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Warmes Grundwasser: Person hält die Hand in Leitung von öffentlichem Brunnen
Bild: Shutterstock/mariait

Warmes Grundwasser: Warum die Temperatur steigt

Die steigenden Lufttemperaturen durch die zunehmenden und langen Hitzeperioden heizen auch Oberflächen- und Grundwasser auf. Im Wasserleitungsnetz erwärmt sich das Wasser zusätzlich. Städte sind dabei besondere Hitzepole.

In Zentraleuropa sind Bäche und Seen bereits um 1,5 bis 2 Grad wärmer als noch vor 40 Jahren. Selbst das Grundwasser, aus dem wir unser Trinkwasser beziehen, wird messbar wärmer. Die steigenden Lufttemperaturen mit langen Hitzeperioden schlagen voll auf die Wassertemperaturen durch. Auch weil die natürliche Kühlung der Flüsse durch Schneeschmelze und Gletscherwasser immer mehr ausfällt.

Warmes Grundwasser

Änderungen der Lufttemperatur erwärmen das Wasser in allen Abschnitten der Trinkwasserversorgung. Dies betrifft das Grundwasser selbst ebenso wie die nachfolgenden Prozesse im Versorgungsnetz, in der Aufbereitung, der Speicherung und Verteilung bis hin zu den Haushalten. Die Zunahme der Grundwassertemperatur für den Zeitraum von 2008 bis 2018 beträgt im Mittel etwa 0,03 Grad pro Jahr, in manchen Grundwasserkörpern deutlich mehr – so etwa im Grundwasserbegleitstrom der Mur 0,05 Grad, schreibt die 2021 publizierte Studie „Auswirkungen von erhöhten Wassertemperaturen bei der Trinkwassergewinnung, Trinkwasserspeicherung und Trinkwasserverteilung“. 

Nach einer anderen Messreihe nahmen die durchschnittlichen Grundwassertemperaturen im Zeitraum 1976 bis 2006 zwischen 0,3 bis 1,2 Grad zu. Aus den Daten dieser Zeitreihe lässt sich ein Anstieg von 0,5 bis 1,0 Grad pro 1,0 Grad Lufttemperaturzunahme ableiten – je nach lokaler Grundwassersituation. Eine Studie an Messstellen in Bayern zeigt, dass in 20 Metern Tiefe das Wasser im Mittel bereits fast ein Grad wärmer ist als vor 30 Jahren.

Falle Wasserleitungsnetz 

Noch deutlich höher als die Grundwassererwärmung ist die Erwärmung des Wassers im Wasserversorgungsnetz mit 0,06 bis 0,08 Grad pro Jahr. Wassertemperaturen von über 20 Grad bei den Abnehmer:innen seien keine Seltenheit (mehr), so die Studie. Denn das Wasser in der Leitung reagiert schneller und stärker auf Änderungen der Lufttemperatur. Zu warmes Wasser im Sommer kann verschiedene Ursachen haben, wie oberflächennahes Grundwasser, zu hohe Wärme entlang der Trinkwasserrohrleitungen bzw. lange Wasserzuleitungen, in denen das Wasser die Temperatur des umgebenden Bodens oder Gebäudes annehmen kann. 

Auch eine unzureichende Wasserentnahme, sodass das Wasser lange in der Leitung steht, und Wasserspeicher, die sich in Hitzeperioden erwärmen, können eine Ursache sein. So kommt es in ausgedehnten Trinkwasseranlagen in heißen Sommermonaten immer häufiger zu Kaltwassertemperaturen, die sowohl an den Entnahmestellen als auch im Verteilersystem die 25 Grad überschreiten, die die Trinkwasserverordnung als maximal zulässigen Indikatorparameter für Kaltwasser definiert. 

Forderung nach Monitoring

Als Faustregel gilt: Kaltwasser sollte, wenn es 30 Sekunden gelaufen ist, maximal 25 Grad haben – besser wären 20 Grad. Die positive Nachricht, so die Studie zu den Auswirkungen: Es wurden keine Hinweise gefunden, dass die Erwärmung des Wassers den mikrobiologischen Zustand des Trinkwassers bereits verschlechtert hätte. Das wäre aber auch nicht zu erwarten gewesen, denn das regelmäßig kontrollierte Trinkwasser sei nährstoffarm und biologisch stabil und werde, wenn nötig, desinfiziert. 

