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Vöslauer Geschäftsführer Herbert Schlossnikl
Vöslauer-Geschäftsführer und Mineralwasser-Verbands-Obmann Herbert Schlossnikl. Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Wegen Einwegpfand: "Wir sehen Kaufzurückhaltung"

Nachhaltiges Interview

Vöslauer-Geschäftsführer und Mineralwasser-Verbands-Obmann Herbert Schlossnikl über Einwegpfand, fragwürdige Geschäftsideen in der Branche und das Öko-Match Leitung vs. Mineral. 

Herr Schlossnikl, gleich zu Beginn die Grundsatzfrage: Wie nachhaltig ist Mineralwasser – in einem Land mit so gutem Leitungswasser wie Österreich? 

Da muss ich ganz offen sagen, wenn man es rein von der Nachhaltigkeit, vom CO2- Fußabdruck betrachtet, dann können wir das Match nicht gewinnen. Das heißt, bei Mineralwasser geht es in Wirklichkeit da­rum, dass wir diese natürliche Reinheit, das „Völlig-Unbehandelt“ in den Vorder­grund stellen. Und jedenfalls auch um den Convenience-Gedanken, den Unterwegs- Konsum, dass ich Mineralwasser überall dabeihaben kann.

Seit ich bei Vöslauer Mineralwasser bin, immerhin schon im 25. Jahr, ist unser Ansatz, dass wir alles tun, damit wir beim CO2-Fußabdruck möglichst weit runterkommen. Es geht um Fortschritte, insbesondere bei Verpackung und Transport. 

 

Im Durchschnitt trinkt jede:r Österreicher:in rund 90 Liter Mineralwasser pro Jahr. Wohin geht die Reise? 

Aktuell sind wir bei 84 Litern pro Kopf. Das Niveau von vor der Pandemie haben wir noch nicht erreicht. Und wenn wir zu unse­ren deutschen Nachbarn schauen, haben wir dort 125 Liter pro Kopf. Daran sehen wir die Trinkwasserqualität, die wir in Österreich haben. Die spiegelt sich im Mineralwasserkonsum wider. 

 

Was ist das Ziel in der Branche? 

Die Branche ist sehr bescheiden, was ihr Wachstum betrifft. Wir freuen uns, wenn wir ein Plus von ein, eineinhalb Prozent haben. 

Vöslauer-Geschäftsführer Herbert Schlossnikl im Gespräch mit KONSUMENT-Redakteur Markus Stingl
Der Vöslauer-Geschäftsführer im Gespräch mit KONSUMENT-Redakteur Markus Stingl. Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Konkurrenz belebt das Geschäft, heißt es. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Mitbewerb aber marginalisiert. Wie lebt es sich als unangefochtener Marktführer? 

Es lebt sich gut damit. Wir haben in etwa 40 Prozent wertmäßig Marktanteile und das über viele Jahre hinweg. Ausruhen gibt’s natürlich nicht, wir tun viel, dass wir unsere Marktführerschaft halten können. Und ganz so marginal ist die Konkurrenz natürlich auch wieder nicht: Insbesondere Römerquelle fordert uns her­aus, ebenso Waldquelle und im preissensibleren Bereich natürlich die Handelsmarken, die schon immer Gas geben und uns Pa­roli bieten wollen. 

 

Apropos Gas ge­ben: Wie sehr spürt die Mineralwasser­branche die Konkur­renz von Sodastream & Co

Ich habe den Eindruck, dass das der Bran­che das zusätzliche potenzielle Wachstum nimmt. Wie gesagt, wir schaffen in der Regel ein moderates Wachstum, wobei das für das aktuelle Jahr nicht zutrifft, da uns die Einwegpfandeinführung und der mäßig heiße Sommer nicht gerade in die Karten spielen.

 

Mit Wasser lässt sich gutes Geld ver­dienen. Auf seriöse Weise und biswei­len auch mit fragwürdiger Schlagseite. Zwei Beispiele: Klosterquell verkaufte in Österreich via Spar ein für Kinder gebrandetes Wasser (Paw Patrol), das in Griechenland abgefüllt wurde. Starzinger lieferte Mineralwasser aus Oberösterreich, abgefüllt in 0,5-Liter- Dosen, in die USA, wo es teuer verkauft wurde (Liquid Death). Was geht ihnen da als nachhaltig denkender Mensch durch den Kopf? Und wie wird so was in der Branche diskutiert? 

In der Branche wird es sehr wenig disku­tiert. 

 

Leben und leben lassen? 

Ja, so ungefähr (lacht). Da gibt es wenige, die sich outen. Liquid Death? Aus meiner Sicht ist es Unsinn. Trotzdem, in Amerika ist es durch die Decke gegangen und es ist ein Millionengeschäft. Und das Wasser für Kinder abgefüllt in Griechenland? Nach unserer Philosophie ist das nicht nach­vollziehbar.

Vöslauer-Geschäftsführer Herbert Schlossnikl
"Aus heutiger Sicht wird es für die Branche ein Minus-Wachstum geben." Ein maßgeblicher Grund: Die Einführung des Einwegpfands. Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Gerade das Starzinger-Beispiel ist ein recht plakatives Beispiel für eine Gene­ralkritik, mit der die Branche bisweilen konfrontiert wird: Dass Mineralwasser­firmen ein öffentliches Gut kommer­zialisieren. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?

Die Problema­tik taucht dann auf, wenn Wasserknappheit besteht, also die Frage aufkommt: Versorgt man die Bewohner einer Region oder macht man ein Geschäft damit. Diese Konkurrenzsituation ist in Österreich nicht da. Bei 84 Liter Mineral­wasser pro Kopf sind wir weit weg davon, was an Trinkwasser für die unterschied­lichsten Zwecke verwendet wird. 

