Was alles versprochen und dann nicht gehalten wird. Diesmal im Lebensmittel-Check: Das BILLA Schwarzwälder Schinken Sandwich enthält derzeit keine Freilandeier, wie prominent auf der Packung ausgelobt, sondern Eier aus Bodenhaltung. Eine bessere Kennzeichnung wäre wünschenswert.
BILLA Schwarzwälder Schinken Sandwich: Bodenhaltung statt Freilandeier?
Das BILLA Schwarzwälder Schinken Sandwich enthält Eier aus Bodenhaltung, obwohl prominent ganz oben auf der Packung „mit Freilandeiern” steht! Am unteren Ende die gegensätzliche Aufschrift: „vorübergehend Eier aus Bodenhaltung“. Eine verwirrende doppelte Deklaration! Das verärgert Konsumentinnen und Konsumenten. REWE informiert über eine vorübergehende Maßnahme aufgrund der Stallpflicht wegen Vogelgrippe.
Das ist das Problem
Das steht drauf: BILLA Schwarzwälder Schinken Sandwich
Gekauft bei: BILLA
Herr S. kaufte in einer BILLA-Filiale ein Fertigsandwich der BILLA-Eigenmarke. Auf der Verpackung prangte groß der Schriftzug „mit Freilandeiern“. Doch Herr S. fand noch einen weiteren Hinweis auf der Packung und teilte uns mit: „Ich staunte nicht schlecht, als ich weiter unten auf der Packung nachträglich und klein aufgedruckt den Hinweis ‚vorübergehend Eier aus Bodenhaltung‘ fand.“ Seine skeptische Frage an uns: „Ist diese Deklaration Ihrer Meinung nach so in Ordnung? Sowas ist mir noch nicht untergekommen.“ Verunsichert ergänzte er: „Meine Bedenken sind, dass ich als Konsument auch künftig bewusst mit derartig widersprüchlichen Produktangaben getäuscht werde.“
Ärgerliches „Herumeiern"
Bei dem widersprüchlich deklarierten Produkt handelt es sich um die Variante „Schwarzwälder Schinken Sandwich“ aus einer Reihe gefüllter Fertigsandwiches, die in unterschiedlichen Sorten bei BILLA im Kühlregal zu finden sind. Auf der Packung ist, wie uns Herr S. berichtet hat, „mit Freilandeiern“ zu lesen. Wesentlich kleiner steht ganz unten auf der Verpackung: „vorübergehend Eier aus Bodenhaltung“. Also doch keine Freilandeier im Produkt? Sehr irritierend.
Für Konsumentinnen und Konsumenten ist diese Art der doppelten Deklaration ärgerlich. Auf Verpackungsangaben muss Verlass sein – eine Auslobung, die dann durch eine andere aufgehoben wird, geht gar nicht. Zudem werden wohl nur wenige Kundinnen und Kunden die kleinere Auslobung betreffend Bodenhaltungseier tatsächlich lesen und konsumieren ein Produkt, das vermeintlich von „glücklicheren“ Hühnern stammt. Wir haben REWE um Stellungnahme gebeten.
Kein Freiland wegen Vogelgrippe
Laut der Antwort von REWE ist die Vogelgrippe dafür verantwortlich, dass keine Freilandeier mehr verfügbar waren. Bei akuter Gefährdung kann das Gesundheitsministerium eine Stallpflicht erlassen, um den direkten oder indirekten Kontakt der Legehennen mit Wildvögeln zu verhindern.
Aktuelle Probleme bei der Rohstoffbeschaffung verstehen wir, dennoch führt die momentane Art der Deklaration auf der Sandwich-Verpackung – sofern Konsumentinnen und Konsumenten den klein gedruckten Hinweis überhaupt wahrnehmen – eher zu Verärgerung als dass sie für Aufklärung sorgt. Hier wäre zumindest eine größere, besser lesbare und vor allem sofort ins Auge springende Kennzeichnung wünschenswert. Demnächst soll laut Stellungnahme die Kennzeichnung wieder umgestellt werden oder nicht mehr notwendig sein, da wieder ausreichend Freilandeier zur Verfügung stehen. Wir werden nachschauen!
Erfreulich: meist Freilandeier für BILLA-Sandwich
Es ist erfreulich, dass der Produzent in einem verarbeiteten Produkt wie dem besagten Fertigsandwich grundsätzlich keine Eier aus Bodenhaltung bzw. von Hühnern, die in sogenannten ausgestalteten Käfigen leben, verwendet, sondern nur bei Engpässen auf diese zurückgreift.
