware im Onlineshop
Schritt 1: Kundin bestellt Ware im Onlineshop | Bild: Tynyuk, MarySan, Alexander Limbach/Shutterstock/Nicole Ender
Ware ist mangelhaft, Schuh passt nicht
Schritt 2: Ware wird nicht geliefert, wird viel zu spät geliefert, ist mangelhaft, wird ordnungsgemäß zurückgeschickt | Bild: Tynuk, MarySan, GoodStudio/Shutterstock/Nicole Ender
Klarna verlangt rechtswidrig Zahlung und übergibt rechtswidrige Forderung an ein Inkassobüro
Schritt 3: Klarna verlangt rechtswidrig Zahlung und übergibt rechtswidrige Forderung an ein Inkassobüro | Bild: Tynuk, paper cut design/Shutterstock/Nicole Ender
Inkassobüro verlangt rechtswidrig Zahlung und zu hohe Mahnspesen
Schritt 4: Inkassobüro verlangt rechtswidrig Zahlung und zu hohe Mahnspesen | Bild: Tynuk, paper cut design, YummyBuum Shutterstock Nicole Ender
Kundin bestellt Ware im Onlineshop
Schritt 1: Kundin bestellt Ware im Onlineshop | Bild: Tynyuk, MarySan, Alexander Limbach/Shutterstock/Nicole Ender
Ware ist mangelhaft, Schuh passt nicht
Schritt 2: Ware wird nicht geliefert, wird viel zu spät geliefert, ist mangelhaft, wird ordnungsgemäß zurückgeschickt | Bild: Tynuk, MarySan, GoodStudio/Shutterstock/Nicole Ender
Klarna verlangt rechtswidrig Zahlung und übergibt rechtswidrige Forderung an ein Inkassobüro
Schritt 3: Klarna verlangt rechtswidrig Zahlung und übergibt rechtswidrige Forderung an ein Inkassobüro | Bild: Tynuk, paper cut design/Shutterstock/Nicole Ender
Inkassobüro verlangt rechtswidrig Zahlung und zu hohe Mahnspesen
Schritt 4: Inkassobüro verlangt rechtswidrig Zahlung und zu hohe Mahnspesen | Bild: Tynuk, paper cut design, YummyBuum Shutterstock Nicole Ender

Klarnas große Liebe …

… gilt eindeutig den Händlern. Klarna bietet ihnen ein Baukastensystem; damit können sie mit wenig Aufwand Onlineshops erstellen. Gleichzeitig organisiert Klarna gegen Gebühr die Zahlung. Zahlen Kund:innen auf Rechnung, kauft Klarna Händlern deren Forderung an die Kund:innen ab. Früher nannte man das Factoring. Händler bekommen von Klarna also rasch ihr Geld und sind happy. Nun muss Klarna allerdings von den Kund:innen das Geld eintreiben und trägt das Risiko.

Klassische Dreiecksbeziehung

Klarna, Händler und Kund:innen – das ist eine klassische Dreiecksbeziehung und wie bei der echten Liebe sind zwei sich nahe und einer traurig. Spätestens wenn sich zwei weitere dem Trio zugesellen – der Hersteller in China und das Inkassobüro in Berlin – wird es richtig stressig. Wer Schweigen, Druck und Drama nicht mehr aushält, der zahlt entnervt – auch wenn die Forderung rechtswidrig ist –, oder meldet sich bei unserer Beratung.

Vorwürfe, Mängel, Beschwerden

Betroffene berichten uns – besonders bei Zahlung auf Rechnung – Folgendes:

