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Scheinwerfer - Konsument 3/2000

Vitacan Support Drink - Nichts gelernt

Vitacan Support Drink ist eine zuckerhältige Limonade, die mit Vitaminen und Nährstoffen angereichert ist. Eine von vielen. Das Besondere an Vitacan ist, dass dieses Produkt massiv an den Schulen beworben wird – beispielsweise anlässlich eines Elternabends. So rühmt sich Vitacan, dass knapp 1,2 Millionen Schüler in einem eigenen Schulsponsoring-Modell angesprochen werden. Werbung und Sponsoring an Schulen sind seit 1997 erlaubt.

Schulen erhalten dadurch die Möglichkeit, eigene Einnahmen zu erzielen. Nachteil ist, dass Schüler nun mit gezielten Werbeaussagen konfrontiert werden, deren Wahrheitsgehalt von niemandem überprüft wird.

So wird behauptet, Vitacan werde „gerade den speziellen Bedürfnissen der SchülerInnen gerecht“. Wahr ist: Vitacan macht nichts anderes, als die meisten anderen Hersteller angereicherter Lebensmittel: Es werden Vitamine beigemengt, mit denen die Bevölkerung im Normalfall völlig ausreichend versorgt ist, die aber bei Überdosierung keinen Schaden anrichten. Frei nach dem Motto: „Nutzt ’s nichts, so schadet ’s nichts.“ Lediglich bei Vitamin B6 und Folsäure wurde bei einer Untersuchung an Wiener Schulkindern eine unbefriedigende Versorgungssituation festgestellt. Diese könnte jedoch durch ausreichenden Verzehr von Vollkornprodukten, Gemüse und Hülsenfrüchten leicht behoben werden.

Im Falle Vitacan kommt noch ein besonderes Zeitgeistprodukt hinzu: Carnitin – eine Art Wundermittel für Marathonläufer wie für Schönheitsköniginnen. Nüchtern betrachtet: Der Körper selbst produziert dieses „Wundermittel“ und ist vor Verlusten geschützt. Weiters ist Carnitin in Fleisch und Milchprodukten enthalten. Die Einnahme von Carnitin-Präparaten ist daher für gesunde Menschen überflüssig.

Dass sich Vitacan auf das Institut für Ernährungswissenschaften beruft, wird von diesem zurückgewiesen. Von einer Empfehlung könne keine Rede sein, nicht zuletzt deshalb, weil „der Konsum von Nahrungsergänzungen das Problem beinhaltet, dass die vernünftige Auswahl von Lebensmitteln nicht erlernt wird“.

Zucker plus - Dickmacher als Nährstoffquelle

Vitacan ist kein Einzelfall. Immer häufiger gehen findige Lebensmittelhersteller dazu über, herkömmlichen Produkten durch Anreicherung mit Vitaminen und Mineralstoffen ein Gesundheitsmascherl umzuhängen. Da will auch der heimische Zuckerkonzern Agrana nicht abseits stehen: Seine jüngste Innovation „Zucker plus“ enthält Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium, Zink und Eisen sowie verschiedene B-Vitamine, die (so die Auslobung) „für den menschlichen Organismus unentbehrlich sind“. Alle diejenigen, die bisher im Sinne bewusster Ernährung ihren Kaffee oder ihre Nachspeise möglichst wenig gezuckert haben, müssen da wohl umdenken. Jetzt heißt es: Löffelweise hinein mit dem Zucker, bis die Kaffeetasse übergeht. Wollte man eine theoretische Vollversorgung mit den in der Produktdeklaration angeführten Vitaminen und Nährstoffen erzielen, müsste man rein rechnerisch 250 bis 500 Gramm Zucker pro Tag zu sich nehmen. Und das zu einem Preis, der rund das Fünffache von herkömmlichem Zucker ausmacht.

Agrana verteidigt sein Produkt mit dem Hinweis, die Ernährungsempfehlungen würden international überarbeitet. In Zukunft werde man auf eine Begrenzung des Zuckerkonsums verzichten, sondern nur mehr einen „moderaten Umgang“ empfehlen. Aber selbst wenn diese vorsichtige Formulierung zu Grunde gelegt wird, wird wohl niemand den Konsum von einem Viertel Kilo Zucker oder mehr pro Tag als moderat bezeichnen. Abgesehen davon wäre eine solch vage Empfehlung wenig zielführend im Hinblick auf eine Verbesserung des Ernährungsbewusstseins der Bevölkerung. Zucker ist nun einmal mitverantwortlich für Übergewicht und damit zusammenhängende gesundheitliche Probleme.

Die Tatsache, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen ein Nährstoffdefizit haben, rechtfertigt auch nicht eine mehr oder minder wahllose Anreicherung von Lebensmitteln. Sinnvoll wäre vielmehr ein gezielter Zusatz bestimmter Nährstoffe. Und zwar in ausgewählten Lebensmitteln. Zucker, Süßigkeiten oder Limonaden gehören sicher nicht dazu.

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