„Mieten statt kaufen“, ein Slogan, der in den vergangenen Jahren an Dringlichkeit gewonnen hat. Das Argument, nicht jedes Konsumgut selbst besitzen zu müssen, sondern im Bedarfsfall zu mieten, ist vor dem Hintergrund knapper werdender Rohstoff-Ressourcen nicht von der Hand zu weisen. Aber wie schaut die Situation in der Praxis aus? Gibt es entsprechende Angebote für interessierte Konsumenten? Und ist es unterm Strich tatsächlich immer die ökologischere Wahl, etwas zu mieten als selbst zu besitzen? Last but not least: Wie sieht es preislich aus? Wir haben uns in den Segmenten Technik- und Haushaltsgeräte sowie Autos umgeschaut.
Mieten statt kaufen: Kühlschrank, Handy, Auto
Neben Tauschen und Teilen ist auch das Mieten eine Möglichkeit, Ressourcen zu sparen. Preislich sind die Angebote am Markt allerdings wenig attraktiv.
Der gelernte Österreicher kann wohl mit dem Mieten-statt- kaufen-Slogan noch nicht allzu viel anfangen. Entsprechend ist die Auswahl an Miet-Portalen im Internet, die eine große Produktpalette anbieten, recht überschaubar. „Otto Now“ hat sich nach ein paar (offenbar wenig erbaulichen) Jahren aus Österreich zurückgezogen.
Marktführer „Grover“
Geblieben ist allen voran Marktführer „Grover“: Handy und Laptop, Computerspiel-Konsolen, Kameras oder Kopfhörer bis hin zu Scooter oder sogar Drohnen kann man bei der deutschen Online-Plattform per Abo bestellen. Allerdings tut sich Grover nicht mit allzu viel Kundenzufriedenheit hervor – zumindest, wenn man sich die zahlreichen negativen Bewertungen im Internet vor Augen hält: „Absolute Abzocke“, „Macht keinen Sinn“ oder „Unverschämt hohe Preise“ ist da u.a. zu lesen.
Doch bei Grover ist nicht Schluss. Wer im Internet nach einem konkreten Produkt sucht, bekommt darüber hinaus stets eine mehr oder weniger große Auswahl an anderen potenziellen Vermietern aufgelistet. Darunter u.a. Hersteller von Markenprodukten, die ihre Geräte auch im Abo feilbieten.
Die Grundüberlegung
Wir leben auf einen Planeten, dessen Ressourcen endlich sind. Und bei einigen Rohstoffen wird es tatsächlich schon sehr knapp. Recycling, Kreislaufwirtschaft, das sind Schlagwörter, die der Knappheit entgegenwirken können. Aber auch der Paradigmenwechsel, nicht jedes Teil selbst kaufen zu müssen. Eine Miete tut es auch. Leider klingt das in der Theorie oft besser als in der Praxis. Ökonomische wie ökologische Pauschalaussagen lassen sich nicht treffen. Es kommt immer auf die Einzelsituation an. Hier einige Beispiele.
Waschmaschine
Exemplarisch wird man im Wiener Reparatur- und Servicezentrum fündig. Seit einigen Jahren bietet das R.U.S.Z. ein Mietmodell für Waschmaschinen (bzw. Trockner) an. Die Konditionen: Einmalige Kaution in Höhe von 350 Euro, 18 Euro Monatsmiete (Pay-Per-Wash-Prinzip: wer häufiger als 4-mal pro Woche wäscht, für den wird es teurer, wer weniger oft wäscht, fährt günstiger), jährliche Überprüfung und Servicierung inkludiert, ebenso Störungsbehebung oder Geräteaustausch innerhalb von drei Werktagen; auf Wunsch Lieferung und Anschluss für einmalig 96 Euro.
Stets gewartete Maschine
Unterm Strich haben Kunden eine stets gewartete Maschine zur Verfügung, die auch sehr rasch ausgewechselt wird, wenn etwas nicht mehr reparabel ist. Man kann davon ausgehen, dass das R.U.S.Z. Maschinen auswählt, die langlebig und gut zu reparieren sind. Aus ökologischer Sicht ist das Angebot (bzw. ähnliche Angebote anderer Anbieter) sicher begrüßenswert. Kritisch beäugt werden kann die Preisgestaltung. Selbst den Kaufpreis von Top- Modellen, die neu um die 1.000 Euro kosten, hat man schon nach ca. fünf Jahren erreicht (deutlich früher, wenn man die 350 Euro Kaution mitrechnet). Allerdings: Wer schon einmal eine Reparatur einer Waschmaschine zu berappen hatte, der weiß, dass das sehr schnell sehr unangenehm ins Geld gehen kann.
Kühlschrank
Da die Überlegung immer sein sollte, ein Produkt so lange wie möglich zu nutzen, stellen wir bei Kühlschrank-Abos die Grundsatzfrage. Unsere Tests der vergangenen Jahre, in denen auch die Langlebigkeit der Produkte abgetestet wurde, haben gezeigt, dass Kühlschränke in der Regel sehr robust sind. Und somit ist es ökonomisch wie auch ökologisch sinnvoller, ein Kühlgerät zu kaufen, um es dann möglichst lange zu nutzen. Ausnahme: Man benötigt für eine Party ein Gerät. Da ist die Kurzzeitmiete sicher die bessere Option. Vielleicht kann aber auch ein Nachbar aushelfen.
