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Fahrradabteil im ICE der deutschen Bahn
Fahrradabteil im ICE der Deutschen Bahn Bild: Deutsche Bahn AG / Tobias Gromatzki

Mit Bahn & Fahrrad durch Europa: Strategien fürs Reisen

BLOG

Nachdem ich im vorigen Blog zu Bahn & Fahrrad die Hürden bei drei Reisezielen und deren Überwindung aufgezeigt habe, wird diesmal die „schwierige Beziehung“ zwischen Bahn und Rad weiter vertieft. Außerdem sollen ein paar „therapeutische Ansätze“ gefunden werden 😉. Es gibt mehrere Strategien (Plan A, Plan B, …).

Plan A – gute und langfristige Planung         

Wer gerne mit dem Rad in den Urlaub fährt, tut das am liebsten mit dem eigenen Rad. Aus Zeitgründen oder weil man z. B. nicht immer wieder die Strecke Wien–Tarvis überwinden möchte, bevor man in „Bella Italia“ ist, hofft man auf entsprechende Angebote von europäischen Bahnen. Die Recherche kann beginnen, wobei die ÖBB Räder mit max. L 185 x H 110 x B 60 cm und max. 28 Zoll-Reifen mitnehmen: 

  • Angebot checken: mögliche Bahn- und Busverbindungen mit Mitnahmemöglichkeit von Rädern durchforsten (verschiedene Betreiber – siehe Links am Ende des Blogs). 
    Achtung: Man sieht nicht alle Angebote bei allen Bahnen, daher verschiedene Websites aufrufen! 
  • Wegen begrenzt verfügbarer Radplätze möglichst frühzeitig buchen, bei den ÖBB geht das meist bis zu 180 Tage im Voraus. Flexibilität geht anders ☹. 
    Im Railjet gibt es 5 bis 7 Radplätze, bei der Westbahn 12 Radplätze pro Zug.
  • Eventuell auch mehrere Regionalzüge buchen und gegebenenfalls Staatsgrenzen radelnd überqueren
  • Da man bei internationalen Zügen ein Radticket oft nur bis zur Grenze buchen kann (auch mit Apps, die oft mehr können), könnte man gegebenenfalls gute Freunde im Urlaubsland fragen, ob sie ein Radticket bzw. die Reservierung ab der Grenze buchen und per E-Mail zusenden könnten (man müsste allerdings gleichzeitig schauen, ob im gewünschten Zug noch jeweils die Plätze auch in Österreich frei sind und sofort die Radtickets buchen, bevor man dann das Zugticket bucht). Radurlaub kann kompliziert sein ☹. 

Noch komplizierter wird es, wenn man sehr breite Lenker (ab 60cm) oder große Reifen hat (29 Zoll), dann gilt bei den ÖBB Folgendes: Solche Räder müssen ebenso wie Tandems, Liegeräder und Fahrradanhänger in speziellen Gepäckabteilen transportiert werden. Dafür sind Reservierungen online bzw. über die ÖBB-App nicht möglich! Nachdem gängige E-Fahrräder und neuere Reiseräder oder Mountainbikes häufig große Reifen haben, gab es dazu beim VKI bereits Beschwerden.

Wahrscheinlich wird es bei anderen Bahnen andere Maße geben, allerdings habe ich noch nie Schaffner:innen mit Maßband gesehen.

Radwagon der ungarischen Bahn
Radwagon der ungarischen Bahn Bild: VKI/Arno Dermutz

Plan B – mach dein Rad kleiner (Faltrad)

Wegen der in diesem und im vorigem Blog ausführlich beschriebenen Schwierigkeiten, sein Rad im Zug mitzunehmen, haben viele, die mit dem Rad auch auf Reisen unterwegs sind, ein Faltrad. Damit ist man wieder flexibel 😊. Aus meiner Sicht ist ein Faltrad ideal für Städtereisen, für Dienstreisen und für kurze oder mittellange Radtouren bis etwa 70 oder 80 km pro Tag mit weniger Gepäck. 

