Der Begriff Influencer hat nichts mit Grippe zu tun. Er bezeichnet einen neuen Berufszweig, der sein Geld mit mehr oder weniger unterschwelliger Werbung im Internet verdient.
Lässig lehnt Tatjana Catic am Treppengeländer eines Hauseinganges in London. Sie trägt Leggings in Lackoptik, einen schicken Mantel und eine Designertasche. Das Bild der gebürtigen Oberösterreicherin auf Instagram wirkt, als wäre es für eine Fotostrecke der „Vogue“ gedacht. In ihrem Blog schreibt sie über Alltägliches aus ihrem Leben. Welches angesagte Fest sie besuchen und wie ihre Frisur aussehen wird. Welche Bikinis und welches Make-up sie trägt. Oder dass sie bei Austrian Airlines ein Gratis-Upgrade in die Business Class bekommen hat und sie daher von nun an zu ihren Lieblingsfluggesellschaften zählt. Die Marketingabteilung der rot-weiß-roten Fluglinie dürfte beim Lesen dieser Zeilen ihre helle Freude gehabt haben.
Beeinflusser von Beruf
Über eine Million Menschen verfolgen Tatjanas Leben im Internet. Wenn Tatjana die AUA mag, dann dürfte das in den Köpfen von Zigtausend Followern hängenbleiben. Es ist leicht auszurechnen, dass der Eintrag weit mehr Wirkung erzielt als eine Anzeigenkampagne in einer Tageszeitung. Und darum lieben Unternehmen Tatjana und ihre Blogger-Kolleginnen. Sie werden zu Pressekonferenzen und Produktvorstellungen gebeten, mit Schmuck, Taschen und Technik-Schnickschnack beschenkt, auf Reisen eingeladen und dabei kostenlos in noblen Hotels einquartiert.
Die sogenannten Influencer (vom englischen influence = beeinflussen) sind eine neue Berufsgruppe. Es sind Menschen, die in sozialen Medien über ihr Leben berichten. Die meisten von ihnen haben bestimmte Schwerpunkte. Nachhaltigkeit etwa, Schönheit und Wellness, Sport oder Computerspiele. Dabei verfolgen so viele Fans ihre Veröffentlichungen im Netz, dass sie für die Werbebranche als Sprachrohr für ihre Botschaften interessant sind. Die bekanntesten von ihnen haben mittlerweile einen schwindelerregenden Einfluss. Wenn eine Modebloggerin ein Bild von sich in einem neuen Pulli postet, dann ist es gut möglich, dass das Stück schon ein paar Stunden später im Netz komplett ausverkauft ist. Manche von ihnen sind richtige Stars. Wenn sie zu Autogrammstunden einladen, gibt es Tumulte.
Kinder und Jugendliche lieben sie
Besonders unter Kindern sind Stars aus dem World Wide Web beliebt. Haben Sie zum Beispiel schon von den „Lochis“ gehört? Die 18-jährigen Zwillingsbrüder Heiko und Roman Lochmann sind sogenannte Vlogger, also Video-Blogger. Vlogger wie die Lochis stellen regelmäßig Filmchen auf YouTube, in denen sie miteinander reden oder Streiche spielen. Millionen von Jugendlichen schauen sich das gerne an – und nicht nur das: Sie kaufen CDs der beiden, Lochi-T-Shirts und -Tassen, und sie gehen auf Konzerte von ihnen.