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Nutri-Score: Ampel mit Sinn

, aktualisiert am

Besser einkaufen. Der Nutri-Score hilft bei der Auswahl gesünderer Lebensmittel. Wir erklären, wie er funktioniert.

Nutri-Score: fünfstufiges Farbmodell zur Orientierung und zum leichteren Umstieg auf gesündere Ernährung. Bild: Lia Li /Shutterstock.com

 

Eine fünfstufige Farbskala von Grün über Hellgrün, Gelb und Orange nach Rot sorgt für Aufmerksamkeit in den Medien. In österreichischen Supermärkten ist der Nutri-Score inzwischen auf Lebensmitteln zu sehen. Auch in KONSUMENT tauchte er in letzter Zeit vermehrt auf (siehe etwa hier: Gouda - Ein Toast auf diesen Gouda Toastschinken: verpackt - Rasch verbrauchen und Buttermilch - Fast alles in Butter). Vereinfacht ausgedrückt soll die erweiterte Ampel Konsumentinnen und Konsumenten Hinweise darauf geben, als wie gesund oder ungesund ein Lebensmittel zu bewerten ist, ohne dass sie sich in klein gedruckte Zutatenlisten vertiefen müssen.

Grundlage für die Berechnung des Nutri-Scores ist das Verhältnis von positiv eingestuften Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse, Ballaststoffen und Eiweiß zu als ungünstig bewerteten Substanzen wie Zucker, gesättigten Fettsäuren oder Natrium. Auch der Kaloriengehalt eines Lebensmittels wird in die Bilanz miteinbezogen. Entwickelt wurde die Kennzeichnung von unabhängigen Wissenschaftlern auf Wunsch der französischen Regierung. Der Score reicht von einem sattgrünen A (höchste Nährwertqualität) bis zu einem tiefroten E (niedrigste Nährwertqualität).

Wo wird der Nutri-Score verwendet?

Der Nutri-Score bezieht sich auf 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Lebensmittels. Es gibt Berechnungstabellen für feste und flüssige Lebensmittel, Getränke, Käse sowie Fette und Öle. Als Getränke gelten Wasser (Mineral-, Tafel-, Leitungswasser etc.), aromatisierte Wässer, Fruchtsäfte, Smoothies und gesüßte Getränke wie Limonaden und Tees. Wasser bekommt grundsätzlich die Bewertung „A“. Milch und Milchprodukte zählen nicht zu den Getränken.

In Frankreich wird die Verwendung des Nutri-Scores bereits seit 2017 vom Gesundheitsministerium empfohlen. Dort findet man auch die meisten so gekennzeichneten Produkte am Markt. Jeder Hersteller berechnet den Nutri-Score für seine Produkte selbst. Die Kennzeichnung erfolgt freiwillig. Allerdings ist es nicht möglich, nur „gesunde“ Produkte mit dem Nutri-Score zu deklarieren. Verwendet ein Hersteller das Modell, muss er es auf alle Produkte anwenden, die unter einer Marke verkauft werden.

Neuer Algorithmus für Nutri-Score seit 2023

Derzeit sind auf manchen Produktverpackungen andere Nutri-Scores zu sehen als in unserem Test angegeben. Das liegt dran, dass der Algorithmus zur Berechnung mit Ende 2023 überarbeitet worden ist. Hohe Zucker- oder Salzgehalte, Süßstoffe und Getränke mit Süßstoffen werden nun beispielsweise schlechter bewertet. Es gilt eine 24-monatige Übergangsfrist für Ware, die vor dem 31. Dezember 2023 produziert und mit dem Nutri-Score Logo gekennzeichnet wurde.

Vorteile: Zuckerbomben und Fettfallen erkennen

Umdenken in der Lebensmittelindustrie?

Pläne für eine Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln gibt es schon länger. Sie wird auch von uns und anderen Verbraucherschutzorganisationen gefordert. Im Jahr 2010 scheiterte die Einführung einer europaweit verpflichtenden Ampel am massiven Widerstand der Lebensmittelindustrie. Mittlerweile ist bei manchen Herstellern ein Umdenken zu verzeichnen.