  • Verzögerte Lieferung: Ware aus Asien hat einen langen Weg und traf in vielen Fällen viel zu spät ein, Klarna hatte aber schon zu mahnen begonnen. Inzwischen hat Klarna das Zahlungsziel von 14 auf 30 Tage ausgedehnt.
  • Schweigen: Händler reagieren oft nicht auf berechtigte Anliegen, obwohl sie verpflichtet wären. Dennoch fordert Klarna Kund:innen auf, ihre Probleme mit dem Händler zu klären.
  • Schwacher Service: Klarna antwortet als Zahlungsdienstleister kaum oder nicht auf die inhaltlichen Beschwerden, verweist Betroffene an die Handelsplattform und mahnt. Klarna müsste aber Einwände von Kund:innen genauso gelten lassen wie der Shop selbst. Mahnungen sind hier unzulässig.
  • Rücktritt: Die Bestellung ist nicht wie erwartet und Betroffene treten korrekt vom Kauf zurück. Klarna fordert trotzdem Geld.
  • Retouren: Händler informieren vor dem Kauf oft nicht über Rücksendung und Rücksendekosten. Fehlt die Info, wie man zurückschickt, oder kommt sie erst nach dem Kauf, muss man die Rücksendung nicht zahlen. Manchmal ist der Hinweis in den Geschäftsbedingungen versteckt, manchmal die Website so gestaltet, dass man meint, es handle sich um eine österreichische oder deutsche. In dem Fall sind Retouren nach Fernost überraschend. Überraschende Bedingungen, die für Verbraucher:innen grob benachteiligend sind, gelten nicht. Betroffene könnten sich darauf berufen, dass sie entweder gar keine Kosten für die Rücksendung tragen müssen. Oder sie könnten bei Dropshops verlangen, dass sie ihnen eine Rücksendeadresse in Europa geben oder das Produkt abholen lassen.
  • Drop Shop: Manche Klarna-Partner wollen nur verkaufen. Sind die Händler aus China oder handelt es sich um ein Dropshipping-Unternehmen (andere Schreibung: Dropshop), haben sie kein Interesse an der Rücksendung. Wir haben Fälle, in denen Konsument:innen viel Geld für das Zurückschicken ausgegeben haben. Die Firma behauptet dann, das Paket wäre nicht angekommen und Klarna mahnt weiter. Manche Händler geben auf das nicht erwünschte Produkt – Schlapfen, Kleid, Hundebett – 30 Prozent Reduktion, statt die Rücknahme zu ermöglichen.
  • Unzulässige Mahnung: Klarna mahnt aggressiv, obwohl Ware oder Rechnung nicht angekommen sind. Kund:innen bezahlen die Rechnung und werden trotzdem gemahnt. Das ist unzulässig.
  • Hohe Mahnspesen: Auch bei kleinen Käufen schlagen vergleichsweise hohe pauschale Mahnspesen zu Buche. Mahngebühren sind nur dann zu zahlen, wenn sie notwendige Kosten darstellen und in einem angemessenen Verhältnis zur Forderung stehen. Das Handelsgericht hat das wieder in einem Urteil bestätigt. Am Zahlungsverzug müssen Konsument:innen ein Verschulden tragen. Das ist nicht immer der Fall. Klarna reicht Forderungen rasch an Inkassounternehmen weiter (z. B. Coeo und Pair Finance). Die machen richtig Dampf und verrechnen hohe Gebühren.
  • Verwendungszweck: Bei der Zahlung an Klarna muss man als Kund:in den Verwendungszweck präzise angeben. Wird dieser lange Code vergessen oder fehlerhaft eingegeben, kann Klarna den Betrag keiner Leistung zuweisen und bucht die Zahlung wieder zurück. Betroffene befinden sich dadurch – oft ohne es zu merken – in Zahlungsverzug und erhalten Mahnungen.
  • Mangelnde Information: Die Geschäftsbedingungen sind schwer verständlich. Die Höhe der Mahngebühren konnten wir auf klarna.com/at/ nicht finden. Das ist intransparent und ermöglicht Verrechnung nach Gutdünken.
  • Betrug: Verbraucher:innen berichten, dass sie Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden sind und jemand anderer sich beim Händler für sie ausgegeben hat. Sie haben selbst nichts bestellt, werden aber heftig gemahnt und sollen zahlen. Lesen Sie: Klarna und KNP Financial Service: Inkasso für nie bestelltes Shirt

Bitte um Stellungnahme, Fragen an Klarna

Wir baten den Zahlungsdienst am 10.2.2023 um Stellungnahme. Klarna antwortete nicht.

