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Supermarkt mit Obst und Gemüse-Theke in Innsbruck
Bild: Shutterstock: 486983101, Peartree

Plastikfrei einkaufen im Supermarkt

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Immer mehr Menschen setzen sich kritisch mit ihrem Konsumverhalten auseinander und achten auf einen umweltbewussten, nachhaltigen und ressourcenschonenden Lebensstil. Dazu gehört für Viele die Vermeidung von (Einweg-)Plastik. Wie einfach ist es wirklich, plastikfrei im Alltag einzukaufen? Ein Selbsttest.

Meine Einkäufe im Supermarkt bescheren mir nicht nur einen gefüllten Kühlschrank, sondern auch viel Verpackungsmüll – zumeist aus Plastik. Einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge werden in Europa jährlich etwa 57 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert, 40 Prozent davon werden als Verpackungsmaterial eingesetzt. Jeder von uns verursacht jährlich einen riesigen Berg (Plastik-)Müll, der Luft, Boden und Grundwasser belastet, insbesondere dann, wenn er nicht fachgerecht im Abfallsammelsystem entsorgt wird. Zunehmend steigt das Bewusstsein vieler Konsumenten und politischer Entscheidungsträger, unnötigen Verpackungsmüll zu vermeiden (Stichwort Plastiksackerl-Verbot).

Ich möchte gerne wissen: Wie einfach ist es wirklich, plastikfrei oder zumindest plastikreduziert im Supermarkt einzukaufen? Längst gibt es nicht nur in Wien, sondern auch in vielen anderen Städten so genannte Zero Waste Shops, also Läden, in denen Lebensmittel möglichst unverpackt verkauft werden. Plastikfreie bzw. verpackungsreduzierte Ware ist dort zu erwarten. Aber wie umweltbewusst ist der Supermarkt um die Ecke und der Diskonter? Wie lässt sich ein plastikfreier Einkauf in den Alltag integrieren? Wie schwer muss ich mein gutes Gewissen tragen (Stichwort Glas statt Plastik) und wie teuer muss ich dafür bezahlen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, entschließe ich mich dazu, eine Zeit lang bewusst Plastik(-Verpackungen) beim Einkauf im Supermarkt zu vermeiden, um festzustellen, wo ich an meine Grenzen stoße.

    Ich wiege einen bunten Mix aus losen Äpfeln, Paprika, Pfirsichen und einer kleinen Zucchini an der Waage ab, packe die Ware gesammelt in mein Baumwoll-Obstsackerl und klebe die Etiketten auf den aufgedruckten Apfel an der Sackerl-Vorderseite oder auf anderen eingekauften Produkten auf. Die Abrechnung später an der Kassa klappt problemlos: Die Dame an der Kassa scannt die Etiketten und blickt in mein bunt gefülltes Obstsackerl. Für mich persönlich ist das Baumwollsackerl eine ideale Alternative zu den Einweg-Plastiksackerln. Allerdings: Druckempfindliches Obst wie (Erd-)Beeren und Kirschen kann ich nicht im Baumwollsackerl transportieren.

      Obstsackerl aus Baumwolle
      Bild: Verena Madlberger-Kleinschmid

      Ausgerüstet mit einem unserer KONSUMENT-Bio-Baumwoll-Obstsackerl und zahlreichen Baumwolltragetaschen starte ich meinen Testeinkauf im klassischen Supermarkt: Lose Äpfel, Bio-Zucchini, Radieschen, Kresse, Salatköpfe, 4 Kilo schwere Wassermelonen, Krautköpfe, Kürbisse, Pfirsiche, einzelne Paprika, Marillen im Karton, Lauchstangen und Sellerieknollen werden angeboten und stimmen mich zunächst optimistisch. Doch die Ernüchterung folgt bald. Beerenobst, Paradeiser, Brokkoli, Karfiol, Melanzani, Champignons und Zwiebel werden in der Plastiktasse angeboten, Karotten und Erdäpfel sind im Plastiksack verpackt, ja selbst Orangen werden trotz fester Schale folienverschweißt verkauft.

