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Radwaggon im Zug
Radwaggon im polnischen Zug Bild: Arno Dermutz

Mit Bahn & Fahrrad durch Europa: Umwege führen zum Ziel

BLOG

Wer eine Reise mit Bahn und Fahrrad in die Nachbarländer plant, kann etwas erzählen. Drei Fallbeispiele mit Hürden und deren Überwindung. Geistige und reale Umwege, ein gewisses Zeitbudget und Gelassenheit sind beste Voraussetzungen, um das Reiseziel zu erreichen.

Die gute Nachricht zuerst: Es kann nur besser werden, denn als Ergebnis der Kampagne „2020 Cyclists Love Trains" der European Cyclists' Federation (ECF) müssen neue und renovierte (Fern-)Züge ab 2025 über mindestens vier Fahrradstellplätze pro Zug verfügen. Bis dahin schaut es eher so aus, wie in diesem ECF-Infogramm, die Fahrradmitnahme auf den schnellsten direkten Zugverbindungen der EU sind überschaubar. Allerdings sind die Informationen aus dem jahr 2020 und man findet mit etwas Recherche teilweise weitere Züge mit Radmitnahme in die Nachbarländer.

Ich bin ein leidenschaftlicher Alltagsradfahrer, der ab und zu auch auf Reisen mit dem Rad unterwegs ist. Was sind eure Erfahrungen mit Bahn und Rad in Europa? Schreibt mir kurz einen Kommentar (ganz unten oder direkt an: arno.dermutz@vki.at). Am Ende des Artikels gibt es auch noch Informationen zur Radmitnahme (nur) in Österreich. Im nächsten Teil des Blogs im Juli schreibe ich dann über weitere Lösungen und Informationen zur Radmitnahme in internationalen Zügen.

Fall 1: Donauradweg/Neustadt in Bayern 🚴‍♂️

Houston (bzw. Germany), wir haben ein Problem: Der direkte Weg zum Klassiker Donauradweg (als Teil des Eurovelo 6) in Deutschland von Wien über Passau nach Regensburg funktioniert derzeit mit Zug und Rad eher nicht.

Im September 2022 suchte ich eine Bahnverbindung, wo ich das Rad von Wien nach Regensburg mitnehmen konnte, um dann zum Treffpunkt mit meinem Kompagnon und Start der Radtour in Neustadt an der Donau zu gelangen. Die ÖBB-App Scotty zeigt zwar im Mai 2023 noch immer z. B. für 9:00, 10:00 oder 11:00 Uhr direkte Züge mit Radmitnahme von Wien nach Regensburg an. Allein die ÖBB haben keinen Zugriff auf die Rad-Reservierung für deutsche ICE-Züge (bzw. auch bei Betreibern anderer Bahnen). Und über die Website der Deutschen Bahn kann man keine Räder online reservieren.

Update Juni 2023: Laut Hinweis eines Lesers lassen sich in der DB Navigator App problemlos Fahrradstellplätze buchen. 

Der Umweg ist das Ziel 😉       

Die ÖBB nehmen allerdings Räder im Railjet nach München mit. Dort kann man dann am Bahnhof Radtickets für die weiterführenden Regionalzüge kaufen. Da der Vormittagszug der ÖBB für das Rad ausgebucht war, habe ich dann die Westbahn gebucht.

So werden aus etwa 4 ½ Stunden Fahrzeit von Wien nach Neustadt an der Donau (mit Umstieg in Regensburg) etwas über 6 Stunden (über München und einen weiteren Umstieg in Ingolstadt). Mehrkosten werden durch den Umweg wohl auch anfallen, diese habe ich jedoch nicht ausgerechnet.

Nicht ausprobiert, aber wahrscheinlich möglich: Ein Radticket über Bekannte in Deutschland buchen und das Ticket zusenden lassen.

Fahrräder entlang des Donauufers am Donauradweg
Der Donauradweg von Passau nach Wien ist eine der beliebtesten Radrouten in Europa Bild: David Maska/Shutterstock

Fall 2: Auf nach Turin

Heuer wollte ich mit einem Freund Mitte Mai mit Bahn und Rad nach Turin gelangen, um dann am Fluss Po bis zu dessen Delta zu radeln. Die einzigen buchbaren Züge, die ich gefunden habe, gehen über Innsbruck nach Verona. Weitere Züge mit Radmitnahme – z. B. über Zürich bzw. Schnellzüge bis nach Mailand – lassen sich nicht buchen. Von Verona geht es mit zwei Regionalzügen über Mailand nach Turin weiter. Zurück geht es dann mit dem Zug von Mestre (Venedig) nach Wien. Wir haben die Reise letztlich auf September verschoben, weil keine Radtickets verfügbar waren.

