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No-Show-Klausel der AUA: VKI unterstützte erfolgreich betroffene Konsumenten
CO2-neutral fliegen? Das geht nicht. Bild: Markus-Mainka_shutterstock

AUA: wegen Greenwashing verurteilt – "CO2-neutrale Flüge"

Ein „CO2-neutraler Flug“ nach Venedig mit 100 % nachhaltigem Treibstoff: Die AUA legte sich echt ins Zeug – zumindest in der Werbung. Weil das eine Irreführung sei, verurteilte das Landesgericht Korneuburg die Fluglinie. Das Urteil ist rechtskräftig.

Grün gefärbt

Unternehmen vermarkten ihre Produkte und Dienstleistungen gern mit Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit. Die beworbenen Vorzüge halten aber einer Überprüfung nicht immer stand. Wir untersuchen in unserem Greenwashing‑Check seit 2021 regelmäßig grüne Versprechen von Unternehmen, Marken und Produkten. Viele tragen zu dick auf. Diesmal die AUA.

AUA-Werbung verspricht "CO2-neutral zur Biennale fliegen? Für uns keine Kunst!
Mit Umwelthinweisen dürfe laut Gericht nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt und eine Täuschung der Konsument:innen ausgeschlossen werden kann. Die AUA hat den Prozess verloren. Bild: Screenshot AUA 2022

„CO2-neutral zur Biennale fliegen?“

Im AUA-Fall ging es um Werbung der Fluglinie – Werbung auf Twitter, auf der Homepage, Facebook, LinkedIn und in jenen Zügen, die zum Flughafen Schwechat fahren. Die Botschaft lautete blickfangmäßig: „CO2-neutral zur Biennale fliegen? Für uns keine Kunst! 100 % SAF“ (siehe Bild oben). Ergänzt hat die AUA den hervorgehobenen Teil durch die Information: „Denn gemeinsam mit dem Flughafen Wien und Venezia Airport bringen wir Sie mit nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) zur Biennale Arte nach Venedig.“  

Greenwashing und Irreführung

Wir vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) sahen darin – Stichwort Greenwashing – eine Irreführung von Konsument:innen. Also Klage wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht (UWG).

VKI darf nicht klagen?

Vorgeplänkel zu Prozessbeginn: Die AUA hatte bestritten, dass wir überhaupt klagen dürfen. Das Argument: Die strittige Sache betreffe nicht nur Konsument:innen, sondern auch Geschäftsleute (für die wir nicht zuständig sind). Wir seien, meinte die AUA, nicht klagsbefugt. In der Sprache der Wirtschaft: Ist es ein B2B-Geschäft (Business to Business)? Dann ist eine Klage nicht möglich. Oder handelt es sich um ein B2C-Geschäft (Business to Consumer)? Das Gericht entschied: Es ist ein B2C-Geschäft und akzeptierte unsere Klage. 

Die AUA verteidigte sich in dem Prozess, dass sie eh ordentlich aufklären (SAF, Produktion, CO2-Ausstoß, künftiger Einsatz, …). Sie würde damit keine falschen Vorstellungen zur CO2-Neutralität von Flügen erzeugen. Das Gericht sah das ganz anders. Lesen Sie das Urteil.

Maximal 5 % Beimischung …

Es gibt inzwischen etwas nachhaltigeren Flugkraftstoff; die Bezeichnung dafür lautet Sustainable Aviation Fuel (SAF). Er kann herkömmlichem Kerosin beigemischt werden. Für die Beimischung sehen aber technische Normen Grenzen vor. Sie dürfen nicht überschritten werden. Aktuell liegt die maximale Beimischung von SAF im fossilen Kerosin gemäß ASTM D1655 bei maximal 5 Prozent. „Es ist also“, erläutert Dr. Barbara Bauer, Juristin im VKI, „technisch derzeit nicht möglich, Flüge CO2-neutral mit 100 Prozent SAF durchzuführen“. Fliegen, so schreibt das deutsche Umweltbundesamt, ist die klimaschädlichste Weise, sich fortzubewegen.

… bei zukünftigen Flügen

Die beworbene sogenannte CO2-neutrale Flugmöglichkeit stellte sich in Wirklichkeit so dar: Konsument:innen konnten gegen einen Aufpreis von mehr als 50 Prozent des Ticketpreises eine Nachhaltigkeitsoption buchen. In diesem Fall werde laut AUA der jeweilige persönliche Treibstoffverbrauch für diesen konkreten Flug berechnet. Die entsprechende Menge SAF würde dem Kerosin beigemengt – und zwar bei zukünftigen Flügen. 

