Erlaubt ist, was nicht verboten ist
Aufmerksame Leser:innen des VKI Greenwashing-Checks wissen, dass vage Behauptungen wie „umweltfreundlich“ oder „CO2-neutral“ oft leere Versprechen sind. Allzu oft ist hinter solchen Slogans nur wenig Substanz. Auch die Europäische Union hat erkannt, dass immer mehr Unternehmen mit Umweltfreundlichkeit ohne hinreichende Belege werben – 2021 hat eine Untersuchung von 344 Online-Auftritten von Unternehmen etwa gezeigt, dass in mehr als der Hälfte der Fälle Unternehmen den Verbraucher:innen keine ausreichenden Informationen zur Verfügung stellten, um die Richtigkeit der Angaben überhaupt beurteilen zu können – und in über 40 Prozent der Fälle Grund zur Annahme bestand, dass die Behauptungen falsch oder gar irreführend sind. Deshalb sagt die EU Greenwashing den Kampf an.
Der Plan der EU
Konkret geht es der EU darum, Verbraucher:innen durch zwei sich ergänzende Rechtsakte zu stärken und von Unternehmen Belege für Umweltbehauptungen zu fordern. Insgesamt soll sich dadurch die Verlässlichkeit von Green Claims verbessern – damit Konsument:innen etwa sicher sein können, dass ein Produkt, das Nachhaltigkeit verspricht, dieses Versprechen auch hält. Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern, manches noch alles andere als fix. Dennoch ist die Stoßrichtung klar absehbar. Drei positiv zu bewertende Ziele können hervorgehoben werden.
1. Anforderungen an Gütesiegel:
Der Label-Dschungel soll gelichtet werden. Aktuell gibt es über 200 Siegel in der EU. Eine Reihe davon basiert de facto auf Selbstzertifizierung – wo alles (Kriterienerstellung, Prüfung, Labelvergabe) aus einer Hand ist. Damit dürfte Schluss gemacht werden. Künftig sollen nur mehr zwei Arten von Gütesiegeln am Markt sein: entweder solche, die von öffentlichen Stellen vergeben werden – wie etwa das Österreichische Umweltzeichen, das vom VKI betreut wird. Oder Gütesiegel, deren Kriterien transparent entwickelt, veröffentlicht und durch Dritte auf Einhaltung geprüft werden. Übrigens: Auch diese Anforderung erfüllt das Österreichische Umweltzeichen. Frei erfundene Labels ohne Glaubwürdigkeit und Aussagekraft gehören damit hoffentlich endgültig der Vergangenheit an.
2. Substanzialisierung
Green Claims müssen untermauert werden. Heißt konkret: Eine Umweltbehauptung muss auch nachvollziehbar, mittels verschiedener Methoden, belegt werden. Zudem steht im Raum, dass jede Umweltbehauptung auch durch eine externe Stelle geprüft wird – damit also nur bei vorhandenen und methodisch korrekten Belegen auch wirklich mit Nachhaltigkeit geworben werden darf.
3. Einschränkung von Slogans
Vage Begriffe wie „nachhaltig“ oder „klimaneutral“ sollen nur mehr für jene Produkte und Dienstleistungen gelten, die aus Umweltsicht auch wirklich vorne mit dabei sind. Das kann für Lebensmittel zum Beispiel die Biozertifizierung sein - oder für Non-Food-Produkte z.B. durch Zertifizierung mit staatlichen Gütesiegeln wie dem Österreichischen Umweltzeichen. Hier handelt es sich nämlich um ein Siegel, das in seinen Kriterien alle relevanten Umwelt-Aspekte – etwa vom Energie- und Ressourcenverbrauch hin zur Schadstoffreduktion – berücksichtigt und auf Einhaltung prüft.
Ende gut, alles gut?
Ist das alles schon die Lösung eines jeden Greenwashings? Nein. Greenwashing wird durch den Plan der EU erschwert, nicht verunmöglicht. Auch ist noch manches unklar. Wird es zum Beispiel weiterhin erlaubt sein, „klimaneutrales Heizöl“ zu verkaufen? Dem aktuellen Vorschlag nach ja - sofern der CO2-Ausgleich mittels Projekten erfolgt, die Standards entsprechen, an denen die EU gerade arbeitet. Das ist durchaus kritisch zu werten – denn aus Sicht der Konsument:innen wie aus Klimaschutzperspektive ist bei als „klimaneutral“ beworbenen Produkten vor allem die Emissionsreduktion zentral – und nicht die durch Ausgleichszahlungen als umweltfreundlich vermarktete Fortführung eines schmutzigen Kerngeschäfts.
Es darf aber nicht vergessen werden: der offizielle Vorschlag der EU wird erst im März 2023 offiziell veröffentlicht. Bis dahin heißt es abwarten – und Argumente sammeln. Österreich wird hier, auch dank Unterstützung durch den VKI, seine klare Position im Sinne der Verbraucher:innen weiter auf EU-Ebene einbringen.
Deine Zauber binden wieder…
Gerne wird hierzulande auf die EU geschimpft, siehe etwa die Diskussion um die „Tethered Cups“, also die nunmehr fest angebrachten und nicht mehr losen Verschlüsse bei Milchpackungen und Co. Dabei wird leicht übersehen, dass die EU im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz durchaus bemüht und recht ambitioniert vorgeht. Was auf den ersten Blick kompliziert, unnötig oder mühsam erscheint, stellt sich auf den zweiten Blick als sinnvoll und dringend notwendig heraus.
Weiterführende Informationen
• Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher:innen für den ökologischen Wandel
• Leak zur Green Claims Directive
• VKI-Greenwashing-Check
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