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Farbstoffe in Süßwaren - Zu bunt

, aktualisiert am

Knallbunte Süßigkeiten sind bei Kindern ein Hit. Doch obwohl viele Naschereien problematische Farbstoffe wie Azofarben enthalten, fehlt häufig der vorgeschriebene Warnhinweis. Vor allem bei offen angebotener Ware wird bei der Kennzeichnung skandalös geschlampt.

In unserer Testtabelle finden Sie:

  • Bunte Gummistange
  • Bunte Kokosrolle
  • Frucht Mix im Glas
  • Getrocknete Früchte (Wassermelone, Orange)
  • Gummistangen gelb
  • Jelly Beans
  • Lokum Rolle
  • Weingummi gelb, rot, weiß
  • Zuckerstangerl bunt
  • Zuckerwatte 3-färbig im Kübel
  • Dunkin Donut Blue Sky
  • Popcorn mit Erdbeeren

Untersucht haben wir, ob Azofarbstoffe Tartrazin (E 102), Gelborange (E 110), Azorubin (E 122), Allurarot (E 129), Cochenillerot A (E 124) sowie Chinolingelb (E 104) in den Süßwaren vorhanden und gekennzeichnet waren ("Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen").  - Lesen Sie auch DekoBack Essbare Disney Sticker - Mit Azofarbstoffen.


Hier unsere Testbericht:
Kinder lieben Süßigkeiten in Knallfarben. Kein Wunder, dass es die bunten Schleckereien praktisch immer und überall gibt. Kein Zoo ohne Candy Shop, kein Weihnachts- oder Ostermarkt ohne Süßwarenstand. Und selbst in den Schokoladegeschäften türmen sich inzwischen Schüsseln mit Zuckerzeug in greller Optik. Woher kommen die schönen Farben bei Zuckerwatte, Gummi­zeugs und Zuckerstangen, aber auch bei getrockneten Früchten? Von gesundem Karotten- und ­Rote-Rüben-Saft? Eher nicht!

Test: Problematische Knallfarben

Damit ihre Produkte ansprechend aussehen, hilft die Süßwarenindustrie häufig mit Azofarben nach. Sie werden synthetisch her­gestellt, sind gut mischbar, stabil und besonders lichtecht. Die Ausgangsstoffe dieser Farben sind Amine, von denen einige schon lange im Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Weil Azofarben durch Enzyme in ihre Ausgangsverbindungen aufgespalten werden, gelten manche von ihnen als krebserregend.

Kekse, Schmelzkäse, Speiseeis

Eingesetzt werden diese Farbstoffe übrigens nicht nur zum Färben von Süßzeug. Auch andere Lebensmittel wie z.B. Kuchen, Kekse, Schmelzkäse, Speiseeis, Sirupe, Konfitüren, Knabberartikel oder Ersatz-Kaviar lassen sich mit ihnen aufhübschen.

Tartrazin (E 102): erst verboten, dann erlaubt

Tartrazin: verboten und wieder erlaubt

Seit Jahrzehnten wird über die tatsächliche Gefährlichkeit von Azofarben gestritten. Ein schönes Beispiel dafür ist Tartrazin (E 102), das 1989 in Österreich verboten und vier Jahre­ später aufgrund einer europaweit einheit­lichen Regelung wieder zugelassen wurde. 2010 nahm die EFSA, die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, im Auftrag der EU-Kommission eine neuerliche gesundheitliche Bewertung dieser Farben vor. Seitdem müssen Lebensmittel, welche die Azofarbstoffe

  • Tartrazin (E 102)
  • Gelborange (E 110)
  • Azorubin (E 122)
  • Allurarot (E 129) ­
  • Cochenillerot A (E 124)

aber auch das ebenfalls künstlich erzeugte Chinolingelb (E 104) enthalten, in der Europäischen Union besonders gekennzeichnet werden. Für sie ist ein gesonderter Warnhinweis vorgeschrieben: "Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen.“

Stecken in allen farbenfrohen Naschereien die oben aufgezählten sechs Farbstoffe? Und wenn ja, tragen sie den vorgeschriebenen Warnhinweis?

Lose angebotene Ware

Um das herauszufinden, klapperten wir in den vergangenen Monaten viele Marktstände, aber auch Süßwarengeschäfte ab und sackten dort jede Menge bunter ­Naschereien ein. Der größte Teil unserer Ein­käufe war lose angebotene Ware. Dazu kamen noch beispielhaft zwei verpackte Proben.

