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Werbung für Lebensmittel - Grüne Idylle

Lebensmittel werden häufig unterschwellig mit intakter Natur und dem romantischen Leben auf dem Land beworben – besagt eine aktuelle Studie.

Gern geflunkert

Bei Lebensmitteln wird überall gerne geflunkert: Da werden Freilandtiere gepriesen, die nie in ihrem Leben den Stall verlassen haben. Babynahrung aus Slowenien wird mit einem Bio-Zeichen vermarktet, wo nur ein Bruchteil der Zutaten tatsächlich aus biologischem Anbau stammt.
Solche „harten“ Werbebehauptungen, die mit konkreten Produkteigenschaften den Konsumenten in die Irre führen, sind aber in Österreich selten.

Untersuchung in acht Ländern

Eine Untersuchung, die vom Weltdachverband der Verbraucherorganisationen Consumers International (CI) in acht Ländern durchgeführt wurde, belegt, dass die Werbung mit „grünen“ Themen in Osteuropa, aber auch in den USA häufiger irreführend ist, während in den Ländern der „alten“ EU zumindest die Gesetze weitgehend eingehalten werden.

Bilder zeigen grüne Idyllen

Aber auch hierzulande wird den Konsumenten gerne suggeriert, Produkte würden besonders umweltverträglich oder nachhaltig hergestellt, obwohl sie sich überhaupt nicht von herkömmlichen Erzeugnissen unterscheiden. Konkrete Behauptungen werden dabei in der Regel vermieden, in Worten, Bildern oder Logos wird jedoch ein „grüner“ Eindruck vermittelt.

Traditionelle Landwirtschaft

Verbreitete Unsitte ist die Darstellung einer intakten Natur und/oder einer traditionellen Landwirtschaft, die bei den Menschen völlig falsche Vorstellungen über die heutigen Bedingungen der Massenproduktion nährt. Gerne werden Bauernhöfe in einer idyllischen Landschaft abgebildet, die es in dieser Form bestenfalls in Freilichtmuseen zu sehen gibt. Den Karton der Haltbar-Vollmilch der Lidl-Eigenmarke Milbona ziert eine Blumenwiese mit weidenden Kühen und Bauersleuten mit traditionellem Werkzeug: Sense und Heurechen.

Auch das Getreide wird, so scheint’s, noch mit der Hand geschnitten und zu Garben zusammengebunden (Landgut-Roggenbrot, Lidl). Und die „sonnengereifte“ Gerste für den Kathreiner Kneipp Malzkaffee (Nestlé) wird im Pferdefuhrwerk durch die Landschaft gekarrt.

Romantisch verklärte Vergangenheit

Diese Bilder, so wird im CI-Bericht kritisiert, rufen die Erinnerung an eine romantisch verklärte Vergangenheit wach, als die Zeiten noch besser waren. Es ist klar, dass der Massenbedarf an Konsumgütern mit damaligen Produktionsmethoden nicht gedeckt werden könnte. Auch solche Darstellungen sind laut dem Verbraucherdachverband als irreführend zu bewerten, auch wenn sie rechtlich unangreifbar sein mögen.

88 Prozent der Kühe im Anbindestall

Kühe, aber auch Schweine, werden gerne auf der grünen Wiese dargestellt. Doch der Anteil der Freilandhaltung ist auch in Österreich denkbar gering. Der Anteil der Milchkühe, die im Anbindestall gehalten werden, beträgt laut Grünem Bericht 2002 rund 88 Prozent.

„Das ist Heimat“ lautet der Slogan auf den Produkten der ADEG-Gruppe. Auch nichtssagende Aussagen wie diese können Konsumenten einen zusätzlichen Nutzen suggerieren, der sie animiert, einen höheren Preis zu zahlen.
Jogurt natur ist die geläufige Bezeichnung für Jogurt ohne Zugabe von Früchten. Wenn aber das Wörtchen „Natur“ aus einer saftig grünen Bergwiese hervorstrahlt, dann kriegt es eine andere Bedeutung – ob das von Hersteller Emmi wirklich nicht beabsichtigt war?!

"Hohes Augenmerk": erfüllt nur die Vorschriften

Auch bei Produkten, deren ethische oder ökologische Unbedenklichkeit kontrolliert wird, muss man oft genau hinsehen oder gut informiert sein, um die Bedeutung richtig einzuschätzen. Auf Fischverpackungen findet sich häufig die vollmundige Behauptung, auf die Erhaltung des Fischbestandes werde hohes Augenmerk gelegt, fragt man bei den Firmen nach, stellt sich meistens heraus, dass lediglich die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten weren.

Unternehmen kontrollieren sich selbst

Bei „tierschutzgeprüften“ Eiern von Quality Line wird zwar die artgerechte Tierhaltung geprüft, nicht aber die Futterqualität, wie fälschlicherweise behauptet wird. Und „Kartoffeln aus Pfanni-kontrolliertem Anbau“ sagen eigentlich nur eines aus: Das Unternehmen stellt sich selbst ein Zeugnis aus, eine unabhängige Bestätigung gibt es nicht.

Plastiksackerl zu "Umweltschutzbeuteln" umgetauft

Auch bei der Umweltfreundlichkeit der Verpackung wird gerne dick aufgetragen: Plastiksackerln werden kurzerhand zu „Umweltschutzbeuteln“ umgetauft. Laut ISO-Norm ist dies nichtssagend und somit irreführend. Und auf Getränkekartons wird immer wieder damit geworben, dass sie „wiederverwertet werden“. Hier fehlt eine wichtige Einschränkung: Das gilt nur für 30 Prozent, höher ist nämlich die Rücklaufquote nicht.

Lebensmittelwerbung mit "Natur"

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Kathreiner Malzkaffee Nestle Pferdefuhrwerk 300px
Kathreiner Malzkaffee Nestle Pferdefuhrwerk 300px Der Nestlé-Konzern lässt Pferdefuhrwerke auferstehen. | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Roggenbrot Landgut Lidl 300px
Roggenbrot Landgut Lidl 300px Roggenernte in Handarbeit für den Diskonter Lidl | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Milch ADEG Heimat 300px
Milch ADEG Heimat 300px ADEG appelliert an das Heimat-Gefühl | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Emmi Jogurt Natur 300px
Emmi Jogurt Natur 300px Emmi spielt mit dem Naturbegriff | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Kathreiner Malzkaffee Nestle Pferdefuhrwerk 300px
Kathreiner Malzkaffee Nestle Pferdefuhrwerk 300px Der Nestlé-Konzern lässt Pferdefuhrwerke auferstehen. | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Roggenbrot Landgut Lidl 300px
Roggenbrot Landgut Lidl 300px Roggenernte in Handarbeit für den Diskonter Lidl | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Milch ADEG Heimat 300px
Milch ADEG Heimat 300px ADEG appelliert an das Heimat-Gefühl | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)
Emmi Jogurt Natur 300px
Emmi Jogurt Natur 300px Emmi spielt mit dem Naturbegriff | Bild: Foto: K. Paulitsch/VKI (Heft 7/2004)

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