Unsere Fragen lauten:

  • Volumen: Wie hoch war das über Klarna abgewickelte Handelsvolumen in Österreich 2021 und 2022?
  • Verbesserungen: Uns erreichten weit über tausend Kundenbeschwerden. Was werden sie tun, um die Zahl der Beschwerden zu senken?
  • Service: Kunden bemängeln das Kundenservice von Klarna: Welche Verbesserungen sind geplant?
  • Mahngebühren: Wie hoch waren 2022 die Einnahmen aus Mahngebühren – bei Klarna und bei Inkasso-Partnern?
  • Geschäftspartner/Händler/Drop Shops: Wie prüfen Sie die Seriosität Ihrer Partner?
  • Betrug: Verbraucher:innen melden bei Klarna, dass sie bei einem Partner-Unternehmen Betrug vermuten: Wie gehen Sie damit um?
  • Einwendungen: Partner-Unternehmen treten Forderung an Sie ab. Warum bucht Klarna unberechtigte Forderungen dieser Unternehmen nicht aus? Welche Verbesserungen sind geplant?
  • Inkasso: Warum übergeben Sie bestrittene Forderungen an Inkassobüros?
  • Kommunikation: Betroffene müssen bei Problemen ihren Fall a) Klarna, b) dem Händler und c) dem Inkassobüro schicken. Wie stellen Sie sicher, dass zwischen a), b) und c) eine angemessene Kommunikation zum Wohle der Konsument:innen stattfindet?

"Nur Scherereien mit Klarna"

Maria Semrad - Juristin: grenzüberschreitende Agenden
Mag.ª Maria Semrad - Juristin: grenzüberschreitende Agenden Bild: Otto Semrad

Mag. Maria Semrad, Juristin im Europäischen Verbraucherzentrum, EVZ: „Viele Leute haben nur Scherereien mit Klarna. Halbseidene Anbieter kümmern sich, wenn sie das Geld haben, nicht um Einwände oder Reklamationen – und Klarna auch nicht. Klarna interessiert nur, dass Verbraucher:innen zahlen.“

 

Wir empfehlen

  • Zahlen Sie nicht, wenn Sie sicher sind, nichts zu schulden.
  • Informieren Sie immer alle (Firma, Klarna, Inkassobüro) in einer Mail über Ihren Widerspruch.
  • Wenn die Forderung zu Unrecht besteht: Machen Sie dem Inkassobüro klar, dass Mahnungen zwecklos sind und Sie Mahnspesen nicht ersetzen.
  • Rücksendekosten: Wenn Sie über die Rücksendekosten nicht informiert wurden, fordern Sie ein Retourlabel an, damit Sie die Ware kostenlos zurückschicken können.
  • Im Fall eines Rücktritts und einer Rücksendung: Immer den Rücksendeschein aufbewahren. Im Idealfall haben Sie eine Trackingnummer und können belegen, dass die Ware bei der Firma angekommen ist.
  • Musterbrief: Nutzen Sie unseren Musterbrief.

Leserbrief: Mahnung trotz Zahlung

Wir erhielten folgenden Leserbrief in KONSUMENT 6/2023:

Ich habe wegen einer angeblich nicht bezahlten Rechnung eine Odyssee ­durchlebt. Zahlungsbelege haben nicht gefruchtet, dann wurde die „Forderung“ an das Inkasso-Büro Coeo weitergegeben. Dort hat man mich monatelang mit Drohungen und Mahnspesen bombardiert, obwohl Klarna zwischenzeitlich meine Zahlung anerkannt hat. Man hat weiterhin versucht, mir Angst einzujagen, in der Hoffnung, ich würde schon mürbe werden und irgendwann zahlen. ( ) Dann Weitergabe an das Anwaltsbüro Rieger. Von dort wurde über Wochen versucht, meine sogenannte „Schuld“ einzutreiben. Man hat zwar mit einer Klage gedroht, diese ist aber nie eingereicht worden. Nun ist seit etwa sechs Wochen Ruhe eingekehrt. Es ist erschütternd, dass man solche Praktiken, in die ­sogar eine Rechtsanwaltskanzlei verwickelt ist, nicht unterbinden kann. Mein Resümee: Hände weit weg von Klarna, Coeo und der Anwaltskanzlei Rieger.

W.S., per E-Mail

LINKS

EU Flagge, darunter steht "Mitfinanziert durch die Europäische Union"
Bild: ECC-net

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Kommentieren

Sie können den Text nach dem Abschicken nicht nachträglich bearbeiten, Länge: maximal 3000 Zeichen. Bitte beachten Sie auch unsere Netiquette-Regeln.

Neue Kommentare können nur von angemeldeten Benutzern veröffentlicht werden.

Anmelden

0 Kommentare

Keine Kommentare verfügbar.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang