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Mann drückt auf zwei Buttons mit der Aufschrift "Start" und "Dropshipping"
Dropshipping: Der Händler leitet die Bestellung an den Hersteller weiter. Wenn es dann zu Problemen kommt, haben Konsument:innen viel Ärger und schlechte Karten Bild: Maxim/Adobe.Stock/KI

Dropshipping: gezielte Irreführung, Frust und Ärger

Schlechtes Geschäft. Der Direktversand von Herstellern und Marktplätzen boomt – mit schweren Nachteilen für die, die kaufen. 

Beim Dropshipping betreiben Händler:innen einen Webshop. Das war´s dann. Die Betreiber haben keine Ware, kein Lager. Aus Sicht des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) haben diese Dropshops schwerwiegende Nachteile. Sie treten Konsument:innenrechte mit Füßen. 

Heimatliche Motive 

Außerdem arbeiten viele Dropshipping-Webseiten gezielt mit Irreführung: etwa durch deutschsprachige Namen, .at- oder .de-Domains, dazu heimatliche Motive und Nationalfarben sowie manipulierte Bewertungen. Kein Wunder, dass wir viele Beschwerden erhalten.

Mag. Reinhold Schranz - Leiter Europäisches Verbraucherzentrum
Mag. Reinhold Schranz - Leiter Europäisches Verbraucherzentrum Bild: VKI

„Verbraucher:innen wissen in der Regel gar nicht, dass sie von einem Dropshipping-Shop bestellen und die Lieferung meist aus China kommt“, erklärt der Leiter des EVZ Mag. Reinhold Schranz. „Was zunächst wie eine günstige Gelegenheit wirkt, entpuppt sich häufig als teure Enttäuschung: Nach wochenlanger Wartezeit erhalten Konsument:innen statt der beworbenen Qualitätsware häufig minderwertige Produkte.“ 2023 hatten wir den Fall eines Dirndl-Dropshops: billiger Preis, schlechte Qualität, unbekannter Betreiber, chinesischer Lieferant, Münchner Adresse. 

Screenshot einer betrügerischen Website: Monikas Taschen
Monikas Taschen: Betreiber unbekannt, Adresse in München Bild: Screenshot Monikas Taschen

Ware nicht geliefert

In der Regel ziehen diese Dropshops ihre Produktauswahl aus Angeboten von AliExpress, Alibaba, Amazon, DHGate, Banggod, Printify, SaleHoo oder Worldwide Brands. Auch wenn Temu offiziell kein Dropshipping unterstützt, so lässt es sich auch dafür verwenden. Für Plattformen wie Temu oder Shein nutzen Dropshopper eigene Software wie Importify. Damit verbinden sie sich manuell oder automatisiert mit Lieferanten, sammeln Bestellungen und geben Großbestellungen auf.

Sreenshot von Importify
Importify hilft den Dropshop zu bestücken Bild: Sreenshot 2025-07-31

Wenn was nicht klappt, wird es kompliziert

Nicht der Dropshop, sondern Hersteller und Großhändler sind nach einer Bestellung für Versand und Zustellung zuständig. Für die Lieferung zur Wohnadresse beauftragen sie DHL, UPS, DPD, FedEx… Wenn etwas nicht klappt, wird es kompliziert.

Oft kommt die Ware viel später an als versprochen. Denn es dauert, bis so ein Container voll ist, um die halbe Welt schippert und aus einem holländischen Hafen-Lager den Weg zum Endkunden antritt. Wenn das Stück ankommt. Aus unserem europaweiten Netzwerk wissen wir: Ein großer Teil der Beschwerden über Dropshipping beklagt die Nichtlieferung.

Enttäuschung beim Öffnen

Dann die Enttäuschung beim Öffnen der Pakete: Die Werbefotos sind ansprechend, aber das Gelieferte entspricht oft nicht der erwarteten Qualität. Kein Wunder: So ein Kampfpreis bedingt eine billige Fertigung aus minderwertigen Materialien. Hygiene-, Baby- und Haustier-Artikel riechen chemisch. Farbe, Schnitt, Passform, Größe, Material von Kleidung oder Schuhen enttäuschen. Elektronik sieht aus, als würde sie bald kaputt gehen. Manche Spielsachen sind aus billigstem, scharfkantigem Plastik. 

Ganz viele mangelhafte Produkte

Eine im Oktober 2023 veröffentlichte schwedische Studie (kemi.se) klassifiziert 72 Prozent der Dropshipping-Artikel („toys, jewellery, electronics, and soft plastic articles“) als „non-compliances”, also mangelhaft. Bei traditionellen Webshops lag der Quote der Mängel bei 39 Prozent.

Was tun?

Sie haben nach Erhalt 14 Tage lang das gesetzliche Recht auf Rücktritt: Ware zurück, Geld zurück (siehe konsument.at/rücktritt). Dropshops halten Unzufriedene gerne hin. Vielleicht damit sie die Rücktrittsfrist verstreichen lassen? Schreiben Sie: „Ich trete vom Kauf zurück. Bitte senden sie mir das Rücksendeetikett.“ Ihr Rücktritt gilt auch dann, wenn das Unternehmen ihn zu Unrecht verweigert oder ewig nicht antwortet. 

Ware behalten oder verschenken

Und wenn es eine Antwort gibt, kann sie von künstlicher Intelligenz stammen, vom Dropshipper selbst oder von externem Personal. Der Vorschlag lautet dann gerne, die Ware zu behalten oder herzuschenken und gewährt z.B. einen Preisnachlass von 30 Prozent. Bei einer Handelsspanne von über 40 Prozent immer noch ein Geschäft. Jenseitig sind Aufforderungen, man solle "auf die Rücksendung verzichten und so Emissionen einsparen, um der Umwelt etwas Gutes zu tun”. Oder es gibt gar keine Antwort.

Liste der Warnsignale

Folgende Warnsignale können auf Drophops hinweisen:

  • Impressum: Keine oder unvollständige Firmenbezeichnung, fehlende Postadresse, keine UID-Nummer (Steuer).
  • Firmenadresse: Google Maps zeigt ein Postfach (P.O. Box) oder ein privates Wohnhaus anstelle einer echter Unternehmensadresse.
  • Rücksendeadresse: Dafür ist keine Adresse angegeben oder Rücksendung außerhalb der EU (z.B. nach China/Fernost).
  • Rücksendung: Betroffene müssen teures Rückporto selbst zahlen.
  • Kontakt: Es gibt nur ein Texteingabefeld, keine E-Mail oder Telefonnummer.
  • Bewertungen: Es gibt keine oder auffallend schlechte Bewertungen auf unabhängigen Bewertungsplattformen.
  • Warnung: Der Shop ist bei der Watchlist Internet als problematisch gelistet.

Klarna verschärft das Problem

Besonders beim Zahlen mit Klarna zeigt Dropshipping eine weitere Grausamkeit. Bestellen Kund:innen beim Shop, bezahlt Klarna vielen dieser Shop-Betreiber:innen gleich das ausständige Geld. Klarna holt es sich später von den Kund:innen. Wenn die aber unzufrieden sind, weil das Produkte nicht in Ordnung ist, gehen Dropshops gerne auf Tauchstation. Das Geld haben sie ja. Klarna hingegen akzeptiert bei Geldforderungen etwaige Liefer- oder Warenmängel nicht als Verzögerungsgrund. 

Klarna lässt dann durch Inkassofirmen widerrechtlich, aber unerbittlich mahnen. In Österreich sind uns 

negativ aufgefallen. Diese Unternehmen mahnen auch dann, wenn die Lieferung mangelhaft ist und Händler:innen den gesetzlichen Konsumentenschutz missachten. Wir haben u.a. in KONSUMENT 3/2023 berichtet (konsument.at/klarna23).

Nachhaltigkeit sieht anders aus

Auch aus Sicht der Nachhaltigkeit ist Dropshipping abzulehnen. Hersteller produzieren unter umweltschädlichen Bedingungen minderwertige Produkte, bewerben sie mittels Social Media und Suchmaschinen; Dropshops vermarkten sie und importieren sie vom anderen Ende der Welt. Da es de-facto kein Kundeservice gibt, Rückgaben nicht funktionieren und der Warenwert gering ist, endet ein großer Teil dieser Lieferungen im Müll: ein globaler Müllkreislauf, angeheizt durch teilweise betrügerische Websites auf Kosten der Konsument:innen. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Hilfe finden

Treten Probleme auf, sollte man schnell handeln: den Kauf widerrufen, eine Rückbuchung („Chargeback“) bei der Bank oder Kreditkartengesellschaft beantragen, Käuferschutzprogramme nutzen und sich früh an das EVZ wenden (europakonsument.at).

"Inszenierte Nähe": Interview mit Johanna Pichler

Johanna Pichler - Juristin: grenzüberschreitende Agenden
Mag.a Johanna Pichler ist Juristin beim Europäischen Verbraucherzentrum und unterstützt Konsument:innen bei grenzüberschreitenden Problemen Bild: VKI

Ein lokaler Kleinbetrieb sperrt zu, behauptet die Website. Daher gäbe es superbillige Angebote. Immer mehr scheinbar regionale Modeshops täuschen Kund:innen mit inszenierter Nähe. Es sind Dropshops und sie verkaufen billige Massenware aus Asien.

„Die Geschichten von Abschied berühren, sie sind aber selten wahr“, warnt Johanna Pichler, Juristin beim VKI. „Wir sehen wiederholt diese `Familienbetriebe´, die schließen und Ausverkauf machen. Oft in limitierter Stückzahl. Das ist größtenteils Blödsinn und soll Verkäufe ankurbeln.“

KONSUMENT: Ist das legal oder illegal?
Pichler: Dropshipping ist legal. Uns fällt aber auf, dass sehr viele dieses Modell verschleiern. Sie halten die Informationspflichten nicht ein und geben die Herkunft der Ware nicht an. Vor allem wenn die Website eine Endung wie .at oder .de hat, erweckt das den Eindruck, dass ich ein regionales Produkt bestelle.

Pichler weiter: Oft ist das Gegenteil der Fall. Eine Kundin erhält das Paket in einem schwarzen Müllsack. Ohne Absender, dafür mit chinesischen Schriftzeichen. Beim Anprobieren hatte sie auf dem weißen Pulli schwarze Flusen. Zurückschicken? Wie? Es gibt kein Rücksendeetikett.

Was kann man tun?
Wenn ich die Ware zurücksenden will, dann empfehlen wir: Auf keinen Fall nach China zurückschicken, sondern auf einer Rücksende-Adresse in der EU bestehen. Wenn das Unternehmen sich weigert, dann besteht u.U. die Möglichkeit eine Rückbuchung zu veranlassen, z.B. mit der Kreditkarte oder mit Paypal.

LINKS

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Bild: ECC-net

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