Miserable Kennzeichnung

Miserable Kennzeichnung

Die Einkäufe, über 30 an der Zahl, wurden voruntersucht. Bei mehr als einem Drittel ­ergab die Analyse einen Verdacht auf Farben mit besonderer Kennzeichnungspflicht. ­Diese 12 Produkte wurden nochmals genau unter die Lupe genommen. Und tatsächlich: Lediglich eine Probe war „sauber“ – nur die auffällige Farbe von Dunkin Donut kam von Brillantblau, das nicht zu den Azofarben zählt. In allen anderen Süßigkeiten sorgten tatsächlich Tartrazin & Co für knallig buntes Aussehen. Auch in den Zutatenlisten unserer beiden verpackten Produkte, einem Popcorn mit Erdbeeren von der Popcornmanufaktur und dem Frucht Mix der Zuckerlwerkstatt, wurden wir fündig.

Vorgeschriebener Warnhinweis fehlt

Können sich Konsumenten wenigsten darauf verlassen, dass solche Schleckereien mit dem vorgeschriebenen Warnhinweis versehen werden? Leider nicht! Bei allen offen eingekauften Süßigkeiten war nirgendwo der verpflichtende Hinweis zu sehen. Und selbst bei einem der beiden verpackten Produkte, dem Frucht Mix der Zuckerlwerkstatt, suchten wir vergeblich.

Branche ignoriert gesetzliche Vorgaben

Schon möglich, dass ein Warnhinweis auf Süßigkeiten den Umsatz nicht unbedingt hebt. Wie lässig hier aber eine ganze Branche gesetzliche Vorgaben ignoriert, ist trotzdem kaum zu glauben. Bleibt noch die Frage, ­warum die EU noch immer mit Hinweisen herumtut, um die sich offensichtlich keiner kümmert, anstatt die umstrittenen Zusatzstoffe gleich zu verbieten? Wir meinen: Weg mit problematischen Farbstoffen in Naschereien! Niemand braucht sie, außer vielleicht jene, die mit ahnungslosen Eltern und Kindern ungeniert gute Geschäfte machen.

Testtabelle: Farbstoffe in Süßwaren

Zusammenfassung

  • Problematisch. Azofarbstoffe können Allergien auslösen. Einige davon stehen zudem im Verdacht, krebserregend zu sein.
  • Kennzeichnungspflichtig. Lebensmittel, welche die Azofarben Tartrazin (E 102), Gelborange (E 110), Azorubin (E 122), Allurarot (E 129), Cochenillerot A (E 124) oder den ebenfalls künstlichen Farbstoff Chinolingelb (E 104) enthalten, müssen mit dem Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen“ versehen werden. Ob es sich dabei um lose angebotene oder um verpackte Ware handelt, macht keinen Unterschied.
  • Unzumutbar. Bei vielen lose verkauften Süßigkeiten gibt es keinerlei Informationen darüber, was in den Produkten tatsächlich steckt. Bei allen von uns untersuchten Naschereien fehlte zudem in den Geschäften der gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweis.
  • Genau schauen. Wollen Sie kein Risiko eingehen, kaufen Sie besser verpackte Süßigkeiten und studieren die Zutatenliste sorgfältig. Das bloße Fehlen eines Warnhinweises garantiert leider nicht, dass keine problematischen Farbstoffe enthalten sind.

Testkriterien

Proben, bei denen aufgrund einer Vorunter­suchung der Verdacht auf das Vorhandensein von Farbstoffen mit besonderer Kennzeichnungspflicht bestand, wurden nachuntersucht. Bei dieser eingehenden Analyse kam es zur Bestimmung aller verwendeten Farbstoffe. Bei den offen angebotenen Süßwaren suchten wir im Geschäft bzw. am Marktstand nach dem vorgeschriebenen Warnhinweis. Bei den beiden abgepackten Produkten überprüften wir die Angaben der Zutatenliste und die Kennzeichnung.

Leserreaktionen

Azofarben ersetzt

Die Verwendung von Pflanzenfarben gestaltet sich leider in der Herstellung von Hartkaramellen als äußerst schwierig und sehr aufwendig, da der absolute Großteil der Pflanzenextrakte weder hitze-, noch säurestabil sind und für die Herstellung unserer Produkte nicht geeignet und einsetzbar ist.

Nach mehr als einem halben Jahr intensiver Tests, ist es uns dann schließlich gelungen, alle Azofarbstoffe durch pflanzliche Extrakte zu ersetzen.

Die Zuckerlwerkstatt e.U.
1010 Wien
(aus KONSUMENT 6/2015)

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