Die Firma Danone etwa verwendet den Nutri-Score bereits. Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat jüngst in einer Presseaussendung angekündigt, ab 2020 in Österreich den Nutri-Score zu verwenden. Von der Kennzeichnung betroffen sind mehr als 5.000 Produkte. Auch Lidl äußerte sich positiv zur Einführung des Nutri-Scores. Andere zeigen sich weniger einsichtig. In Deutschland zog im April 2019 ein Interessenverband gegen die Firma Iglo, die den Nutri-Score freiwillig auf den Packungen platzierte, vor Gericht. Das Landgericht Hamburg hat eine einstweilige Verfügung gegen die Auslobung des Nutri-Scores erlassen. Das Verfahren läuft noch.

Für welche Lebensmittel ist er geeignet?

Der Nutri-Score ist insbesondere für die Kennzeichnung von verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln gedacht. Auf diese Weise lassen sich Zuckerbomben und Fettfallen schnell erkennen. Eine Kennzeichnung von unverarbeiteten Produkten oder Monoprodukten – also Lebensmitteln, die nur aus einer Zutat bestehen wie etwa Eier, Obst, Gemüse, Mehl oder Reis – macht dagegen keinen Sinn.

Was sind die Vorteile des Nutri-Scores?

In Frankreich wurde der Nutri-Score bei der Einführung auch auf seine Praktikabilität und Wirksamkeit hin geprüft. Dabei schnitt diese Form der Kennzeichnung im Vergleich zu anderen Modellen am besten ab. In Testeinkäufen half der Nutri-Score Verbrauchern, „gesündere“ Lebensmittel auszuwählen. Auch eine Studie des Max-Rubner-Instituts (deutsches Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel) äußert sich positiv zum Nutri-Score. Er ist demnach eindeutig, leicht verständlich und bietet eine einfache und schnelle Orientierung.

Verbraucher können mit einem Blick den gesundheitlichen Wert eines Lebensmittels beurteilen.  Ein weiterer Vorteil ist, dass Lebensmittel miteinander verglichen werden können, da sich der Nutri-Score immer auf 100 Gramm bzw. 100 Milliliter bezieht. Damit steigt der Druck auf die Hersteller. Um keine Wettbewerbsnachteile gegen gesündere Produkte der Konkurrenz zu erleiden, könnten sie gezwungen sein, ihre Rezepturen zu überarbeiten.

Nachteile: freiwillig mit Hintertüren

Nachteile des Nutri-Scores

Der Nutri-Score berücksichtigt längst nicht alle Inhaltstoffe eines Lebensmittels. Vitamine, Mineralstoffe oder ungesättigte Fettsäuren fließen nicht in die Gesamtbewertung ein. Ebenfalls außen vor bleibt der Einsatz von Zusatzstoffen, etwa Süßstoffen und Aromen. Das öffnet den Herstellern Hintertüren, indem sie den Zucker-, Fett- oder Salzanteil verringern und mehr Zusatzstoffe verarbeiten. Das können Verbraucher nur erkennen, wenn sie das Zutatenverzeichnis im Auge behalten. Auch Konsumenten, die etwa gezielt auf den Energie- oder Zuckergehalt achten wollen, müssen sich am Zutatenverzeichnis bzw. den Nährwertangaben orientieren.

Ein weiterer Nachteil betrifft nicht direkt den Nutri-Score, sondern er ergibt sich aus der Tatsache, dass die Kennzeichnung derzeit noch freiwillig ist und nur von bestimmten Herstellern durchgeführt wird. Das führt dazu, dass ein Vergleich von Produkten unterschiedlicher Hersteller noch nicht möglich ist.

Warum brauchen wir den Nutri-Score?

Auch wenn er einige Mängel aufweist, ist die Einführung einer Lebensmittelkennzeichnung wie des Nutri-Scores dringend notwendig und überfällig. Ungesunde Lebensmittel, die zu viel Fett, Zucker und Salz und zu wenig Ballaststoffe enthalten, führen zunehmend zu Übergewicht und gesundheitlichen Problemen in der Bevölkerung. Studien zufolge unterstützt der Nutri-Score bei der Auswahl gesünderer Lebensmittel und kann zur Lösung des Übergewichtsproblems beitragen. Interessant an einer der Studien war, dass er insbesondere Verbrauchern aus sozial schwachen und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen hilft, eine gesündere Wahl zu treffen.

Bürgerinitiative für den Nutri-Score

Europäische Verbraucherorganisationen haben eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen. Sie fordert die EU-Kommission auf, die vereinfachte Kennzeichnung mit dem Nutri-Score für Lebensmittel vorzuschreiben. Die Petition kann auf Europäische Bürgerinitiative: Pro Nutriscore bis zum 8.5.2020 unterzeichnet werden. 

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