 

Man nimmt also niemandem etwas weg, sagen Sie? 

Ja, genau. Und das andere, was man dazu sagen muss – da bin ich jetzt wieder bei der natürlichen Reinheit: Mineralwässer dürfen nicht behandelt werden, auch nicht z. B. mit Ozon oder Chlor. Bei Leitungswas­ser ist das zulässig. So hat der Konsument mit Mineralwasser die Möglichkeit, in den Genuss der obersten Qualität von Wasser zu kommen. 

 

Sie haben es bereits kurz angespro­chen, Thema Einführung Einwegpfand per Jänner 2025. Wie lautet Ihre Zwi­schenbilanz? 

Aus heutiger Sicht wird es für die Branche ein Minus-Wachstum geben. Wir sehen eindeutig eine Kaufzurückhaltung, insbe­sondere im Bereich Vorratsgebinde. Es gibt kleinere und größere Faktoren, z. B. die Verwirrung am Beginn hinsichtlich der Kennzeichnung und das Automatenthema. Aber ich denke schon, dass es sich im Mineralwasserbereich in den nächsten ein, zwei Jahren wieder einschwingen wird. Was wir aber auch sehen: Eine Ver­haltensänderung in Richtung Mehrweg. Bei Vöslauer haben wir heuer sowohl bei PET-Mehrweg wie auch bei Glas-Mehrweg ein zweistelliges Plus.

Vöslauer-Geschäftsführer Herbert Schlossnikl
Schlossnikl freut sich bei PET-Mehrweg und Glas-Mehrweg über ein zweistelliges Plus. Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Mehr Mehrweg ist aus ökologischer Sicht gut. Es gibt aber auch den grauen Gegentrend. Inzwischen verkauft z. B. Rauch ihren 0,5-Liter-Eistee nicht nur im PET-Gebinde, sondern auch im Tetrapak, inklusive großer „Ohne Pfand“-Aufschrift. Könnte das Pfand­system dazu führen, dass weniger nachhaltige Verpackungen ein starkes Comeback feiern?

Ich glaube, bei Tetra wird es Zuwachsraten geben. Es soll auch im Wasserbereich mit Halbliter kommen. In Deutschland gibt’s das schon. Wir gehen davon aus, dass das in Rand­bereichen und in ge­wissen Vertriebskanälen stattfinden wird. Tetra wird trotz­dem nur eine unterge­ordnete Rolle spielen. 

 

Sie haben 2019 den Standpunkt vertreten, dass ein Pfandsystem bei Einweg- PET nicht zielführend sei. Was sagen sie nun anno 2025? 

Damals habe ich es als nicht zielführend gesehen, weil der Aufwand für die Etablie­rung dieses neuen Systems sehr hoch war. Offensichtlich ließ sich der Einfluss der EU und der Länder rund um Österreich nicht abwenden. Zudem wurde der ARA nicht die Chance eingeräumt, zu bewei­sen, dass sie auch im alten, freiwilligen System die geforderte Rücklaufquote von 90 Prozent erreichen kann. Jetzt im Nachhinein betrachtet muss ich sagen: Das Littering-Thema, das hätten wir mit einem freiwilligen System so nie gelöst. 

 

Littering, also das achtlose Wegwerfen von Müll in der Natur, wird besser? 

Ja, das wird eindeutig besser. Diesen Move in Richtung Mehrweg, der gerade statt­gefunden hat, den hätte es in der Form auch nicht gegeben. Also, der Aufwand war sehr groß, doch das System, so wie es jetzt vorhanden ist, ist ein sehr gutes Sys­tem. Und es ist auch gewährleistet, dass das Recyclingmaterial in Österreich in den Kreislauf geht, dass die Industrie zu 90 Prozent auf das Material zugreifen kann.

Vöslauer-Geschäftsführer Herbert Schlossnikl
Die Kritik des VKI-Greenwashing-Checks "nehmen wir natürlich ernst", sagt Schlossnikl. Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Die Exportquote von Vöslauer liegt bei 21 Prozent, jeder fünfte Liter geht ins Ausland. Ist es aus Nachhaltigkeits­sicht nicht zumindest fragwürdig, Mineralwasser 1.000 Kilometer nach Norddeutschland zu transportieren? 

Die Zeiten von Evian, wo Mineralwasser rund um den Globus transportiert wurde, sind vorbei. Rund um das Land Österreich? Das ist ökologisch vertretbar. Wir haben das Ziel, den Exportan­teil zu verdoppeln. Export bedeutet bei Vöslauer de facto fast ausschließ­lich Deutschland. Dort kommt uns entgegen, dass wir im kombinier­ten Verkehr fahren. Mit einer Wachstums­strategie in Deutsch­land können wir also gleichzeitig unsere Bahn­kilometer nach oben schrau­ben. In Österreich haben wir bei den Transportkilometern einen Schienen­anteil von lediglich 20 Prozent.

 

Wie sehr schmerzen Auszeichnungen für Vöslauer wie der „Werbeschmäh des Jahres“ oder ein Auf-die-Finger- Klopfen vom VKI beim Greenwashing- Check? Oder nehmen Sie es sportlich und die Kritik durchaus ernst? 

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen. Doch die Kritik nehmen wir natürlich ernst. Es ist wichtig, dass wir darüber nachdenken, ob die Kritik berechtigt ist. Wenn ja, stellen wir uns die Frage, was wir damit machen. Es ist uns extrem wichtig, dass wir insbesondere im Be­reich Nachhaltigkeit seriös und transpa­rent auftreten.

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