Ihre Zielgruppe finden die sogenannten Buchhändler vor allem bei älteren Personen aus den 1930er- und 1940er-Geburtsjahrgängen. Aber auch Jüngere fallen immer wieder auf den Nepp mit überteuerten Büchern herein. Das Geschäft läuft in Deutschland schon seit mehr als 15 Jahren und dabei ist es wie mit den Kühen auf der Weide: Ist die eine Wiese abgegrast, muss die nächste her. Die Anbieter klopfen inzwischen auch in Österreich, in der Schweiz und in Belgien an die Tür. Etwa 15 deutsche Firmen stehen auf der Liste der Rechtsanwaltskanzlei SDK (Bielefeld), welche rund 1.500 Geschädigte vor deutschen Gerichten vertritt. Der Schaden geht in die Millionen.

Abzocke mit alten Büchern: Wertlose Wälzer
„Kaufen Sie hochwertige Nachbildungen von Druckwerken!“ – Keiler versprechen lukrative Wertanlagen. Wir sagen: Hände weg!
„Gute Wertanlage“
In der Regel rufen die Vertreter an. Die Werber behaupten, dass beispielsweise die Bertelsmann-Lexika nun Weltkulturerbe der UNESCO seien. Das wirkt. Viele der Angerufenen laden die Verkäufer daraufhin in die Wohnung ein. Egal ob Lexikon, Buchsammlung oder antike Bibel: Versprochen wird immer die angeblich gute Wertanlage in Form der Druckwerke, eine bedeutende Wertsteigerung und ein garantierter Wiederverkaufswert („Sammler!“). Viele kaufen nicht aus Liebe zu alten Büchern, es geht ihnen um den Gewinn.
Alte Bücher sind nur dann eine gute Wertanlage, wenn man genau weiß, was man tut. Bei gefragten Exemplaren liegen die Wertzuwachsraten im stabilen zweistelligen Bereich. Dennoch gilt es auch beim Verkauf aufzupassen. Fachauktionshäuser für alte Bücher lassen sich den Weiterverkauf zu deftigen Konditionen bezahlen. 60 Prozent des Buchwertes und mehr werden nach einer erfolgreichen Versteigerung als Kommission einbehalten.
Tarnen, lügen, täuschen
Die Vertreter, die in die Wohnung kommen, behaupten manchmal, im Auftrag eines renommierten Verlags zu reisen, zum Beispiel von Brockhaus. Die Buchklubs dieser Verlage hatten in den 1980er- und 90er-Jahren mehrere Millionen Mitglieder. Seit 2014 gibt es sie nicht mehr, und die alten Kundendatenbanken sind offenbar in die falschen Hände geraten.
Sammlung „vervollständigen“
Trick Nr. 1. Die Vertreter bieten an, die Lexikon- oder Buchsammlung für einen lukrativen Weiterverkauf zu begutachten. Einmal in die gute Stube eingelassen, raten sie dann zum Kauf von Exemplaren, die in der Sammlung fehlen würden. Ihre Bücher sind gediegen gestaltet, aber die Tausenden Euro nicht wert – im Gegenteil. Durch die frei zugänglichen Wissensportale im Internet erleben gedruckte Lexika einen dramatischen Wertverfall, egal wie prachtvoll sie aussehen mögen.
Digitales Buchregister
Trick Nr. 2. Der Vertreter bietet die Aufnahme der Bücher des Kunden in eine Online-Datenbank an. Dadurch werde diese Sammlung, so das Argument, für Käufer einfacher einsehbar und somit wertvoller. „Echtheitszertifikat“, repräsentative Plakette und Erfassung der Bücher kosten zwischen 1.500 und 3.000 Euro.
„Nachlass verwalten“
Trick Nr. 3. Vor allem greise Kunden sollen die eigene Bibliothek durch den Vertreter erfassen lassen, um sie den Erben nach dem Ableben in ihrer Gesamtheit zu vermachen. Das Unternehmen verrechnet für die Aufnahme in eine eigene Plattform und die etwaige Verkaufsabwicklung eine Gebühr. Die Aufnahme in die Plattform steigert jedoch nicht den Verkaufswert, auch nicht für die Erben.
Faksimiles, die keine sind
Trick Nr. 4. Gerne verkauft werden auch Faksimiles. Das sind Nachbildungen historischer Werke. Vom Kauf von Faksimiles (etwa antike Bibeln, Atlanten, Partituren etc.) kann man nicht pauschal abraten. Der Preis muss angemessen sein.
Wir sind mit dem Faksimile-Verkauf von Prachtexemplaren antiker Bibeln konfrontiert, die viel mehr kosten, als sie wert sind. Der Händler ist nach Vertragsabschluss meist nicht mehr erreichbar. Uns liegen Fälle vor, wo Geschädigte um die 10.000 Euro für Faksimiles zahlten, die laut Experten maximal wenige Hundert Euro wert sind. Oft sind Teilzahlungspläne oder ein Kredit Teil des Vertrags. Im schlimmsten Fall können sie existenzbedrohend sein.
Wir empfehlen: Holen Sie vor dem Kauf von einem gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ein Gutachten ein, welches auch bei einem Prozess hält. Oft werden Käufer:innen nicht gesetzeskonform über Ihre Widerrufsrechte aufgeklärt. Mit unserer Hilfe können Betroffene versuchen den Kaufvertrag zuerst außergerichtlich rückabzuwickeln. Wenn das nicht hilft, ist eine Klage überlegenswert.
Großer Schaden, große Scham
Egal ob Nachbildung antiker Exemplare, Ergänzung fehlender Lexika oder Verwaltung der eigenen Buchsammlung: Es gibt keine Wertzuwächse. Sobald das Geschäft abgeschlossen ist, bleiben die Vertreter die versprochene Unterstützung schuldig. Wer auf diese Weise Tausende Euro verliert, fühlt sich oft beschämt. Oft wenden sich nicht die Opfer, sondern deren Verwandte an unsere Beratung.
Haustürgeschäft: Widerrufs- und Rücktrittsrecht
Oft informieren Verkäufer Kunden nicht gesetzeskonform über deren Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht. In dem Fall können wir versuchen, den Kaufvertrag außergerichtlich rückabzuwickeln. Wenn das nicht hilft, bleibt nur eine Klage. Bei Haustürgeschäften, die Sie bereuen, haben Sie zwei Wochen Zeit, vom Kauf zurückzutreten.
Rufen Sie unsere VKI-Beratung an: 01/588 77-81 (Di, Do, 9–13 Uhr).
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