OMV mengt maximal 0,4% SAF bei

Das Gerichtsurteil nennt Zahlen: SAF ist derzeit etwa drei- bis fünfmal so teuer wie Kerosin. Die OMV produziert SAF für die AUA und mengt herkömmlichem Kerosin derzeit maximal 0,4 Prozent SAF bei. Zwischen März 2022 und Mitte Juli 2022 tankte die AUA herkömmliches Kerosin im Umfang von 180.000 Tonnen. Zum Vergleich: Die getankte SAF-Menge betrug 335 Tonnen.

Werbung ist irreführend

Das Gericht in Korneuburg bewertete diese Werbung als irreführend (Urteil 29Cg 62/22z - 16). Der AUA wäre es möglich und zumutbar gewesen, über den Einsatz von SAF in einer Form zu informieren, die den Adressat:innen ein klares Bild vermittelt hätte. 

Bauer: "technisch nicht möglich"

Portrait von Barbara Bauer, Juristin beim VKI
Dr.in Barbara Bauer, Juristin beim VKI Bild: Konstantinouidi/VKI

„Wir begrüßen alle unternehmerischen Anstrengungen, die dem Umweltschutz dienen“, führt Barbara Bauer aus. „Aber die Bewerbung von Flügen als CO2-neutral, wenn dies technisch gar nicht möglich ist, geht zu weit. Es kann ja nicht einmal sichergestellt werden, dass im konkreten Flug nachhaltiger Flugkraftstoff verwendet wird. Dass die Verbraucher:innen für diese zweifelhafte Leistung dann auch noch einen saftigen Aufpreis bezahlen sollen, ist ein besonderes Schmankerl.“ 

EU-Richtlinie: Für Greenwashing wird es eng

Die AUA ist nur ein besonders markantes Beispiel. Generell gilt: Für Umweltsünder mit Hang zum Greenwashing wird es eng. Im September gab es in Brüssel eine Einigung der europäischen Gesetzgeber auf die Richtlinie "Empowering Consumers for the Green Transition Directive". Sie soll Verbraucher:innen neue Rechte einräumen und ihnen helfen, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. Die Regeln sind ein wichtiger Schritt, um Europa in Richtung Kreislaufwirtschaft zu führen. 

Ab 2026 in Kraft

Die Änderungen treten 2026 in Kraft. Sie werden Verbraucher:innen besser vor Greenwashing schützen, sie über die Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten informieren und unlautere Geschäftspraktiken verbieten, die zu einer kurzen Lebensdauer von Produkten führen.

„Behauptungen zur CO2-Neutralität sind Greenwashing"

„So etwas wie 'kohlenstoffneutralen' oder 'CO2-neutralen' Käse, Plastikflaschen, Flüge oder Bankkonten gibt es nicht“, schreibt die BEUC, der europäische Dachverband der Konsumentenorganisationen in einer Stellungnahme. „Behauptungen zur CO2-Neutralität sind Greenwashing. Es handelt sich um eine Nebelkerze, die den Eindruck erweckt, dass die Unternehmen ernsthaft etwas gegen ihre Klimaauswirkungen unternehmen. Die Wahrheit ist, dass diese Behauptungen wissenschaftlich falsch sind und niemals verwendet werden sollten.“

Richtlinie bringt viele Verbesserungen

  • Kein Blabla: Verbot allgemeiner Umweltaussagen, für die der Händler keine hervorragende Umweltleistung nachweisen kann.
  • Strenge Siegel: Verbot von Nachhaltigkeitskennzeichnungen, die nicht auf Zertifizierungen beruhen oder von öffentlichen Behörden eingeführt wurden.
  • Strengere Regeln für künftige Angaben zur Umweltleistung. Sie werden nur dann zulässig sein, wenn sie einen realistischen Umsetzungsplan und realisierbare Ziele enthalten und regelmäßig von unabhängigen Sachverständigen überprüft werden, deren Ergebnisse den Verbrauchern zugänglich gemacht werden.
  • Verbot von Angaben zur CO2-Neutralität, die in hohem Maße irreführend sind und überall auf dem Markt zu finden sind, häufig in den umweltschädlichsten Sektoren wie Luftfahrt und Lebensmittelindustrie.
  • Informationspflichten zur Reparierbarkeit und zu Software-Updates, um den Verbraucher:innen die Wahl nachhaltigerer Produkte zu erleichtern.
  • Harmonisierte Garantiekennzeichnung, die es den Verbraucher:innen ermöglicht, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Sie werden über die Haltbarkeit der Produkte informiert, was ihre Kaufentscheidungen beeinflussen könnte.
  • Obsoleszenz: Verbot von Praktiken der Unternehmen zur vorzeitigen Veralterung, die zu frühzeitigen Produktausfällen führen können.

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