Achtung, Baustelle            

Der ursprüngliche Reiseplan sah deshalb Mitte Mai als Start vor, weil es bis Anfang Mai am Deutschen Eck Bauarbeiten gab. Nachdem im Februar aber auch für Mitte Mai keine Radtickets verfügbar waren, erfuhr ich bei der Bahnauskunft, dass die Radmitnahme wegen der Baustelle nicht wie üblich 180 Tage vor Antritt der Reise freigeschaltet war. Das war aber auf den ÖBB-Seiten nicht direkt ersichtlich. Unter Baustellen fand man nur die Angabe "Baustelle … voraussichtlich bis 2. Mai 2023".

Es ist jedenfalls auch für Reisende mit viel Gepäck oder Menschen mit Behinderungen von Interesse, ob es Schienenersatzverkehr gibt. Ich habe übrigens diesen Mai nochmals eine Buchung für einen Wochentag im Mai versucht. Für die Schnellzüge waren keine durchgehenden Tickets verfügbar. Regionalzüge (in Österreich) wären verfügbar, dreimal umsteigen (!) und dann noch zwei Regionalzüge in Italien bis Turin (mit Glück könnte man es gerade noch am selben Tag bis kurz vor Mitternacht nach Turin schaffen).

Es ist generell ein Problem für Radreisende, dass es im Falle von Schienenersatzverkehr „Ende Gelände“ heißt, weil es für die Ersatzbusse keine Radanhänger gibt.

Reisende mit Fahrrädern möchten in ÖBB-Zug einsteigen
Die Fahrradmitnahme mit den ÖBB kann kompliziert sein ... Bild: MikeDotta/Shutterstock

Fall 3: Die Wege nach Krakau

Auch 2015 wurde schon gebaut 😉 – damals an der tschechisch-polnischen Grenze. Für ÖBB-Kund:innen gab es daher einen Zug bis Ostrava und dann einen DB-Bahnbus nach Krakau. Bei einer Radmitnahme wurde mir eine andere Verbindung mit vier Umstiegen und ca. 36 Stunden Reisedauer angezeigt – ich begann zu recherchieren.

Ich fand bei der tschechischen Bahn einen Zug von Prag nach Warschau über Kattowitz (von dort kommt man dann nach Krakau), allerdings war dann erst bei der Seite der polnischen Bahn ersichtlich, dass dieser Zug auch Räder mitnimmt. Es hat zuerst so ausgesehen, als ob dieser Zug erst ab Polen Fahrräder mitnimmt.

Ich hatte schon überlegt, etwa 20 Kilometer mit dem Rad von einem Grenzbahnhof zum anderen zu fahren. Nachdem derselbe Zug im ersten polnischen Grenzbahnhof allerdings nur zwei Minuten Aufenthalt hatte, war mir klar, dass der Radwaggon schon in Tschechien vorhanden ist und nicht erst nach der Grenze angehängt wird. Mit zwei internationalen Zügen und zwei Regionalzügen hat sich dann die ursprünglich angegebene Reisedauer von ca. 36 Stunden auf etwa 8 ½ Stunden verkürzt.

Die rettende Bankomatkarte     

Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass meine internationale Fahrradkarte in einem tschechischen Regionalzug – wie auch in anderen Regionalzügen – ungültig war. Ein tschechischer Mitreisender übersetzte mir auf Englisch, dass die Schaffnerin von mir (noch) ein Radticket wollte. Da Tschechien nur für die Durchreise geplant war, hatte ich keine tschechischen Kronen dabei und die Kreditkarte half auch nicht. Letztlich hat die Bezahlung mit der Bankomatkarte geklappt.

2023 kann das nicht mehr passieren: Der EC 104 (von Graz nach Przemyśl) fährt direkt und bequem in etwa 5 ½ Stunden von Wien nach Krakau. Und er nimmt Räder mit 😊. Übrigens: Der polnische Regionalzug von Kattowitz nach Krakau war schon 2015 sehr modern und mit WLAN ausgerüstet.

So viel für heute, bis zu Teil 2 über Züge und Räder im Juli. 

Weitere Informationen

    Arno Dermutz - Experte: Umweltzeichen
    DI Arno Dermutz - Experte: Umweltzeichen Bild: VKI

    Im VKI bin ich für das Österreichische Umweltzeichen im Bildungsbereich zuständig. Alles rund um Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist mein Kernthema.

    Arno Dermutz, Umwelt- und Bildungsexperte

     

     

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