Sturm im Wasserglas?
All diese Abfüller zapfen Trinkwasser in Österreich kostenlos. Findet hier ein Ausverkauf unseres Grundwassers statt, aus dem wir unseren Trinkwasserbedarf decken? Manfred Eisenhut, Leiter des Bereichs Wasser in der ÖVGW, dem Branchenverband der Wasserversorgungsunternehmen, beruhigt: „Die Studie Wasserschatz Österreich erhob 2021 den Bedarf für die Wasserversorgung der Haushalte in Österreich mit 753 Mio. m3 Grundwasser pro Jahr. Glaube ich der Homepage der Mineralwasserabfüller, so füllen die im Jahr 724.000 m3 in Flaschen ab – das ist nicht mal ein Promille.“
Auch Roman Neunteufel, Wasserexperte an der Universität für Bodenkultur in Wien und Autor der Wasserschatz-Studie, bestätigt: „Die Wasserentnahme in Form abgefüllter Flaschen ist in Summe marginal – im Vergleich zu den Mengen, die über Wasserleitungen entnommen werden.“ Also bloß ein Sturm im Wasserglas?
Dass die genannte Abfüllmenge der Mineralwasserabfüller als Vergleichsgröße wohl deutlich zu kurz greift, zeigt ein Blick nach Vorarlberg. Die Firma Rauch, einer der großen Wasserabfüller in Österreich, darf laut Bewilligung bis zu rund 190 Liter pro Sekunde bzw. 5 Mio. m3 im Jahr entnehmen. Das sei laut Amt der Vorarlberger Landesregierung im grundwasserreichen Walgau vertretbar, es könnten dort bis zu 2.830 Liter pro Sekunde zusätzlich entnommen werden, ohne die geltenden ökologischen Parameter zu gefährden.
Wasserverbrauch in Österreich
Die Studie Wasserschatz Österreich ermittelte den trinkwasserrelevanten jährlichen Grundwasserbedarf in Österreich mit etwa 1,2 Mrd. m3. Davon entfallen, wie erwähnt, 753 Mio. m3 (61 Prozent) auf die Wasserversorgung der Bevölkerung, 353 Mio. m3 (29 Prozent) auf Industrie und Gewerbe und 118 Mio. m3 (10 Prozent) auf die Landwirtschaft. Aktuell wird kein Grundwasserkörper in Österreich übernutzt. Die Studie prognostiziert aber, dass durch die Auswirkungen des Klimawandels die verfügbaren Grundwasserressourcen in Österreich bis 2050 von derzeit 5,1 Mrd. m3 auf 3,9 Mrd. m3 abnehmen und sich gleichzeitig der Wasserbedarf durch Klimawandel und Bevölkerungszunahme um 11 bis 15 Prozent, in einigen Gemeinden sogar um bis zu 50 Prozent, erhöhen könnte.
Droht eine Privatisierung?
Internationale Beispiele zeigen, welch verheerende Wirkung eine Privatisierung der Wasserversorgung für die Bevölkerung haben kann, wenn private Gewinninteressen ins Spiel kommen. Nicht zuletzt deshalb beschloss der österreichische Nationalrat 2019 in einem Bundesverfassungsgesetz: „Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere dazu, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten.“
Wem es gehört
Laut österreichischem Wasserrechtsgesetz ist Oberflächenwasser wie in Seen und Flüssen meist sogenanntes öffentliches Gut. Grundwasser hingegen gehört den Eigentümer:innen des Grundstücks darüber und darf von diesen für den Eigenbedarf bewilligungsfrei genutzt werden. Möchte jemand das Grundwasser darüber hinaus nutzen, etwa für die Wasserversorgung der Bevölkerung, für Zwecke der Industrie oder Landwirtschaft, braucht es eine Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde.
Das ist die Bezirksverwaltungsbehörde und bei größeren Wasserentnahmen der Landeshauptmann/die Landeshauptfrau. In dem Bewilligungsverfahren wird geprüft, ob die beantragte Wasserentnahme weder öffentlichen Interessen widerspricht noch die notwendige Wasserversorgung gefährdet. Ist das der Fall, ist die Bewilligung – befristet – zu erteilen.
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