Auch am Wohnort oder für das Pendeln hat das Faltrad Vorteile, siehe: Fahrradmitnahme in den Öffis, und Förderungen gibt es auch.
Aber auch hier gibt es von Bahnbetreiber zu Bahnbetreiber wohl verschiedene Vorschriften und Radmaße. Bei etwas größeren Falträdern muss man geeignete Plätzchen suchen.

Faltrad im Zug

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Faltrad im ICE
Gemütlich: Mit dem Faltrad im Speisewagen des ICE der deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn zwischen Abteiltür aus Glas und Sitz
Bild: Faltrad im ICE der Deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ungarischen Zug
Faltrad im ungarischen Zug | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im Railjetz
Faltrad im Railjet der ÖBB | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ÖBB-Railjet im Gepäckregal gegenüber den Radplätzen
Bild: Faltrad im ÖBB-Railjet gegenüber den Radplätzen | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ICE
Gemütlich: Mit dem Faltrad im Speisewagen des ICE der deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn zwischen Abteiltür aus Glas und Sitz
Bild: Faltrad im ICE der Deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn
Faltrad im ICE der Deutschen Bahn | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ungarischen Zug
Faltrad im ungarischen Zug | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im Railjetz
Faltrad im Railjet der ÖBB | Bild: VKI/Arno Dermutz
Faltrad im ÖBB-Railjet im Gepäckregal gegenüber den Radplätzen
Bild: Faltrad im ÖBB-Railjet gegenüber den Radplätzen | Bild: VKI/Arno Dermutz
Logo des ÖBB Railjet für Falträder
Bild: ÖBB

Das Maß der ÖBB: 90-60-40        

Diese kleinen Falträder können zusammengelegt überall mitgenommen werden, quasi als Handgepäck. Größere Falträder mit den Maßen L 110 x H 80 x B 40 cm können gefaltet in allen Zügen des Nah- und Regionalverkehrs sowie in den ÖBB-Railjet-Zügen (da nur in den gekennzeichneten Gepäckfächern in der Abteilmitte! – siehe Logo) kostenfrei mitgenommen werden. Andere Fahrräder bis zu einer gewissen Größe (siehe oben) brauchen einen Fahrschein und im Fernverkehr zusätzlich eine Reservierung. 

Plan C – verstecke dein Rad (im Sack, im Bus) 

Thomas Rottenberg hat dazu vor Kurzem einen sehr launigen und informativen Artikel geschrieben: „Wer mit dem Fahrrad verreisen will, sollte es verstecken“. Da gibt es zusätzlich viele Informationen zu Rad und Bus. Ergänzen möchte ich, dass man auch Busunternehmen gut wählen muss. Bei weiteren Strecken muss man meist umsteigen (z. B. Flixbus). 

Bei meiner Rückfahrt von Belgrad nach Wien (ausnahmsweise ohne Rad) hatten alle Busse Verspätung wegen der Kontrollen an der EU-Außengrenze. Dadurch hätte ich den Anschluss in Budapest verpasst, wenn ich nicht an der Grenze in einen Direktbus nach Wien umgestiegen wäre. Das kommt vom Googlen 😜. 
Über www.checkmybus.at hätte ich gesehen, dass es andere Anbieter mit Direktverbindungen gibt, die sogar günstiger sind. Ob auch Räder mitgenommen werden, müsste man jeweils prüfen. 

Plan D – 7 Punkte für besseres Bahnreisen („Therapie“) 

Die Politik kann viel für Bahnreisende tun. Das ist wohl die langfristigste und gleichzeitig die notwendigste Strategie, um die Situation für Bahnreisende und für Radreisende zu verbessern: Die Politik und ihre Institutionen an die Bedürfnisse der Bahnreisenden (mit und ohne Fahrrad) zu erinnern. Auch die ÖBB und andere Bahnbetreiber müssen mittun. Das betrifft je nach Thema den Bund und die EU, ggf. auch die Bundesländer. Wichtige Verbesserungen für Zugreisende wären unter anderem: 

  • Ein durchgängiges internationales Buchungssystem für Bahnreisende, so einfach buchbar wie eine Flugverbindung bzw. auch für z. B. einen Rückflug kombinierbar *
    (siehe auch „Fahrplanwirrwarr - Rückschritt bei Bahnreise durch Europa“). 
  • Schnellfahrstrecken nachts öffnen und die Trassengebühren verringern **
    (siehe auch: „Wo bleibt der High-Speed-Nachtzug“). 
  • Fairer Wettbewerb für die Bahn durch Streichung der Steuerbegünstigungen des Flugverkehrs (siehe auch „Zugfahren ist in Europa bis zu 30-mal teurer als Fliegen“, aktuelle Greenpeace-Studie dazu). Das bringt dann mehr und bessere Bahnangebote auch für internationale Strecken. 
  • Schnellere, EU-weite Harmonisierung der Bahnsysteme bezüglich unterschiedlicher Stromversorgung, Sicherheitsstandards, Signalsysteme oder Schienenbreiten.
  • Schnellerer Ankauf neuer Wagons u. a. barrierefrei bzw. für schweres Gepäck, Fahrräder oder Kinderwägen (siehe auch: Railjet ab 2026 auch doppelstöckig)
  • Gepäckservice der ÖBB („Haus zu Haus“): Die Abholung eines Rades sollte auch direkt vom Zielbahnhof bzw. in der Nähe davon möglich sein (nicht nur von einer Wohnadresse).
  • Schienenersatzbusse können auch Fahrräder mitnehmen (z. B. Radanhänger, das liegt an den Bundesländern). In Vorarlberg ist das angeblich jetzt schon möglich.

* Laut Auskunft der ÖBB kann man z.B. auch Regensburg (am Donauradweg / ICE 28) mit einem Fahrrad durchgängig buchen (ist aber oft ausgebucht) - ich habe es ausprobiert, für 2. Nov. 2023 wäre ein Plätzchen frei 😊 

** Laut dem Beitrag im Deutschlandfunk vom Mai 2023 will die Deutsche Bahn ab Dezember 2023 die Trassentarife für Nachtzüge senken. Hörenswert: Reisen mit dem Nachtzug.

Hier ist zusätzlich eine österreichische Strategie für Bahn & Rad von der Radlobby.

Wenn das Verkehrsministerium, Nationalratsabgeordnete, Abgeordnete des Europäischen Parlaments und die EU-Kommission obige Punkte unterstützen, kann viel im Umwelt- und Klimaschutz bewegt werden. 
Übrigens – bei der internationalen Bahntest-Studie vom ECF „CYCLISTS LOVE TRAINS“ landen die ÖBB im Mittelfeld – hoffentlich eine Motivation, besser zu werden. 

Radplatz im ICE der Deutschen Bahn
Radplatz im ICE der Deutschen Bahn Bild: VKI/Arno Dermutz

Plan E und F – daheim ist es doch am schönsten 

Warum Österreich das ultimative Reiseziel für Radfahrer:innen ist (Auf zwei Rädern durch die Alpen)? Die ÖBB meinen außerdem, dass es auch andere schöne Fahrräder gibt (nämlich zum Ausleihen), siehe ÖBB-Folder
Radfahrer:innen lieben Züge, aber leider wird diese Liebe nicht immer erwidert. In diesem Sinne „keep on cycling“ (und vielleicht kommt ihr ja dabei auch mit dem Trans Europa Express an´s Ziel 😉). 

Gerne erbeten: Kommentare zum Thema hier oder Zuschriften an arno.dermutz@vki.at

Weitere Informationen     

 

Arno Dermutz - Experte: Umweltzeichen
DI Arno Dermutz - Experte: Umweltzeichen Bild: VKI

Im VKI bin ich für das Österreichische Umweltzeichen im Bildungsbereich zuständig. Alles rund um Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist mein Kernthema.

Arno Dermutz, Umwelt- und Bildungsexperte

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