So verlief das Preistracking
Wir führten die Datenerhebung händisch durch. Sprich jeder Produkt-Link wurde 1 x pro Woche als eingeloggter Prime-Nutzer sowie als anonymer User (in einem Inkognito-Browserfenster) aufgerufen. Es gibt natürlich diverse Preistracking-Tools, welche die Arbeit erleichtert hätten. Jedoch wurde bei unserer Erhebung nicht nur der Preis, sondern auch die Versandkosten, sowie eventuelle Zusatzinfos (Prime-Artikel, nicht lieferbar, nur durch Drittanbieter erhältlich, Blitzangebot …) notiert. Morgens, vormittags, mittags, nachmittags oder abends – wir wollten die Preise immer mal wieder zu anderen Tageszeiten eruieren. Außerdem haben wir die Datenerhebung abwechselnd auf einem MacBook sowie auf einem Windows-Desktop-Rechner durchgeführt. Der Browser (Chrome) blieb jedoch der gleiche, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Eine auffallende Korrelation von Preisunterschieden betreffend bestimmter Tageszeiten oder Betriebssysteme gab es übrigens nicht.
Die meisten ausgewählten Produkte waren mit der Prime-Schleife gekennzeichnet und somit für Prime-Kunden definitiv versandkostenfrei. Bei anonymen Usern war für Prime-Produkte eine kostenfreie Lieferung bei qualifizierten Erstbestellungen nach Deutschland und Österreich ab € 29,- möglich. Wir wählten allerdings auch bewusst einige Produkte, die keine Prime-Schleife hatten, aus. Wir trackten zwar die Versandkosten und ob die Produkte lieferbar waren, in der Preisvergleichs-Auswertung wurde das jedoch nicht berücksichtigt.
Zudem wählten wir 4 Produkte aus, welche zum Starttermin des Preistrackings noch nicht erhältlich waren und einer Vorbestellerpreisgarantie unterlagen. Für mich wenig überraschend waren alle vorbestellbaren Produkte in der Erscheinungswoche günstiger als in der Zeit davor. Hätte man das Produkt vor dem Erscheinen gekauft, hätte man den Differenzbetrag rückerstattet bekommen. Eigentlich eine coole Sache!
Mehr Infos, wie erhoben wurde, gibt’s im KONSUMENT-Artikel. Kommen wir nun zu den Auffälligkeiten, die ich sehr spannend finde.
Interpretationen und Erkenntnisse der Ergebnisse
Immer für Überraschungen gut
Laien wie ich mögen sich das Onlineshopping analog zum stationären vorstellen: Man stellt ein Produkt zum Kauf zur Verfügung. Der Preis des Produktes ändert sich gelegentlich durch Aktionen oder saisonale Schwankungen und es mag vorkommen, dass das Produkt zu gewissen Zeitpunkten nicht erhältlich ist. Was sich in meiner Vorstellung nicht (oft) ändert ist, wie hoch der UVP (unverbindliche Preisempfehlung) und die Versandkosten sind, ob das Produkt nach Österreich lieferbar ist und ob es ein Prime-Fähnchen besitzt. Klingt logisch, oder? In Wirklichkeit kann sich jedoch alles der genannten Kennzeichen ändern (Stichwort: Dynamic Pricing). So waren, wie eingangs erwähnt, UNO-Karten einige Wochen nicht nach Österreich lieferbar, danach wieder ganz normal. Es kam auch vor, dass Produkte einige Zeit lang kein Prime-Fähnchen mehr hatten. Auch dieses kehrte irgendwann wieder zurück. Genauso konnten sich Versandkosten wöchentlich (wahrscheinlich sogar täglich) ändern. Du kannst also nicht darauf vertrauen, dass alle Produkte, die du in deiner Amazon-Wunschliste oder länger in deinem Warenkorb hast, zu einem späteren Zeitpunkt noch zu den gleichen Konditionen verfügbar sind. „Das Handtuch werfen“ muss aber auch nicht sein. Abwarten und vergleichen ist zwar mühselig, kann sich aber lohnen!
