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Schlagworte rund ums Online-Coaching: Unterstützung, Erfolg, Motivation
Online-Coaching: Wie komme ich aus einem Coaching-Vertrag wieder raus? Bild: Alexander Supertramp/Shutterstock

Online-Coaching: „wenig Arbeit, viel Geld“

, aktualisiert am

Passives Einkommen? Online-Coaches versprechen viel Geld bei wenig Arbeit. Kund:innen zahlen drauf.

Häufige Fragen:

  • Was kostet Online-Coaching?
  • Kann ich das von zu Hause machen?
  • Wie läuft ein Online-Coaching ab?
  • Wie lange brauche ich, um so ein Business aufzubauen?
  • Wie komme ich mit Online-Coaches zu einem passiven Einkommen?
  • Gibt es Online-Coaching für Frauen?
  • Welche Erfahrungen haben andere gemacht?
  • Was ist ein Closer?
  • Wer bietet so ein Coaching an?
  • Wer verdient daran?
  • Ist Online-Coaching Abzocke?
  • Wie komme ich aus der Falle eines Coaching-Vertrags wieder raus?
  • Kann ich einen Vertrag widerrufen?
  • Sind Copecart, Digistore24 und Elopage legal?
  • Wie hoch ist die Schadenssumme?

Arbeitslos, Schulden?

Den einen quält die Arbeitslosigkeit, den anderen würgen die Schulden. Manche haben null Bock auf die mühsame Ochsentour und wollen schnellen Reichtum. Online-Coaching soll es richten. Nun beschweren sich in unserer Beratung viele junge Menschen über verschiedene Formen dieser Online-Beratung. Sie alle haben viel Geld an Coaches verloren und fühlen sich betrogen.

Frustrierte landen bei uns

Online-Coachings scheinen die neuen Gelddruckmaschinen zu sein. Sie versprechen den Schlüssel zum Erfolg Onlineshops, passives Einkommen, Mindset ändern … Viele zahlen ein, wenige freuen sich. Wer zu uns kommt, ist frustriert, ärmer und berichtet: Sie bestehen im Wesentlichen aus einer Sammlung von voraufgezeichneten Videos und Live-Calls plus Binsenweisheiten. Diese Angebote sind sauteuer und bringen nichts.

Beschwerden

erreichten uns in den Jahren 2022 und 2023 zu folgenden Anbietern:

  • Eric Hüther: erichuether.de
  • Lukas Lindler: lukas-lindler.com
  • Closer Connection: Tim Krinke, Max Frey
  • Apo Svalley
  • Helfenstein Consulting: kevinhelfenstein.de
  • Greator Life Coach Ausbildung
  • Daniel Fendt Business Akademie
  • Instagram Business Mentoring Landing Page: luzianstrehl.de

Flotte Werbung: „144€ PRO STUNDE"

Werbung im Internet, auf YouTube oder Instagram macht vor allem junge Erwachsene auf Onlinekurse bzw. -Coachings aufmerksam. Hier eine Auswahl der Versprechen:

Trefferliste in Google zu Online-Coaching: 144€-PRO-STUNDE-Mit-Wörter-tippen-online-Geld
„144€ PRO STUNDE💰🤑💸 Mit Wörter tippen online Geld verdienen (neue Methode) Online Geld verdienen 2023“ Bild: Screenshot Google-Trefferliste 4.7.2023
  • „Als Mama erfolgreich von Zuhause Geld verdienen!“
  • „Online Coaching-Business aufbauen - Plan statt Hype“
  • „So verdienst du Online 100€ pro Tag als Anfänger! (Ohne Vorwissen/Startkapital)“
  • „144€ PRO STUNDE💰🤑💸 Mit Wörter tippen online Geld verdienen (neue Methode) Online Geld verdienen 2023“
  • „Wir bauen gemeinsam ein hochprofitables Business mit deinen eigenen digitalen Produkten auf, das dir monatlich 4- bis 5-stellige Umsätze bringt!“

„Wenig Zeit, wenig Arbeit, viel Geld“

Die Coaches sind jung, smart, vital. Die Sprüche hart, kurz, deftig. Die Frisuren gegelt, gestylt oder Glatze. Männer machen auf Macho, Frauen auf edle Business-Lady. Oft läuft die alte Platte „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ und die Keiler beschimpfen die Normalbevölkerung als Low-Performer, also Leute, die wenig leisten. Fast immer geht es „einfach“ oder „easy“. Und der Aufwand? „Wenig Zeit, wenig Arbeit, viel Geld“. Man muss nur das Mindset ändern oder in die Gruppe kommen – am besten beides. „Klick hier, steh auf, komm rein!“

