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Iglo Atlantik Lachs
Iglo Atlantik Lachs: Das linke Bild unterscheidet sich vom rechten durch 30 Gramm. Bild: VKI

Iglo wegen Shrinkflation verurteilt

Darfs ein bisschen kleiner sein? Die Iglo Austria GmbH hatte den Tiefkühlfisch „Iglo Atlantik Lachs“ schrumpfen lassen. Wir haben geklagt. Jetzt hat das Oberlandesgericht Wien die Täuschung als irreführend eingestuft und das Unternehmen verurteilt.

Iglo ist nicht allein. In den vergangenen Jahren haben immer wieder Hersteller ihre Kund:innen mit Mogelpackungen getäuscht: Sie verstecken wenig Inhalt in übergroßen Verpackungen. Einige dieser Fälle haben wir vor Gericht gebracht. Manners Mozart Mignon-Schnitten waren 2023 ein bekanntes Beispiel. Eine der Mogelpackung verwandte Form der Kundentäuschung im Lebensmittelbereich ist die „Shrinkflation“. Im August 2025 haben wir dazu über 60 Produkte benannt: Shrinkflation: Weniger fürs gleiche Geld! Dabei wird die Füllmenge eines Produkts zu verringert, ohne den Preis anzupassen oder die Verpackung sichtbar zu verändern. Es handelt sich um eine Preissteigerung, die für Verbraucher:innen nur schwer erkennbar ist. 

Von 250 auf 220 Gramm reduziert

Konkreter Anlass unserer Klage gegen Iglo war das Tiefkühlprodukt „Atlantik Lachs“. Iglo hat im Februar 2023 dessen Füllmenge von 250 Gramm auf 220 Gramm reduziert, ohne dass dies für Verbraucher:innen klar erkennbar war. Das Handelsgericht Wien hat uns in erster Instanz Recht gegeben. Iglo hat dagegen berufen. Nun bestätigt auch die zweite Instanz, das Oberlandesgericht Wien die Irreführung. Das Urteil ist rechtskräftig.

So argumentiert das Gericht

Nach Ansicht der Gerichte erwartet der durchschnittliche Verbraucher für denselben Preis auch ein inhaltlich unverändertes Produkt. Verringert das Unternehmen die Füllmenge, ohne dass dies für Verbraucher:innen klar erkennbar ist, liegt eine Täuschung über Preis und Beschaffenheit der Ware vor. Beim Atlantik Lachs war die tatsächliche (geringere) Füllmenge durchaus korrekt auf der Verpackung angegeben. Das aber ändert nach Ansicht der Gerichte nichts: Zum einen fehle es an einer besonderen Auffälligkeit der Angabe; zum anderen rufe eine Gewichtsangabe – wie etwa „220 Gramm“ bei einem Tiefkühl-Lachs – keine klare Vorstellung von der tatsächlichen Menge hervor. 

Korrekter Grundpreis

Iglo hatte sich in der Verhandlung auf den korrekt ausgewiesenen Grundpreis berufen. Der aber, so das Gericht, kann die Täuschung über den Preis nicht verhindern. Denn der Grundpreis diene dem Vergleich zwischen verschiedenen Produkten und nicht dem Vergleich mit einem früheren Preis desselben Produkts.

"Systematisch in die Irre geführt"

Portrait Dr.in Petra Leupold LL.M. (UCLA) - VKI-Juristin
Dr.in Petra Leupold LL.M. (UCLA) - VKI-Juristin Bild: VKI

„Das Urteil ist ein starkes Zeichen im Kampf gegen Praktiken, mit denen Preiserhöhungen versteckt werden und Verbraucher:innen systematisch in die Irre geführt werden“, kommentiert Dr. Petra Leupold, Chefjuristin im VKI, das Urteil. Leupold weiter: „Es hat nicht nur Bedeutung für das konkrete Produkt, sondern Signalwirkung für den gesamten Markt“. Erfreulich sei, dass Iglo nun die Füllmenge des Produkts wieder auf 250 Gramm angehoben habe.

"Sie haben sich dran gewöhnt"

Iglo hat nicht nur im Umgang mit den Kund:innen eine gewisse Unverfrorenheit gezeigt. Ein Blick in das Urteil zeigt, dass der Marktführer im Bereich Tiefkühlkost auch vor Gericht originell denkt. 

Ein Argument von Iglo in der Berufung war: Die Verbraucher haben sich an die verringerte Füllmenge des „Atlantik Lachs“ eh schon gewöhnt. Daher bitte die Klage des VKI abweisen. Das Gericht antwortet in seinem Urteil auf S 25: Welchen Einfluss diese inhaltslose Behauptung auf die Entscheidung haben sollte, vermag Iglo nicht schlüssig darzulegen. Und weiter: „Würde man eine Gewöhnung der Verbraucher an irreführende Geschäftspraktiken annehmen“, (…) und „das Verstreichen einer gewissen Zeit [den Rechtsbruch] `heilen´“, dann wäre das „gleichsam ein Freibrief für (unentdecktes) lauterkeitswidriges Verhalten“.

"Widersprüche zum EU-Recht"

Iglo wollte den Fall auch dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, um, Zitat, „Widersprüche zum EU-Recht zu vermeiden“. Antwort des Gerichtes: Es liegt kein Widerspruch gegen EU-Recht vor. „Die Anregung der Beklagten war folglich nicht aufzugreifen.“

Lesen Sie das vollständige Urteil auf verbraucherrecht.at: OLG Wien verurteilt Iglo wegen Shrinkflation

 

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