Zum Inhalt
Kühlregal Supermarkt
Bild: Lestertair / Shutterstock.com

Kühlregale: besser offen oder geschlossen?

Christine Mey, eine nachhaltig denkende Konsumentin aus Wörgl, hat sich bei uns gemeldet und ihren Unmut über offene Kühlregale in Supermärkten kundgetan. Diese Kühlsysteme sind für Frau Mey „reine Energieverschwendung“ und in Zeiten wie diesen nicht tragbar. Hat sie recht?

Wir haben im Handel nachgefragt und einen Kältetechniker zu Rate gezogen. Die Antworten, die wir von den Lebensmittelhändlern bekommen haben, sind widersprüchlich. Insbesondere die großen Zwei, also Rewe (Billa, Penny etc.) und Spar, sind sich so gar nicht einig. Rewe gibt der Konsumentin im Grunde recht. Man bittet um Geduld, die Umrüstung der Märkte hin zu modernen Geräten mit verschließbaren Glastüren sei im Laufen.

Unterschiedliche Antworten

Spar argumentiert eigentlich genau gegenteilig. Dass offene Kühlregale, mit einem unsichtbaren Luftschleier ausgestattet, das Nonplusultra seien. Hätten die Kühlregale Türen, würde jeder Öffnungsvorgang kalte Luft in den Verkaufsraum saugen: ein erheblicher Kälteverlust – also Energieaufwand. Die Diskonter Lidl und Hofer antworten subtiler: Ja, man evaluiere und modernisiere, aber die offenen Kühlregale seien wegen der hohen Zugriffsfrequenzen wohl zu präferieren. Und in der Nacht würden die Regale zusätzlich mit Rollos verschlossen, dann funktioniere die Kühlung noch effizienter.

Schwierige Gesamtrechnung

Wer hat recht? Das haben wir Harald Kratky von der Kratky Kältetechnik GmbH aus Wien gefragt. Eine knifflige, weil komplexe Frage, gab auch der Experte zu. „Aber“, um seine Schlussfolgerung vorwegzunehmen, „am Ende des Tages wird die Version mit den Türen die effizientere sein.“ Denn damit benötige man um rund ein Drittel bis die Hälfte weniger Kälteleistung und daher auch weniger Strom. Freilich, wenn man es, wie Herr Kratky es nennt, ganzheitlich betrachtet, stelle sich die Frage, „wie viel Energie für die Produktion der Türen, Scharniere, Griffe, Dichtungen und gegebenenfalls eines Heizbandes, das das Anlaufen der Glasfläche verhindert, benötigt wird“. Diese energetische Gesamtrechnung könne er leider nicht anbieten.

Kälteverlust durch Türöffnung?

Gar nichts abgewinnen kann der Kältetechnik-Experte aber der oben erwähnten Aussage, wonach jeder Öffnungsvorgang einer Tür kalte Luft in den Verkaufsraum sauge und dass das einen erheblicher Kälteverlust und somit Energieaufwand bedeute. Kratky: „Da die Türen nur für kurze Zeit geöffnet sind, steht das in keinem Verhältnis zur Variante ohne Tür.“

Weniger Spontankäufe?

Die Ökologie ist in dieser ohnehin widersprüchlichen Debatte die eine Seite. Ausschlaggebend für den Handel ist aber sicherlich die Ökonomie. Die Höhe der Energierechnung ist dabei ein Faktor. Die bereits erwähnte Zugriffsfrequenz ein weiterer. Die Befürchtung scheint zu sein, dass Kunden weit weniger oft zugreifen, wenn sie im wahrsten Wortsinn vor verschlossenen Türen stehen. Vor allem im Hinblick auf Spontankäufe. Und das hätte natürlich wesentliche Auswirkungen auf den Umsatz. Unterm Strich also eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung.

Antworten der Supermärkte

Lidl:

Was unsere Kühlmöbel in den Filialen betrifft, entwickeln wir uns immer weiter: In den neuen, modernisierten Filialen gibt es schon jetzt mehr verschließbare Kühlregale, die Anlagen laufen noch effizienter und damit nachhaltiger. Nach Geschäftsschluss werden bei den offenen Kühlregalen automatisch die Nachtrollos nach unten gefahren, um hier Energie zu sparen.

Hofer:

Unsere Kühlmöbel sind mit einem Luftschleier ausgestattet, der wie ein Vorhang durch Energiesparlüfter erzeugt wird und das Eindringen von warmer Luft ins Kühlregal - ähnlich der Funktion einer Glastür - verhindert. Außerhalb der Öffnungszeiten werden unsere Kühlregale zusätzlich mittels elektrischen Energiesparrollos automatisch geschlossen und verbrauchen in diesen Zeiträumen noch weniger Energie. Aktuell evaluieren wir gemeinsam mit unseren Lieferanten intensiv den Einsatz von Glastüren. Das Einsparungspotential ist jedoch auf Grund der in der Regel sehr hohen Zugriffsfrequenz durch die häufigen Öffnungsvorgänge nicht stark ausgeprägt.

Rewe:

Offene Kühlgeräte sind nur mehr in den älteren Märkten im Einsatz und werden im Zuge von umfassenden Modernisierungsmaßnahmen unserer Standorte gegen moderne Geräte mit verschließbaren Glastüren getauscht. In den neu errichteten sowie in modernisierten Märkten wird die Abwärme der Kühlgeräte dazu genutzt, die Räumlichkeiten zu heizen. Sollten Leser:innen also noch ältere Kühlregale sehen, ist dies nur auf den Umstand zurückzuführen, dass wir noch nicht sämtliche ältere Märkte modernisiert haben.

Spar:

wir haben uns zum Ziel gesetzt, 50 % Energie einzusparen und daher haben wir uns auch alle unsere Kühlungen genau angesehen und die beste Lösung umgesetzt: Bei den offenen Kühlregalen ist es so, dass von oben nach unten ein „Vorhang“ kalter Luft nach unten fällt. Dies ist so gesteuert, dass die kalte Luft nicht in den Verkaufsraum gelangt (wenn man davor steht, fühlt es sich aber natürlich kalt an). Der Vorteil davon ist, dass wenn ein Kunde mit der Hand hineingreift, die kalte Luft an Ort und Stelle bleibt. Hätten wir vor den Kühlregalen eine Türe, dann saugt jeder Öffnungsvorgang kalte Luft in den Verkaufsraum. Da beim Milchregal aber tausende Male am Tag ein Produkte entnommen wird, würde das einen erheblichen Kälteverlust - also Energieaufwand - bedeuten. Diese Vorgänge wurden genau analysiert und dokumentiert. Offene Kühlregale sind also keine Energieverschwendung sondern im Gegenteil sogar die energiesparendere Lösung.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Lebensmittelpreise: Billiger wird's nimmer premium

Lebensmittelpreise: Billiger wird's nimmer

Eine preisliche Entspannung in den Supermärkten des Landes ist nicht in Sicht. Die Gründe für die hohen Lebensmittelpreise sind vielschichtig. Auch die Klimakrise macht sich dabei immer deutlicher bemerkbar.

Lebensmittel: "Billig war einmal"

Lebensmittel: "Billig war einmal"

Der Einkauf im Supermarkt ist einer der großen Inflationstreiber der vergangenen Monate. Im Billig-Segment kam es zu geschmalzenen Preiserhöhungen. Nun hat dieser Trend auch Bio-Produkte erfasst. - VKI-Experte Walter Hager im Interview.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang