Tag 4
Zum ersten Mal macht sich der Zucker-Entzug bemerkbar. Ich treffe meine Freundin zu einem gemütlichen Brunch in einem Wiener Kaffeehaus. Natürlich ist die Auswahl stark eingeschränkt, schließlich weiß ich ja nicht, wo im Gasthaus der Zucker lauert. Meine Wahl fällt auf Naturjoghurt mit frischem Obst und eine Eierspeis. Drei Stunden später werde ich zittrig und nervös, mein Kopf brummt und ich bin grantig. Ein klassischer Fall von „Unterzucker“. Ein Glas frisch gepresster Orangensaft und eine Banane helfen.
Der Wochenend-Einkauf dauert übrigens fast doppelt so lange als sonst. Schließlich muss alles auf seine Inhaltsstoffe und potentielle süße Gefahrenquellen geprüft werden. Bewusst einkaufen erfordert seine Zeit.
Tag 6
Für heute hat sich Großbesuch angekündigt. Acht Gäste sollen mit vier Menügängen verwöhnt werden. Zum Dessert gibt’s Cupcakes: Zuckerfreie Schokomuffins, mit einem Gupf Schlagobers und ein bisschen zuckerfreie Erdbeermarmelade on top. Die Erdbeermarmelade geliert übrigens ganz natürlich mit Apfelpektin wenn man unter die Früchte einen halben Apfel mitpüriert. So muss man auf keinen Gelierzucker zurückgreifen.
Die Schokomuffins haben den meisten überraschend gut geschmeckt, auch wenn ohne Zucker, ohne Mehl und ohne Butter. Gesüßt wurde mit pürierten Bananen und Datteln, gemahlene Nüssen geben ebenfalls Geschmack. Nur einer unserer Gästen meinte liebevoll: „schmeckt a bisserl g´sund“.
Tag 7
Ahhhhh, wer stellt hier Marillenkrapfen in die Büro-Küche???!!!
Tag 8
Ha, ich habe eine Mogelpackung gefunden! Statt der Tafel Schoko wandert in meinen Einkaufswagen eine gesunde Packung Studentenfutter jenes Lebensmittelkonzerns, der mit dem Hausverstand wirbt. Am Nachmittag öffne ich die Packung…und staune nicht schlecht. Die blickdichte Verpackung ist gerade einmal zur Hälfte gefüllt. Das muss nicht sein! Kurzum schreibe ich meiner Kollegin Katrin Mittl, die unsere Seite www.lebensmittel-check.at mitbetreut. Nicht nur dort sind Mogelpackungen – also Verpackungen, die mehr Inhalt vortäuschen, als tatsächlich in ihnen steckt – ein ärgerlicher Dauerbrenner.
Tag 11-14
Familienbesuch in Tirol. Das wird nicht leicht, denn kocht man nicht selbst, hat man keinen Überblick, wo Zucker versteckt ist. Meine Mutter erwartet mich bei meiner Ankunft mit köstlichen Rindsschnitzeln, die vorzüglich geschmeckt haben, aber…. deren Rahmsauce mit Essiggurkerl und Senf zubereitet wurden… Oje! Die Challenge habe ich erstmalig wissentlich gebrochen. Ich fühle mich ertappt, dennoch würde ich niemals die liebevoll zubereiteten Rindschnitzeln ablehnen und meine Mutter kränken wollen.
Mein Zwischen-Fazit nach zwei Wochen Zucker-Challenge
Mein Gusto nach Süßem lässt nach. Mittlerweile bin ich ein echter Zucker-Profi Ich kenne schon einige Stammprodukte, zu denen ich greifen kann ohne ewig die Zutatenliste studieren zu müssen. zB. weiß ich, dass ich bei Frischkäse zu einem speziellen Bio-Produkt greifen muss, denn im Unterschied zum konventionellen Produkt wurde hier kein Milchpulver zusätzlich zugesetzt.
Tag 16
Gusto auf heißen Kakao quält mich, nicht wegen dem Zucker, sondern weil heißer Kakao für mich einfach zu einem gemütlichen Netflix-Abend dazugehört. Was tun in der Not? Improvisieren! Ein paar Datteln eingeweicht, mit etwas Milch und ungesüßtem Kakaopulver durchgemixt, mit Milch aufgekocht und...es schmeckt…pick süß!! Aiiii…schnell mit mehr Milch strecken und es wird ein überraschend guter heißer Kakao daraus. Mir fällt auf: Mein Geschmacksinn ändert sich wohl. Früher konnte es mir gar nicht süß genug sein.
Tag 17
Wir bekommen im Büro Besuch und es gibt zu Feier des Tages Kuchen und Krapfen. Allerdings nicht für mich. Meine KollegInnen schauen mit mitleidig an, ich bleibe aber standhaft und bin stolz auf mich. Die Sucht nach Zucker hat deutlich nachgelassen.
Tag 18
Hoch die Hände, Wochenende. Für meine Netflix-Serie, auf die ich mich abends stürzen möchte, möchte ich mir ein Packerl Chips mitnehmen - britische Chips von der Sorte „Sea Salt and Balsamic Vinegar“. Zu früh gefreut, Zucker ist enthalten. Stattdessen gibt es eben ein paar Nüsse.
