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Flüge: Vergleichsportal Momondo und TUIfly - Plötzlich teurer

TUIfly.com bietet auf momondo.de günstige Flüge. Buchen konnte sie unser Leser nicht - ein Erfahrungsbericht.

Herr M. plant eine Reise. Nach Marokko soll es gehen, aber erst im Herbst, da herrscht weniger Trubel und es kostet weniger. Weil aber nur der billig fliegt, der frühzeitig bucht, gibt er schon im Frühjahr 2015 seine Wunschdaten auf der Reise-Vergleichsplattform momondo.de ein. Er rechnet mit einem Flugpreis zwischen 200 und 300 Euro für Hin- und Rückflug nach Marrakesch.

Freudige Überraschung

Groß ist die Freude, als wenige Tage später der auf momondo.de aktivierte Preisalarm anschlägt. Ein E-Mail lässt auf ein besonderes Schnäppchen hoffen: TUIfly.com bietet zum gewünschten Termin Flüge mit Niki um sagenhafte 110 Euro an.

Ein Mausklick leitet von momondo.de auf die Website des Anbieters TUIfly.com weiter, wo sich der Preis nochmals etwas reduziert darstellt. Klick auf "Weiter“, um die Buchung festzumachen. Da erscheint im relativ kleinen Hinweisfenster die Botschaft: "Bei einem der von Ihnen gewählten Flüge hat sich leider in der Zwischenzeit der Preis geändert".

Traum und Wirklichkeit

"Nicht weiter tragisch, auf ein paar Euro kommt es bei einem so günstigen Angebot nicht an", denkt sich Herr M. Vor seinem inneren Auge tauchen exotische Bilder des Orients auf: abendliches Treiben auf dem „Platz der Gehängten“ in Marrakesch mit seinen Wahrsagern, Schlangenbeschwörern und Geschichtenerzählern; die Kasbah Ait Benhaddou, die die untergehende Sonne in eine ockerfarbige Wolke von Licht hüllt; der Duft der Gewürze im Souk el-Attarine in Fès und von dem im Vorübergehen erhaschten Blick der Berberschönheit aus Tizmit.

Schon zuckt der Mausfinger über den OK-Bestätigungsbutton. Doch ein Blick auf das Kleingedruckte zeigt: "Der Gesamtpreis erhöht sich von 109,92 € auf EUR 211,67". Beinahe doppelt so viel wie noch vor wenigen Sekunden.

Feedback ohne Wirkung

Der Reiselustige bricht den Vorgang ab und hadert mit dem Schicksal. Ein Mausklick fehlt noch: nämlich jener zur automatisch präsentierten Umfrage von momondo.de zur Zufriedenheit. Hier kann er die Plattform wissen lassen, dass er mit dem Angebot nicht zufrieden war. Die Preisabweichung sei zu hoch gewesen, kreuzt er an. Diese Option ist wohl aufgrund von Erfahrung schon als Antwortmöglichkeit vorformuliert. Wirkung zeigt das freilich nicht.

"... in der Zwischenzeit Preis geändert“

TUIfly: Billigstpreis schnellt nach oben

Wenige Tage später ein neuer Preisalarm im Posteingang. Wieder wird TUIfly mit Abstand als der billigste Anbieter ausgewiesen, wieder findet sich der Preis von 109,92 Euro auf der Website von TUIfly.

Ein weiterer Versuch eine Dreiviertelstunde später (Screenshot: VKI)

Und wieder „hat sich“ nach Klick auf den Button zur Buchung „leider in der Zwischenzeit der Preis geändert“. Wieder um mehr als 100 Euro nach oben - für exakt denselben Flug wie beim ersten Anlauf.

Der Preis steigt aber auch in diesem Fall (Screenshot: VKI)

Der Leider-nein-Kunde wird stutzig: Er gibt verschiedene Zeitpunkte für seinen Flug zur Wunschdestination direkt auf der TUIfly-Website ein oder überlässt dem System mittels Option "Ich bin zeitlich flexibel“ die Auswahl. Das Ergebnis bleibt gleich: Erst wird ein günstiger Preis angeboten, beim Versuch, diesen Flug zu buchen, erhöht er sich sprunghaft; beispielsweise für Flüge im Dezember von 116 Euro auf 208 Euro.

KONSUMENT fragt nach

Die Redaktion konfrontiert momondo.de mit den Beobachtungen von Herrn M. Das Spielchen lässt sich wiederholen: Preisalarm von momondo.de -> günstiges Angebot von TUIfly.com -> drastische Preiserhöhung -> Feedback an momondo.de -> keine Veränderung bis zum nächsten Preisalarm.