Kaffeemaschine
Die wenigen Angebote, die es in Österreich für Private gibt, sind preislich so gestaltet, dass man nach ca. zwei Jahren den Preis eines Neugerätes herinnen hätte. Wenig interessant also. Darüber hinaus gibt es von Tassimo, Illy und Nespresso Kaffee- plus-Maschine-Abos (zumeist 12 Monate Laufzeit, dann gehört die Maschine dem Kunden). Abgesehen davon, dass auch hier die Preisgestaltung nicht gerade attraktiv ist: Ein vorzeitiger Ausstieg ist z.B. bei Illy nicht möglich. Wer das Abo vor Ablauf der 12 Monate beendet, muss alle ausstehenden Raten trotzdem bezahlen. Flexibilität sieht anders aus.
Handy
Der Mobilfunkanbieter Bob geht seit einigen Wochen gemeinsam mit Grover auf Kundenfang. Über Grover haben wir bereits weiter oben kurz berichtet. Was anhand dieses Angebotes aber gut erörtert werden kann, ist die Frage, ob mit Mietmodellen nicht gerade das befeuert wird, was „mieten statt kaufen“ verhindern will: Ressourcenverschwendung. Denn kurzfristige Mietmodelle wie diese können einerseits dazu verleiten, den Hype um jährlich neue (Handy-)Modelle zu befeuern. So steht es auch auf der Bob-Homepage geschrieben: „Wenn du mietest, bleibst du flexibel. Wenn du ein anderes Smartphone möchtest, hol’s dir einfach.“ Andererseits: Handys, die im Rahmen des Mietmodells zurückgegeben werden, finden (so die Theorie) einen neuen Nutzer. Somit landen gut funktionierende Produkte nicht in der Schublade und bleiben dem Nutzungs- bzw. in weiterer Folge dem Recycling-Kreislauf erhalten.
Auto
Auch im Bereich Kfz tut sich was. Im Grunde ist ein Auto-Abo eine Langzeitmiete von einem Monat oder mehr (bis hin zu drei Jahren). Das bringt ein Mehr an Flexibilität im Vergleich zum Leasing, wo die Mindestlaufzeit meist 12 Monate beträgt. Mit der monatlichen Rate zahlt der Mieter fast alle Autokosten, wie z.B. Versicherung (Selbstbehalt!), Reparaturen, Wartungskosten oder Winterreifen. Auch Ersatzfahrzeuge sind meist inkludiert. Sprit oder Parkkosten nicht. Die Bedingungen, Vertragslaufzeiten und natürlich auch Preise variieren je nach Anbieter und Fahrzeug. Allen Anbietern gemein: Man vereinbart eine gewisse Kilometerleistung. Wird diese überschritten, zahlt man einen Aufpreis pro Zusatzkilometer. Das kann teuer werden. Eine vorzeitige Abo-Kündigung ist in der Regel nicht möglich.
Gute Übersicht über die Kosten
Durch den All-inclusive-Betrag hat man jedenfalls eine gute Übersicht über die Kosten (was ein Auto pro Monat wirklich kostet, ist ja den wenigsten Autobesitzern bewusst). Unterm Strich ist ein Auto-Abo aber verhältnismäßig teuer. Aufpassen bei Lockangeboten wie „99 Euro pro Monat“! Solche Miet-Angebote entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als Preisfalle. Unter 300 Euro monatlich ist auch der allerkleinste Stadtflitzer nicht zu bekommen (hinzu kommen bisweilen Kautionen und/oder Registrierungsgebühren). Ob sich Abo oder Leasing für die persönlichen Anforderungen besser eignet, kann auf abo-checker.com gegenübergestellt werden. Dort sind auch die meisten der Abo-Anbieter aufgelistet, die derzeit am heimischen Markt unterwegs sind. Ein Auto-Abo ist z.B. eine gute Möglichkeit für interessierte Konsumenten, einmal ein E-Auto auf seine Alltagstauglichkeit zu testen.
Fazit
Fair und transparent konzipiert, könnten Miet-Modelle ökonomisch wie ökologisch vom Vorteil sein. Auf der Habenseite ist zu verbuchen, dass mit Mieten Fehlkäufe vermieden und immer die neuesten Geräte genutzt werden können. Auf der anderen Seite stellt sich die Preisfrage. Insbesondere, wenn etwas längerfristig genutzt wird, ist der Kauf in der Regel die günstigere Variante. Zumindest ist das der Ist- Zustand am Markt. Im Extremfall kann sich ein Kauf im Vergleich zur Miete schon innerhalb von wenigen Monaten rechnen. Beachten Sie das Kleingedruckte. Schauen Sie unbedingt auch auf die Nebenkosten. Denn mit der monatlichen Rate ist nicht bei allen Anbietern alles abgegolten. Schauen Sie sich also die Konditionen genau an. Gibt es z.B. eine zusätzliche Bereitstellungsgebühr für die Anlieferung? Oder eine Abholgebühr? Auch in puncto Reparaturen sind die Angebote sehr unterschiedlich. Es kann sein, dass Reparaturkosten automatisch versichert sind. Genauso möglich ist aber, dass Selbstbehalte zu bezahlen sind oder Reparaturen grundsätzlich selbst berappt werden müssen.
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Fritz Berger, 7. September 2022, 10:09