Online-Coaching-Vertrag: Abschluss bei Copecart

Dann der Abschluss des Coaching-Vertrages: Wer sich für die Dienstleistung interessiert und klickt, kommt über einen Checkout-Link auf die Bestellmaske eines Partnerunternehmens (siehe unten). Telefonnummer, E-Mail-Adresse, ein Erst- oder ein "Bewerbungsgespräch", das jeder schafft, alles via Telefon oder Videokonferenz: „Du musst am Anfang ein bisschen was investieren, aber nachher holst du das locker wieder rein!“

Dann rieseln Marketing- und E-Commerce-Begriffe („Skalieren“, „Funnel“, „Affiliate-Links“) wie Schuppen auf die Schultern. Wer keine 2.000 oder 5.000 Euro in der Tasche hat, bekommt ein Sonderangebot oder eine Ratenzahlung. „Du musst dich JETZT entscheiden. Ich habe vier Leute in der Leitung!“ Der sogenannte Closer hilft beim Ausfüllen oder füllt für Kund:innen aus. Schnell noch ein Häkchen – „… verliere mein Widerrufsrecht“ – und Abschluss.

300 bis 600 Euro Provision pro Telefonat

Wer aus dem Rausch aufwacht, wundert sich. Man hat nicht beim Coaching-Guru abgeschlossen, sondern auf einer befreundeten Plattform (Reseller). „Closer“ kommt von „to close“: abschließen. Es handelt sich um Verkäufer. Früher sagte man Keiler, heute ist auch von „Affiliates“ die Rede. Sie sollen Konsument:innen zum Verkauf drängen und für Abschlüsse erhalten sie eine Provision. Ein internes Schriftstück macht deutlich: „Als Closer arbeitest du selbstständig für Dienstleister, Coaches oder Trainer und sprichst mit deren Interessenten. Pro vermittelter Dienstleistung, Coaching oder Training erhältst du eine Provision in Höhe von 10–20 %. Das macht im Schnitt 300–600 € pro Telefonat.“

Die bekanntesten Plattformen sind

  • digistore24.com
  • copecart.com
  • elopage.com

Coach und Plattform also – der eine sorgt für Kund:innen, der andere für Abschlüsse, und an jedem Abschluss verdient etwa Copecart ein paar Prozent Provision. Das Europäische Verbraucherzentrum im VKI beanstandet: Betroffene wurden nicht über die wichtigsten Vertragsbedingungen wie Dauer, Kosten oder Rücktrittsrechte informiert. Jan Böhmermann legt im Magazin Royale ordentlich nach: „Copecart hat sich eingenistet zwischen den Bescheißern und ihren Opfern“ und „Copecart ist sowas wie ein Beschiss-Dienstleister.“ - Deutsche Staatsanwaltschaften ermitteln inzwischen gegen einige Coaches wegen gewerbsmäßigem Betrug und Schneeballsystem. Auch die AK-Steiermark führt Prozesse gegen Copecart.

Fall: Eric Huether

Huether bewirbt auf seiner Webseite kostenlose Coachings oder welche zu 1 Euro. Zitat: „Mit verrückter Medien Strategie verdiene ich in 7 Tagen mehr als 10 Ärzte zusammen, und zwar langfristig und automatisiert, während ich im Bett liege“, schreibt er. Und weiter: alle Kurse „kostenlos, kein Abo, keine Folgekosten“. Konsumentin Sarah S. meldet sich für ein E-Book („YouTube Money Maker“) um 1 Euro an, zahlt mit Paypal und erhält eine Bestellbestätigung über 1 Euro.

Unautorisierte Abbuchung

Digistore24 schickt ihr eine Zugangsbestätigung, informiert sie über die Gesamtkosten von 1 Euro und bucht wenig später unautorisiert weitere 199,00 und 29,90 Euro ab. Wir raten der Dame, diese Beträge über ihre Bank rückzubuchen und eine Anzeige bei der Polizei wegen gewerbsmäßigem Betrug einzubringen. Im Vorfeld hatten wir die Angaben der Kundin geprüft: Es gab auf digistore24.com keine Infos zu den Abo-Kosten, nach unserer Intervention schon.