Amazon Echo Dot und Kindle Paperwhite (Bilder 5 + 6)
Beide Produkte hatten zum Black Friday eine unglaubliche Aktion und waren das ganze Jahr über in diesem Zeitraum am günstigsten. Fun-Fact beim Echo Dot: Dieser war zwischen Black Friday und Neujahr nur mit enormer Lieferverzögerung zu erhalten. Beim Angebot von € 22,- haben wohl viele User zugeschlagen und die Lager von Amazon geleert. „Gut gemacht Alexa!“
adidas Damen-Kurzarm-Sportshirt (Bild 20)
Mein absolutes Lieblingsbeispiel ist das Sportleiberl von adidas. Glaubt ihr, ist es Zufall, dass das Shirt rund um Silvester einen Preissprung um fast 100 % hinlegte? Von € 16,- auf € 35,-. Ich kann doch nicht die Einzige sein, die hier die Neujahresvorsätze vermutet. Ab diesem Zeitpunkt war das Preisdiagramm sehr sprunghaft, während es die Monate zuvor eher statisch verlief. Was mir bei diesem Preisverlauf noch auffällt: Mitte März, wo in Österreich die Corona-Maßnahmen verschärft wurden und viele Menschen ins Home-Office bzw. in Kurzarbeit gingen, stieg der Preis des T-Shirts wieder. Für den Kurvenverlauf danach fehlt mir jedoch jegliche Kreativität. Wie geht’s euch damit?
Mikasa Beachvolleyball (Bilder 16 + 17)
Bei diesem Produkt haben wir uns 2 Varianten im Vergleich angesehen. Nämlich den Ball ohne und mit dem DVV-Logo (Deutscher Volleyball-Verband), welches den offiziellen Spielball deklariert. Der Hauptunterschied beim Preistracking war die Prime-Zugehörigkeit bzw. die Versandkosten. Der Ball mit dem DVV-Logo hatte das Prime-Fähnchen und war ohne Versandkosten (auch für anonyme Käufer) zu haben. Jener ohne Logo war selbst ohne Versandkosten immer um einige Euro teurer. Daraus lernen wir: Produktvergleiche lohnen sich. Speziell wenn man ein Amazon-Prime-Kunde ist. Oft wirken sich Prime-Produkte aber auch auf Nicht-Prime-Kunden positiv aus. Zumindest was Versandkosten betrifft.
Gap zwischen UVP und Preis (Bilder 11, 12, 15, 21, 24, 25, 26, 29, 31)
Bei 9 Produkten war die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) sehr viel höher angesetzt als der tatsächliche Verkaufspreis. Schaut natürlich toll aus, wenn steht „Sie sparen 70 %“. Wer würde da nicht zuschlagen wollen? Seid vorsichtig bei solchen Angeboten, das muss nicht stimmen! Bei 8 der 9 Produkte blieb der UVP über den Jahresverlauf ziemlich gleichmäßig hoch. Nur bei der KitchenAid verschwand der UVP immer mal wieder in einigen Wochen, dann kam er wieder. Rund um den Black Friday und Weihnachten gab es keinen UVP. Meine Interpretation dazu: Zu dieser Zeit wird ohnehin brav eingekauft, da muss man den Usern nicht zeigen, was sie „sparen“. Der tatsächliche Verkaufspreis war im Dezember bei der KitchenAid jedoch nicht auffallend höher oder niedriger als zu anderen Zeitpunkten. Meine weitere Interpretation: Sind wir uns ehrlich, die KitchenAid ist mit und ohne Aktion ein teures Markenprodukt. Will ich sparen, kaufe ich mir so oder so ein billigeres Vergleichsprodukt. (Siehe dazu unseren Küchenmaschinen-Test.)
Preisunterschiede Prime vs. anonym
Gelegentlich kam es bei Produkten vor, dass der Verkaufspreis bei Prime nicht ident war mit jenem als anonymer Käufer. Die meisten von euch denken jetzt sicher: „eh logisch, Prime-Kunden werden es billiger bekommen“. Zumeist war jedoch die umgekehrte Variante der Fall. Anonyme Käufer wurden hier bevorzugt. Das gefiel mir als Prime-Kunde gar nicht. Spannender Fakt: Im seltenen Fall der ersten Variante, war der UVP bei Prime der Preis bei anonym. Ein Beispiel, damit’s verständlicher wird.
Unverbindliche Preisempfehlung (UVP) Prime 100,- | Verkaufspreis 90,-
Unverbindliche Preisempfehlung (UVP) anonym 110,- | Verkaufspreis 100,-
Derlei Differenz zwischen Prime-Preis und anonymer Preis war meist nur 1-2 Wochen aufrecht. Danach wurde der Preis wieder angeglichen. Das heißt, in den meisten Fällen hatten die Produkte für Prime-Kunden den gleichen Preis wie für anonyme User, deshalb sieht man in den Bildern oben auch die blaue Linie so selten – sie liegt direkt unter der roten. Als Prime-Kunde spart man sich lediglich Versandkosten und bekommt die Lieferung schneller.