      Beerenobst in einem Supermarkt
      Bild: Verena Madlberger-Kleinschmid

      Zunächst geht es jedoch für mich weiter von der Obstabteilung in andere Supermarktregale, wo ich bald an meine Grenzen gerate. Im Fleischregal wird sämtliches Frischfleisch nur in Plastik verschweißt angeboten. Im Kühlregal finde ich abgesehen von Milch und Joghurt im Glas (mehr dazu später) und Eiern im Karton nichts plastikfrei Verpacktes. Keine Butter, keinen Sauerrahm, keine Buttermilch, auch keinen Frischkäse-Aufstrich fürs Brot, das alles gibt’s nämlich nur in Folie bzw. in Plastik verpackt. Topfen, um Brotaufstrich selbst zu machen? Fehlanzeige. Einzige Alternative: Hummus oder Paprika-Cashew-Aufstrich aus dem Glas.

      Wie sieht es bei Käse und Wursterzeugnissen verpackungstechnisch aus? Mein Vorschlag, man könnte ja den Käseaufschnitt ohne Folienpapier in eine mitgebrachte Jausenbox verpacken, wird hier nicht angenommen. Man informiert mich über Hygiene-Vorschriften und verweist darauf, dass derzeit nur in 22 Filialen in Österreich testweise mitgebrachte Mehrwegboxen mit Wurst, Käse, Antipasti etc. befüllt werden.  

      Dann geht’s eben ohne Käse für mich weiter in die nächsten Abteilungen. Gibt´s Müsli fürs Joghurt aus dem Glas? Leider nein. Die Müsliverpackungen sind nur außen aus Karton. Innen steckt ein Plastikbeutel. Zumindest gibt’s Haferflocken in Kartonage verpackt. In Ermangelung einer Alternative besteht mein Frühstück drei Tage lang aus Joghurt aus dem Glas, einem Apfel, Apfelmus aus dem Glas und Haferflocken oder aus einem trockenen Salzstangerl. Schmeckt, aber irgendwann wird´s dann doch fad.

      Immerhin ist bei den Grundnahrungsmitteln für den Vorratsschrank oder für die Tiefkühltruhe das Angebot an plastiklos verpackter Ware größer: Öl, Essig, Reis, Nudeln, Marmeladen, Honig, Eingekochtes oder Eingelegtes, Tiefkühl-Gemüse, Gewürze und manche Getränke werden in biologisch abbaubaren Verpackungsmaterialien, Karton- oder Glasverpackungen verkauft.

      Plastikfrei einkaufen beim Diskonter? Quasi unmöglich.

      Das ist der Eindruck, den ich ein paar Tage später bei meinem Einkauf im Diskonter rasch erhalte. Hier finde ich deutlich mehr Plastikverpackungen als zuvor im klassischen Supermarkt. Die meisten Obst- und Gemüsesorten, Milchprodukte (Ausnahme: Milch und Joghurt werden im Glas und Eier im Karton angeboten), Fleisch, auch Grundnahrungsmittel finde ich fast nur in Plastik verpackt. Hier werden gar Bananen im Plastikschlauch verpackt – mein persönlicher Innbegriff sinnloser Plastikverpackungen.

      Mein gutes Gewissen bringt auch Schattenseiten mit sich

      Was mir nach jedem plastikfreien bzw. –reduzierten Einkauf auffällt: Ich muss schwer(er) tragen. Meine gekauften Lebensmittel in Weckgläsern und Glasflaschen lassen mich ganz schön schleppen.

      Der für mich größte Wermutstropfen ist allerdings, dass ebendiese Gläser und Glasflaschen ausnahmslos Einwegbehältnisse sind. Natürlich kann ich die Gläser und Flaschen als Vorratsbehältnisse verwenden, Eingekochtes darin abfüllen oder auch Likör in den Glasflaschen ansetzen. Dennoch: So viel Marmelade, Chutneys kann ich gar nicht einkochen, um wirklich alle leeren Gläser wieder zu verwenden.