Hühner-Haltungsformen
Welche Haltungsformen für Hühner gibt es derzeit? Für Importe aus Nicht-EU-Ländern ist die Haltungsform nicht geregelt. Zwar ist in der EU die traditionelle Käfighaltung seit 2012 verboten, erlaubt sind jedoch sogenannte „ausgestaltete Käfige” in denen die Hennen in Kleingruppen in Etagen gehalten werden und etwas mehr Platz haben als in herkömmlichen Käfigen. In Österreich ist diese Form der Käfighaltung seit Beginn des Jahres 2020 verboten. Bodenhaltung ist gegenüber Käfighaltung zwar eine Verbesserung, doch auch bei dieser Haltungsform haben die Tiere keinen Auslauf im Freien und nur wenig natürliches Tageslicht. Erst Freilandhaltung garantiert ein gewisses Maß an natürlichen Bedingungen. Es ist erfreulich und wichtig, dass immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten die Unterschiede kennen und bei Eiern auf Haltungsart und Herkunft der Legehennen achten.
Woher kommen die Bodenhaltungseier?
Woher aber nun die Bodenhaltungseier oder die Freilandhaltungseier des Billa-Fertigsandwich stammen, ist auf der Verpackung nicht vermerkt. Wir haben bei REWE nachgefragt: Laut Lieferant werden Eier aus Österreich verwendet, aber mit Eiern aus der EU ergänzt, um die ausreichende Menge zu erhalten. Der Sandwich-Hunger scheint demnach recht groß zu sein. Aber wie gesund sind solche Fertigsnacks?
Fertigsandwich: keine optimale Nahrung
Wir haben uns bei dieser Gelegenheit auch die Zutatenliste des BILLA Schwarzwälder Schinken Sandwich angeschaut. Sie fällt ziemlich lang aus, was bei der Menge an verarbeiteten Zutaten im Produkt (Brot, Schinken, Aufstrich, Krenzubereitung etc.) zwar nicht verwundert, aber ein wenig bedenklich stimmt: Insgesamt 17 Zusatzstoffe sind in den verschiedenen Zutaten eines Sandwich-Brötchens enthalten!
Nährstoffzusammensetzung: ungünstig
Zudem ist das Produkt mit einem Nutri-Score D gekennzeichnet. Das bedeutet eine vergleichsweise ungünstige Nährstoffzusammensetzung. Der Nutri-Score ist eine fünfstufige Farbskala von A bis E zur Information über die Nährwertqualität. Er bezieht sich auf den Vergleich innerhalb einer Produktgruppe.
Reaktion von REWE
So erklärt der Hersteller die Verwendung von Bodenhaltungseiern, die die Freilandeier im Fertigsandwich ersetzt haben:
„Die Vogelgrippe hat sich, aufgrund von Covid wohl weniger in den Medien präsent, in den vergangenen Monaten über ganz Europa ausgeweitet, weshalb in etlichen Ländern eine Stallpflicht für Geflügel angeordnet wurde – so auch in Österreich. Aus diesem Grund war es nicht mehr möglich, Eier aus Freilandhaltung von Lieferanten zu beziehen.
Bei Produkten, auf welchen ,Eier aus Freilandhaltung‘ ausgelobt war, wurde deshalb diese Auslobung entweder entfernt oder – wenn es verpackungstechnisch nicht anders möglich war – ein Vermerk wie beispielsweise ,Vorübergehend mit Eiern aus Bodenhaltung‘ am Produkt angebracht. Diese Vorgehensweise wurde vom Gesundheitsministerium empfohlen.“
REWE GROUP
9.6.2022
REWE: vorübergehender Einsatz von Bodenhaltungseiern bald beendet
„Um die ausreichende Menge bereitstellen zu können, wird laut Lieferant zusätzlich zu Eiern aus Österreich auch auf EU-Ware zurückgegriffen. Vielleicht noch als Ergänzung zu meiner gestrigen Antwort: Ab kommender Woche sind wieder Freilandeier verfügbar – eine separate Auszeichnung ist somit nicht mehr notwendig.“
REWE GROUP
10.6.2022
Wir meinen
Widersprüchliche Angaben wie bei diesem Fertigsandwich sollten grundsätzlich nicht vorkommen. Es ist verständlich, wenn Zwischenfälle wie die Vogelgrippe kurzfristige Maßnahmen erfordern. Ein deutlicherer Hinweis wäre dennoch sinnvoll, um Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich zu informieren, statt sie mit irritierenden Aufschriften zu verunsichern.
Legehennen: Haltungsformen
Haltungsformen von Legehennen; Verein Land schafft Leben
https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/ei/herstellung/haltungsformen-in-osterreich-und-weltweit
Wir empfehlen auf konsument.at
Penny Eier aus Bodenhaltung 2/2021
https://konsument.at/lebensmittel-check/penny-eier-aus-bodenhaltung
Eier aus Freilandhaltung 3/2019
https://konsument.at/essen-trinken/eier-aus-freilandhaltung
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