Prime Day 2020 wegen Corona verschoben
Normalerweise gibt es im deutschsprachigen Amazon-Bereich immer Mitte Juli einen Prime Day, wo ähnlich dem Black Friday diverse Angebote laufen. In diesem Fall jedoch ausschließlich für Amazon Prime-Kunden. Üblicherweise sind am Prime-Day allen voran die Amazon-Produkte verbilligt. Heuer fand der Aktionstag Corona-bedingt erst von 13. bis 14. Oktober statt. Diese Zeitspanne fiel leider nicht mehr in die Datenaufzeichnung, die im September endete. Weil es uns interessiert hat, haben wir uns die Preise außer Konkurrenz dennoch an beiden Tagen angesehen. Bei 8 Produkten und den beiden Serienstaffeln gab es Prime-Day-Exklusivangebote. Und – Überraschung – darunter waren auch beide Amazon-Produkte (Kindle, Echo Dot), die jeweils noch günstiger waren, als am Black Friday 2019.
Zum Prime Day von Amazon hatten wir übrigens auch ein Posting auf unserer Facebook-Seite, wo wir Tipps zum zielgerichteten Onlineeinkauf auf der Plattform gaben. Hier hagelte es Kritik in den Kommentaren, warum wir Werbung für Amazon machen. An dieser Stelle sei nochmal erwähnt: Aus Verbrauchersicht ist Amazon nicht mehr aus der Konsumwelt wegzudenken. Viele unserer Leser nutzen Amazon. Andere verurteilen es. Wir möchten hier beide Zielgruppen bedienen. Amazon ist bei uns immer wieder kritisch in der Berichterstattung vertreten. Speziell Alexa stehen wir aus Datenschutzgründen kritisch gegenüber.
So oder so möchte ich zum Abschluss noch ein paar Tipps und Kniffe zusammenfassen, die nicht nur für Amazon – ja sogar nicht nur für’s Onlineshopping – gelten.
Das Beste aus Prime Day, Black Friday & Co. rausholen
- Rabatte. Hohe Kostenersparnisse hinterfragen. Kann das stimmen? Oft beziehen sich Rabatte auf den UVP, welcher vermutlich ohnehin seit Ewigkeiten nicht mehr in der Höhe verlangt wurde.
- Verpackungs- & Versandkosten. Händler scheinen gerne über hohe Versandkosten die Rabattaktionen quer zu subventionieren. Leider sieht man die Kosten für die Verpackung und den Versand oft erst am Ende des Bestellprozesses.
- Widerrufsrecht. Wenn das Produkt nicht gefällt, dann schick es zurück! Klär im Vorfeld unbedingt ab, ob du die Versandkosten dafür tragen musst oder der Verkäufer.
- Lieferung. Gerade vor Weihnachten ist das Online-Geschäft am Boomen. Achte auf Liefertermine, solltest du zum Black Friday schon für Weihnachten einkaufen wollen. Falls Produkte nicht nach Österreich lieferbar sind, ist dies in der Regel in roter Schrift bei der Produktansicht vermerkt. Gelegentlich kommt man aber auch erst im letzten Schritt des Kaufprozesses drauf. Das ist dann doppelt ärgerlich.
- Der frühe Vogel? Blitzangebote verleiten Konsumenten dazu schnell zuzuschlagen. Hier gilt es Ruhe zu bewahren. Das zeigt auch diese Strategie: Amazon hat von 26.10. bis 19.11. frühe Black Friday Angebote gestartet. Mit dem Slogan „Früher einkaufen. Früher entspannen.“ will der Onlinegigant wohl den Stress und das Zwangsgefühl, am 27.11. shoppen zu müssen, etwas reduzieren. Wir lernen erneut: Es gibt immer Angebote! Lass dich bloß nicht zum Kauf drängen.
- Preisalarm. Möchtest du ein investitionsintensiveres Produkt kaufen, stell dir über Tools wie CamelCamelCamel.com, Keepa.com, FilterYourProduct.com etc. Preiswecker. Auch unser Preisvergleich hat gezeigt: Viele Produkte sind zu anderen Zeitpunkten im Jahr günstiger zu haben. Speziell bei teuren Produkten, die du nicht unbedingt sofort brauchst, kann sich der Preisalarm mehr als auszahlen.
- Vergleichsportale. Via geizhals.at oder idealo.at kannst du den aktuell günstigsten Händler ausfindig machen und bekommst ein Gefühl, ob der Angebotspreis auch wirklich einer ist.
- Fake-Shops. Solltest du auch außerhalb von bekannten Online-Plattformen unterwegs sein: Vorsicht vor Fake-Shops. Unsere Kollegen vom EVZ geben Tipps. Aber selbst über Amazon kann man zu Fake-Shops gelangen. Achte gut auf deine Daten und gib sie nicht leichtfertig preis!
- Wunschliste. Die gute alte Einkaufsliste ist und bleibt ein heißer Tipp. So wirkst du unüberlegten und unnötigen Käufen, die womöglich nach kurzer Zeit schon im Müll landen, entgegen.
Es muss nicht immer Amazon sein! - Lesetipps
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