Mein Zwischen-Fazit nach drei Wochen Zucker-Challenge
Halbzeit! Juhu! Ich bemerke, dass sich mein Geschmacksinn tatsächlich ein wenig ändert. Greife ich auf natürlichen Zuckerersatz, wie, Datteln, Bananen, etc. zurück, schmeckt mir manches viel zu süß. Insgesamt hat aber mein Gusto nach Zucker deutlich nachgelassen. Stattdessen: Gusto auf Obst. In meine Einkaufskörbe wandern Äpfel, Birnen, Mandarinen, Orangen, Bananen, Ananas, Trauben und einfach alles was mich anlacht. Natürlich auch nur mit Maß und Ziel, schließlich steckt auch in Obst mitunter reichlich Fruchtzucker. Aber natürlich enthaltener Zucker ist ja während meiner Challenge erlaubt.
Tag 22
Abendessen mit meinem Mann beim Japaner. Als Gruß aus der Küche werden kleine Makis mit knuspriger Garnelen-Füllung und Mangosauce oben drauf serviert. Da tauscht man redsam seine Erlebnisse aus und schieb nebenbei das kleine Maki in den Mund, als mein Mann sagt: „Sag mal, darfst du das überhaupt essen?“ Ich habe gesündigt. Unbewusst darf ich zu meiner Verteidigung sagen, heißt, eigentlich hat sich dieses kleine Mango-Saucen-benetzte-Maki von gaaaanz alleine in meinen Mund verirrt…ich schwöre
Ach Herrje, es lässt sich nicht schön reden. Was mach ich denn jetzt? Ich entscheide mich für: Runterschlucken, genießen, mich danach schlecht fühlen und dafür in den verbliebenen drei Wochen weiter mein Bestes zu geben.
Tag 25
Gusto auf überbackene Schinkenfleckerl kommt auf. Schinken ist während meiner Challenge nicht erlaubt, denn in fast allen Wursterzeugnissen steckt Dextrose.
Die Neugierde treibt mich in ein teures Feinkostgeschäft. Ich stehe vor rund 30 köstlich aussehenden Schinken- und Wurstprodukten von regionalen Bauern. Herrlich anzusehen. Ich frage zögerlich, ob es denn einen Schinken gäbe, in dem sich kein Zucker versteckt? Tatsächlich ist der Beinschinken eines obersteirischen Bio-Bauern zuckerfrei. Auf die Frage, wofür ich denn den Schinken bräuchte und wie ich ihn aufgeschnitten haben wolle, antworte ich ehrlich: Profane Schinkenfleckerl. Ich ernte einen finsteren Blick. Einen so teuren Schinken (pro 100g rund 5 EUR) in Fleckerl zu verarbeiten kommt hier vermutlich selten vor.
Tag 26
Eine Oma wird besucht. Lieb wie sie ist, bäckt sie uns zuliebe einen Apfel- und einen Topfenstrudel. Ich würde niemals nein sagen und sie damit kränken wollen und schlage zu. Das ich nur ein schmales Stück möchte, überhört sie geschickt und häuft auf den Teller. Und ist schließlich beleidigt, weil ich den dritten Nachschlag ablehne. Aber so sind Omas eben. Wahrscheinlich würde sie nach dem 27. Stück Strudel auch noch glauben, es würde mir nicht schmecken.
Tag 30
Ich habe Gusto auf Kuchen. Natürlich möchte ich keinen weißen Haushaltszucker verwenden. Daher greife ich zu Birkenzucker. Birkenzucker ist ein Zuckeraustauschstoff. Er besteht aus Xylit bzw. Xylitol und wird meist auf chemischem Weg aus Xylose (Holzzucker) hergestellt. Die Basis dafür sind Holzabfälle aus der Papierindustrie. Birkenzucker schmeckt in etwa gleich süß wie herkömmlicher Zucker und hat 40 Prozent weniger Kalorien.
Ich backe mir also einen köstlichen Karottenkuchen, aus Eiern, Birkenzucker, Mehl, geriebenen Nüssen und natürlich Karotten und stürze mich auf gleich zwei Kuchenstücke. Das Ergebnis: Bauchschmerzen. Offenbar vertrage ich keinen Birkenzucker. Künftig werde ich wohl wieder lieber auf natürliche Süßungsmittel zurückgreifen.
Tag 40
Der Osterhase war da und hat mir einen Schoko-Osterhasen ins Nest gelegt. Der Gusto nach Schoko lässt mir keine Ruhe. Deshalb breche ich dem Schoko-Hasen seinen Kopf ab und beiße genüsslich hinein. Es schmeckt: piksüß!! Einmal mehr wird mir bewusst, dass sich mein Geschmacksinn wohl ein wenig geändert haben muss.
Mein Fazit nach 40 Tagen Zucker-Fasten
Absolut empfehlenswert! Probiert es selbst aus. Meine Erfahrungen waren eine echte Bereicherung. Nachmittagsmüdigkeit? Quasi nicht mehr vorhanden, ich fühle mich deutlich energiegeladener. Ich werde auch künftig darauf achten mit natürlichen Süßungsmitteln, wie Bananen, Datteln oder Honig zu süßen.
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