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Dr. Google - Junge Frau hält in der linken Hand ein Smartphone und in der rechten eine Pillendose auf welche sie blickt
Dr. Google - Wie seriös sind Gesundheits-Informationen aus dem Internet? Bild: Studio Romantic / shutterstock.com

Wie gut ist ein Rat von Dr. Google?

Viele suchen bei Gesundheitsproblemen Erklärungen und Rat im Internet. Doch wie seriös ist die erhaltene Information? Eine Checkliste bietet Hilfestellung.

Wenn es zwickt und zwackt und wir uns krank fühlen, fragen wir gerne Dr. Google um Rat. Einer Studie des österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zufolge recherchierten im Jahr 2021 rund 75 Prozent aller Nutzer:innen im Web zu Gesundheitsthemen. Doch die Unsicherheit, wie die erhaltenen Informationen einzuschätzen sind, ist groß. Etwa die Hälfte der Ratsuchenden gaben an, Zweifel zu haben, inwieweit die erhaltenen Informationen vertrauenswürdig und objektiv sind.

Berechtigte Skepsis

Die Skepsis ist berechtigt, denn bei Weitem nicht alle Websites und Portale, die Gesundheitsinformationen bereitstellen, sind auch seriös und liefern fundierte Auskünfte. Verlässt man sich darauf, kann dies gefährliche Konsequenzen haben, etwa wenn wir uns zu spät in ärztliche Obhut begeben oder mit einer falschen Selbstbehandlung den Krankheitsverlauf noch verschlimmern. 

Checkliste mit sieben Punkten

Forschende an der Universität für Weiterbildung Krems haben auf wissenschaftlicher Basis eine Checkliste mit sieben Punkten entwickelt, die es leichter machen soll, zu erkennen, auf welche Anbieter man sich eher verlassen kann und bei welchen man lieber skeptisch bleiben sollte. Die Ergebnisse finden Sie auch unter www.infos-ohne-nebenwirkung.at.

Keine Werbung

Ist auf der Gesundheitsseite in Text oder Bild kommerzielle Werbung platziert?

Ist eine Website, die medizinische Inhalte bereitstellt, gleichzeitig eine Plattform für Werbeeinschaltungen, kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass unabhängig und objektiv über Gesundheitsthemen informiert wird. Besondere Vorsicht geboten ist etwa bei Werbeanzeigen für Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente oder Heilmittel, für bestimmte Gesundheitsuntersuchungen, kostenpflichtige Kurse oder wenn für einen Online-Shop geworben wird.

Ausgewogenheit

Wird ausgewogen informiert und werden etwa Vor- und Nachteile verschiedener Behandlungsmöglichkeiten erläutert?

Eine seriöse Gesundheitsinformation erläutert immer auch Risiken und mögliche Nebenwirkungen einer Behandlung. Meist wird auch mehr als nur eine Behandlungsmöglichkeit angegeben. Dazu gehört in bestimmten Situationen auch die Information, einfach abzuwarten, denn manchmal bessern sich Beschwerden auch von alleine. Vorsicht ist geboten, wenn eine bestimmte Behandlung oder Testmethode besonders gelobt beziehungsweise als risikofrei hervorgehoben wird. Gleiches gilt, wenn eine andere Behandlung oder Methode ohne nachvollziehbare Begründung abwertend dargestellt wird.

Fachbegriffe

Werden medizinische Fachausdrücke erklärt?

Medizinische Fachbegriffe sind für Laien oft unverständlich und sollten deshalb 
in einer Gesundheitsinformation grundsätzlich sparsam verwendet werden. Oft haben Fachbegriffe lediglich die Funktion, die Leser:innen zu beeindrucken und den Text wissenschaftlich fundiert erscheinen zu lassen. Ist ein Fachbegriff unumgänglich, muss die Bedeutung für Laien verständlich erklärt werden. Vorsicht ist also geboten, wenn eine Information schwer verständlich ist und viele wissenschaftlich klingende Wörter enthält, die nicht erklärt werden.

Dr Google - Illustration von Hand die aus dem Laptop ragt mit Stethoskop in der Hand
Dr Google - Worauf sollten Sie bei einer Website achten? Bild: beast01 / shutterstock.com

Unabhängigkeit

Wird die Website von einer unabhängigen Einrichtung bereitgestellt, oder steht ein kommerzielles Unternehmen dahinter, das etwa Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel vertreibt?

Wer hinter einer Gesundheitsinformation steht, lässt sich bei einer Website meist im Impressum oder auf der "Über uns"-Seite herausfinden. Wer etwa Produkte zur Behandlung verkauft, kann nicht unabhängig über andere Therapiemöglichkeiten informieren. Unternehmen, die Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder Geräte verkaufen, die die Gesundheit verbessern sollen, verfolgen kommerzielle Interessen. Auch Einrichtungen, die Geld für Behandlungen verlangen, sind nicht unabhängig, etwa Privatkliniken oder private Kurhäuser. Unabhängig sind üblicherweise Universitäten oder Forschungsinstitute. Staatliche oder öffentliche Stellen wie das Gesundheitsministerium, öffentliche Krankenkassen, Stiftungen und Vereine können ebenfalls unabhängig sein.