Erste Erfolge gegen Online-Coaches

2022 hatten wir berichtet: „Walter Temmer: Domainhandel mit Copecart“ und Betroffene juristisch unterstützt. 2023 bietet Temmer „Geld verdienen mit Domains“ nicht mehr an. In einem seiner Fälle erwirkten wir gegen Copecart einen Europäischen Zahlungsbefehl. Copecart legte keinen Einspruch ein und zahlte 3.848 Euro plus Zinsen an den Konsumenten zurück.

 

Interview mit Reinhold Schranz: "Fake it till you make it"

Reinhold Schranz - Leiter Europäisches Verbraucherzentrum
Mag. Reinhold Schranz - Leiter Europäisches Verbraucherzentrum Bild: VKI

Interview mit Mag. Reinhold Schranz, Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums im VKI

Konsument.at: Sind diese Coaches ein neues Konzept?
Schranz: Nein. Das ist wie damals beim Domainhandel von Temmer. Walter Temmer hat sein Coaching-Modell mittlerweile eingestellt.

Sind es viele?
Schranz: Ja. Wir haben laufend Beschwerden. Bei den Europäischen Verbraucherzentren in acht Ländern gibt es mehr als 700 Beschwerden gegen Copecart und Online-Coaches.

Wer beschwert sich?
Schranz: Es sind vor allem junge Erwachsene, Student:innen, alleinerziehende Mütter, Mütter in Karenz, junge Familien, die gerade Haus bauen und sich ein Vermögen aufbauen wollen, normale Verbraucher:innen. Auch Konsument:innen, die im Zuge der Coronavirus-Pandemie arbeitslos wurden und Pensionist:innen, die sich die Pension aufbessern wollen. Manche von ihnen haben sogar Kredite aufgenommen, um sich die teuren Online-Coachings leisten zu können. Manche investieren ihre gesamten Ersparnisse. Wir erhalten unterschiedliche Beschwerden zu verschiedenen Angeboten, wie man schnell und ohne Aufwand ein passives Einkommen verdienen kann.

Wo hakt es rechtlich?
Schranz: Es ist immer dasselbe.

  • Recht: In vielen Fällen sind die Kund:innen Verbraucher, werden aber nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht im Fernabsatz informiert.
  • Preis: Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht (Wucher).
  • Produkt: Die Coachings führen nicht zum versprochenen Erfolg. Darauf angesprochen empfehlen die Anbieter, weitere Coachings zu buchen.
  • Pingpong: Anbieter und Plattform spielen bei Beschwerden Pingpong mit den Betroffenen.

Was fällt besonders auf?
Schranz: Besonders schlimm finde ich, wie sie alleinerziehende Mütter bzw. Mütter in Karenz ausnehmen. Ein Schaden von 25.000 Euro, dann Kosten von 12.000 Euro. Das ist dreist – viel Geld für Unsinn.

Manche Coaches haben das Motto „Fake it till you make it“, also vortäuschen, bis du genug verdient hast. Für diese gibt es eigene kommerzielle Angebote, zum Beispiel in Dubai mit teurer Yacht, Ferrari, Fotograf, wo sie sich inszenieren können. Da wird ein Image kreiert und auf das fallen viele rein.

Ist das legal?
Schranz: Nein. Interessent:innen werden durch diese Inszenierung eines Erfolgs getäuscht. Die Coaches arbeiten mit unseriösen Methoden und Copecart und Digistore unterstützen diese Vorgangsweise.

Wie hoch ist der Schaden?
Schranz: Hoch. Die Schadenssumme liegt unserer Schätzung nach im einstelligen Millionenbereich.

Ich habe mich breitschlagen lassen, unterschrieben und will nun raus: Was soll ich tun?
Schranz: Nicht zahlen und den Vertrag schriftlich anfechten, also Widerruf. Betroffene können sich an uns wenden (siehe europakonsument.at/kontakt oder vki.at/beratung). Wir stellen außerdem einen Musterbrief zur Verfügung und prüfen die Verträge. Oft werden Informationspflichten nach dem Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz (FAGG) missachtet, das Rücktrittsrecht ausgehebelt. Oft ist Wucher im Spiel.

Sehenswert: Jan Böhmermann zu Online-Coaches

Jan Böhmermann und sein Team haben zu den Online-Coaches eine Sendung gestaltet – genial, brachial, sehenswert: „SO machst DU Erfolgs-Coaches richtig ERFOLGREICH“ im ZDF Magazin Royale vom 3.3.2023 (verfügbar bis 2.3.2024 oder auf https://youtu.be/HdDeklnVGrM)

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EU Flagge, darunter steht "Mitfinanziert durch die Europäische Union"
Bild: ECC-net

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