      In unserem KONSUMENT-Magazin haben wir bereits mehrfach über Milch in Flaschen kritisch berichtet. Ob biologisch oder konventionell erzeugt: Die Flaschenmilch beispielsweise wird stets in Einweg-Glasflaschen, also reinen Wegwerfprodukten abgefüllt, die nach Gebrauch von den Kunden meist in Glascontainer geworfen werden. Und genau hier liegt die Problematik: Wie die Umweltberatung klar ausführt, haben Einwegflaschen bzw. -gläser eine schlechte Ökobilanz. Wird das Glas im Altglascontainer gesammelt und recycelt, bleibt der Rohstoff zwar erhalten, dennoch muss das Altglas zerkleinert, wieder eingeschmolzen und zu neuen Flaschen/Gläsern geformt werden – ein äußerst energieintensiver Prozess. Mehrwegflaschen müssen zwar auch mit Wasser und Reinigungsmitteln gewaschen werden,  dieser Vorgang ist allerdings in jeder Ökobilanz miteingerechnet.

      Alles in allem: Wirklich umweltfreundlich sind nur Pfandsysteme. Übrigens: Erfreulicherweise gab Österreichs größte Molkerei, Bergland Milch, vor einigen Monaten bekannt, ihre Milch in der Glasflasche noch im Jahr 2019 auf ein Mehrwegsystem umzustellen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Umsetzung.

      Zu guter Letzt stelle ich fest, dass mein gutes Gewissen, plastikfrei eingekauft zu haben, sich auch auf der Rechnung bemerkbar macht.  Plastikfreie Alternativen sind teilweise deutlich teurer. Beispiele gefällig?

      • Der klassische Dreierpack Paprika rot-grün-gelb (Herkunft Österreich) kostet € 1,79, während der einzelne Paprika (ebenfalls Herkunft Österreich) mit € 0,99 per Stück deutlich teurer kommt.
      • 1 kg Zucchini im Plastiksack (Herkunft Italien) ist um € 1,19 erhältlich, die einzelne (Bio-)Zucchini (Herkunft Österreich) kostet € 0,99.
      • Im Milchregal wird konventionelle Milch im Tetrapak (1 Liter) bereits um € 0,99 angeboten, die konventionelle Milch im Glas kostet € 1,59, die Bio-Milch im Glas gar € 1,69.
      • Das konventionelle Naturjoghurt im Becher (500 g) gibt´s bereits um € 0,59, dieselbe Menge im Glas kostet € 1,09, die Bio-Alternative gar € 1,29.
      • Für die Kichererbsen im Glas (350 g) muss ich € 1,69 berappen, während 300 g in der Dose (auch diese ist innen mit Kunststoff ausgekleidet) nur € 0,99 kosten.

      Mein Fazit

      Nach einigen Tagen meines Selbstversuchs kann ich festhalten: Plastikfrei einkaufen im Supermarkt und beim Diskonter ist tatsächlich kein leichtes Unterfangen. (Plastik-)Verpackungen sind allgegenwärtig. Ein plastikfreier Einkauf ist mit vielen Kompromissen und Verzichten verbunden. Vor allem tierische Produkte wie Milch- und Fleischerzeugnisse und frischer Fisch sind im Supermarkt de facto nicht plastikfrei erhältlich. Milch und Joghurt im Glas sind für mich im Übrigen in der derzeit angebotenen Form keine Alternative zu Plastikverpackungen. Ich persönlich freue mich schon sehr auf den von der größten Molkerei Österreichs angekündigten Umstieg auf ein umweltfreundlicheres Mehrwegsystem – den etwas höheren Preis und das Schleppen der deutlich schwereren Milchflaschen nehme ich gerne in Kauf.

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