Quellenangaben

Wird detailliert angegeben, welche Quellen hinter den genannten Aussagen stehen, etwa in Form einer Literaturliste oder von Links, die auf Studien verweisen?

Über die Quellen lässt sich nachvollziehen, in welchen Studien etwa die Wirksamkeit einer Behandlung erforscht wurde. Auch bei anderen Aussagen ist so nachvollziehbar, woher sie stammen. Vorsicht ist geboten, wenn Behauptungen ohne Belege stehen gelassen werden und sich nicht nachvollziehen lässt, welche wissenschaftlichen Studien oder Quellen hinter den Aussagen stehen.

Wissenschaftlich abgesichert?

Wird angegeben, wie gut ein dargestellter Sachverhalt wissenschaftlich abgesichert ist?

Eine gute Gesundheitsinformation zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur klar dargestellt wird, ob es wissenschaftliche Studien zu bestimmten Behandlungen oder medizinischen Testmethoden gibt, sondern auch, wie aussagekräftig diese sind. Es wird erwähnt, wie gut die Behandlung oder Methode erforscht ist, und es wird eine Einschätzung gegeben, wie gut sie wirkt oder nützt. Belegen aussagekräftige Studien den Nutzen etwa klar und eindeutig oder liefern sie nur Hinweise auf einen möglichen Nutzen? Vorsicht ist geboten, wenn behauptet wird, dass eine Behandlung wirksam ist, ohne dass Angaben zu aussagekräftigen Studien gemacht werden.

Datierung

Ist ersichtlich, wann die Gesundheitsinformation erstellt oder aktualisiert wurde?

Eine Gesundheitsinformation sollte mit einem Veröffentlichungsdatum gekennzeichnet sein. Nur so lässt sich erkennen, wie aktuell die Angaben sind. Ist die Information bereits mehrere Jahre alt, könnten in der Zwischenzeit neue Studien veröffentlicht worden sein, die die Einschätzung ändern. Vorsicht ist geboten, wenn unklar bleibt, ob die Information noch aktuell ist.

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Interview mit Bernd Kerschner

Bernd Kerschner medizin-transparent
Bild: Foto: Daniel-Novotny

MMag. Bernd Kerschner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Evidenzbasierte Medizin der Universität für Weiterbildung Krems und von Cochrane Österreich.

Sie arbeiten mit medizin-transparent.at tagtäglich an der Aufklärung und Überprüfung von Gesundheitsmythen und Behauptungen zu Gesundheitsthemen. Wie viele Falschmeldungen
stellen Sie pro Jahr richtig?

Bis zu 90 im Jahr.

Wie hoch ist Ihrer Meinung nach der Anteil an Fakes bei medizinischen Themen?

Das kommt auf die Themen an. In sozialen Medien beispielsweise sind bis zu 51 Prozent der Inhalte zu Impfungen falsch, beim Thema Pandemie sind es sogar bis zu 60 Prozent. In einer 2015 von uns publizierten Medienanalyse stimmten nur elf Prozent der überprüften Behauptungen in österreichischen Print- und Online-Medien mit der wissenschaftlichen Faktenlage überein.

Über welche Kanäle werden besonders viele Falschbehauptungen in die Welt gesetzt?

Ganz sicher über die sozialen Medien, etwa X, Tiktok, Youtube, Facebook, Instagram, aber auch Messenger wie Telegram. Irreführende Websites abseits der großen Medien, die sich gerne als „alternative Medien“ bezeichnen, verbreiten besonders häufig Falschinformationen.

Welche Gebiete sind beziehungsweise waren in den letzten Jahren  speziell betroffen, wo muss man besonders aufpassen?

Neben den Themen Impfungen und der Corona-Pandemie kursieren besonders viele Falschinformationen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Darunter auch gefährliche Trends wie das Einnehmen von Waschmittel-Bestandteilen, Chlorbleiche oder gesundheitsgefährdenden Färbemitteln. Mitunter werden trotz fehlender Belege Hoffnungen zu schweren Krankheiten geschürt. Beispielsweise wird immer wieder behauptet, bestimmte Nahrungsergänzungsmittel könnten Krebs oder andere Erkrankungen heilen oder Entwurmungsmittel wären bei einer COVID-Erkrankung hilfreich.

Was für Interessen stecken hinter Falschbehauptungen?

Oft gibt es kommerzielle Interessen – wenn Hersteller oder Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln oder fragwürdigen Gesundheitsprodukten den Verkauf
ihrer Produkte ankurbeln möchten. Manchmal steckt dahinter aber auch Skepsis der Wissenschaft gegenüber bis hin zu Verschwörungstheorien. Medizin-transparent widerlegt Falschbehauptungen auf Basis streng wissenschaftlicher Grundlagen.

Dringen Sie damit immer durch?

Leider viel weniger, als wir uns wünschen. Viele Menschen kennen unsere Seite medizin- transparent.at noch immer nicht, auch wenn unsere Bekanntheit steigt. Leider fehlen uns die finanziellen Mittel für große Werbekampagnen.

Weitere Informationen zur Verlässlichkeit von Gesundheitswebseiten erhalten Sie unter infos-ohne-nebenwirkung.at

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