Die Studienautor:innen mahnen aber verbesserte Monitoringstrategien ein, die den Einfluss der Temperaturbedingungen von der Wasserfassung bis zur Entnahmestelle möglichst kontinuierlich erfassen und so gefährdete Netzbereiche rasch erkennbar machen. Um die Temperaturerhöhung im Wasserleitungsnetz zu verringern, sollte bei Maßnahmen wie Beschattung, Verlegetiefe und Rohrmaterial angesetzt werden.

Ökosystem Grundwasser 

Das Grundwasser ist ein sensibles Ökosystem, in dem Mikroorganismen und eine Vielzahl von kleinen Tieren wie Asseln, Flohkrebse, Milben, Schnecken und Würmer leben. Eine höhere Wassertemperatur setzt diese unterirdischen Ökosysteme unter Druck, die an sehr konstante Temperaturen angepasst sind. Die Wassertemperatur ist ein Schlüsselparameter, der verschiedene physikalische, chemische und mikrobiologische Vorgänge beeinflusst, und bei steigenden Temperaturen beispielsweise zu einer Abnahme des Sauerstoffgehalts und einem niedrigeren pH-Wert führt. 

Verlust an Biodiversität

Erwärmt sich das Grundwasser, verbrauchen vorhandene Organismen mehr Sauerstoff, während sich Sauerstoff zugleich in wärmerem Wasser schlechter löst als in kaltem. Geht der Sauerstoff zur Neige, kommt es zu einem Verlust an Biodiversität. Und die Bakterien greifen in einer Kettenreaktion auf andere vorhandene Stoffe zu – zuerst auf Nitrat, dann auf Eisen, sie setzen Sulfat in übel riechenden Schwefelwasserstoff um und es kommt zur Bildung von Methan im Wasser. Eisen und Schwefelwasserstoff können auch die Leitungen korrodieren. Die möglichen Beeinflussungen der Wassertemperatur im Verteilnetz sind im urbanen Bereich vielfältiger als in ländlichen Gebieten. 

Hitzeinseln in Städten

Städte haben in der Regel im Jahresdurchschnitt um drei bis vier Grad höhere Lufttemperaturen als das Umland und heizen sich auch unter der Erde stärker auf. Während die Grundwassertemperatur in der Umgebung Wiens durchschnittlich bei 10 Grad Celsius liegt, sind es im Stadtgebiet gut 14 Grad. Zusätzlich zu den Auswirkungen des Klimawandels tragen in Städten die starke Oberflächenversiegelung und eine umfangreiche Untergrundinfrastruktur wie U-Bahn- und Straßentunnel, Parkgaragen, Keller, Kanalsystem, Fernwärmeleitungen und thermische Nutzung des Grundwassers zur Erwärmung des Untergrunds bei. In Städten gibt es nicht nur an der Oberfläche, sondern auch im Untergrund bereits Hitzeinseln, Bereiche, wo das Grundwasser 20 Grad und mehr hat, wie Messungen an 700 über ganz Wien verteilten Messstellen im Oktober 2021 und im April 2022 ergaben. An einem Punkt im Prater belief sich die Temperatur sogar auf 30 Grad, wo eine schlecht isolierte Fernwärmeleitung als Wärmequelle identifiziert wurde. 

Es sei eine Reglementierung nötig, dass eine thermische Nutzung des Grundwassers zwischen Kühlung und Wärmegewinnung ausgeglichen sein muss, analysiert Christian Griebler vom Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie der Universität Wien. Es brauche auch Gesetze, die vorschreiben, den ökologischen Zustand des Grundwassers zu erheben, die Grundwasserqualität und unterirdischen Lebensräume zu schützen und die Nutzungskonflikte im Untergrund zu berücksichtigen. Während für Bäche, Flüsse und Seen seit Langem ein Bewertungssystem für die Wasserqualität bestehe, fehle es noch an der Vergleichbarkeit von Grundwasserkörpern. Dabei befindet sich etwa hundertmal mehr Süßwasser im Untergrund als in Oberflächengewässern.

Wärmendes Kühlwasser 

2021 ergab eine Untersuchung in zehn europäischen Seen, darunter der Mondsee, Wörthersee und Neusiedler See, für den Zeitraum 1966 bis 2015 eine durchschnittliche Erwärmung um fast drei Grad. Wasserknappheit und steigende Wassertemperaturen können auch Auswirkungen auf das europäische Stromnetz haben. In Frankreich musste im Sommer 2022 für zahlreiche Atomkraftwerke eine Notverordnung erlassen werden, damit die AKWs Kühlwasser mit einer höheren Temperatur einleiten durften, als zum Schutz der Natur eigentlich vorgesehen war.

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Bild: Sergey Zaykov/Shutterstock.com

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