Momondo beantwortet die KONSUMENT-Anfrage: "… Wir waren uns nicht der Übermittlung von fehlerhaften Daten, die wir von TUIfly erhalten haben, bewusst,“ schreibt der Unternehmenssprecher. "Dank diesem Feedback haben wir herausgefunden, dass dies ein Fehler in den Daten von TUIfly gewesen ist. … Als Konsequenz haben wir die fehlerhaften Daten von TUIfly aus unseren Suchergebnissen entfernt, während TUIfly den Fehler auf seiner Seite behebt."

Kundenhinweis ignoriert

Auf die "fehlerhaften Daten“ hatte Herr M. Momondo wiederholt hingewiesen. Aber erst die Nachfrage von KONSUMENT bewirkte, dass man sich das Unternehmen die Daten auch wirklich ansah.

Was sagt TUIfly dazu?

Was würde passieren, bestünde der Kunde auf dem ursprünglich angebotenen, niedrigen Reisepreis? Einen solchen Anspruch vor Gericht auszutragen würde wohl lange dauern, sofern es überhaupt gelänge, zu momondo.de vorzudringen. Denn es gibt keine Kontakt-E-Mail-Adresse für die Benutzer der Plattform (nur für Marketing und Presse), keinen Supportbereich, kein User-Forum, kein eigenes Impressum.

Was sagt TUIfly dazu?

Nichts. Auch nach wiederholter Aufforderung zur Stellungnahme blieb die „100-prozentige Tochtergesellschaft der TUI Group, des weltweit führenden Touristikkonzerns“ (Eigendarstellung) stumm. Schon 2014 mussten wir hier auf konsument.at die Website von TUIfly kritisieren, weil die Bestimmungen für die Gepäckaufgabe praktisch unauffindbar, die möglichen Mehrkosten für die Fluggäste aber erheblich waren (KONSUMENT 8/2014 "Flugreisen: Handgepäck - Leichtes Gepäck, schwere Enttäuschung“). TUIfly besserte das anschließend in aller Stille aus.

TUIfly: Augenblick der Wahrheit

In der Stellungnahme der Vergleichsplattform momondo.de hieß es, dass „..TUIfly den Fehler auf seiner Seite behebt“. Wir schauten einige Tage nach Eintreffen dieses Versprechens nach: Flug von Wien nach Marrakesch am 12. 11. 2015 hin, am 26. 11. zurück.

Tatsächlich wirft das System nun einen geänderten, weit realistischeren Preis aus! Jetzt werden die Flüge um 159,66 Euro offeriert (statt früher rund 110 Euro). Immer noch günstig. Herr M. riskierte es und klickte auf "Weiter“ um den Buchungsvorgang einzuleiten.

Der Preis schnellte auf 205,55 Euro … denn "leider hat sich in der Zwischenzeit der Preis geändert". Verbessert hat sich an der Praxis von TUIfly nichts - trotz unserer Hinweise und der Intervention von Momondo.

Nicht nur Jets haben Flügel

Die Vorgangsweise von TUIfly erinnert aber stark an die Definition des „Lockvogelangebotes“, wie man sie unter anderem auf Wikipedia nachlesen kann: "Ein Lockvogelangebot … ist eine Werbemaßnahme für ein besonders preisgünstiges Angebot, das nicht in ausreichender Menge vorrätig ist, sodass viele der damit angelockten Kunden auf teurere Produkte ausweichen."

Tipps

  • Ruhig Blut: Wer einen Flug oder eine Reise bucht, ist häufig in einem Ausnahmezustand. Entweder steht man unter Zeitdruck, um das (vermeintliche) Schnäppchen nicht zu verpassen, oder die Vorfreude auf den Urlaub lässt den Puls höher schlagen. Beide trüben die nüchterne Wahrnehmung. Unseriöse Anbieter könnten diesen Zustand ausnutzen, um dem Konsumenten höhere Preise unterzujubeln.
  • Doppelt hinschauen: Die auf Vergleichsportalen angezeigten Preise können sich von jenen unterscheiden, die der Anbieter tatsächlich verlangt. In bescheidenem (!) Umfang ist dies erklärbar. Bei erheblichen und reproduzierbaren Abweichungen – wie im geschilderten Fall – sollten Sie als Kunde die Seriosität des Vergleichsportals und/oder des Anbieters kritisch hinterfragen.
  • Preisvergleich: Vergleichsportale vermögen Konsumenten kostenlos nützliche Dienste zu erweisen; sie müssen aber Geld verdienen. Ein kleiner Aufschlag zusätzlich zu den Provisionen der Anbieter mag in Ordnung sein. Prüfen Sie dessen Angemessenheit und vergleichen Sie diese Preise mit jenen der Fluggesellschaften.
     

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