Zum Inhalt
Kreuzfahrtschiff stößt dunklen Rauch aus dem Rauchfang aus, daneben ein Regenbogen
Greenwashing: MSC Cruises - gibt es klimaneutrale Kreuzfahrten? Bild: lazyllama/Shutterstock

Greenwashing: MSC Cruises - klimaneutrale Kreuzfahrten?

MSC Cruises: Das Kreuzfahrtunternehmen inszeniert sich in einer ­Klimaschutzkampagne als grüner Vordenker.

Wie viel Tiefgang hat diese Aktion?

Was uns stutzig gemacht hat

Eine Konsumentin schrieb uns: „Im TV kommen derzeit Werbeeinschaltungen von MSC. Da werden die Kreuzfahrten mit ihren Schiffen als sooo grün und umweltfreundlich dargestellt. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Auch uns hat die Werbekampagne „Entdecken Sie die Zukunft der Kreuzfahrt“ von MSC Cruises stutzig gemacht. Sie ist eine der ersten Kampagnen der Branche, die das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rücken.

Der Check: „Können Kreuzfahrten klimaneutral werden?“

In der Werbekampagne beantwortet MSC die Frage „Können Kreuzfahrten jemals klimaneutral werden?“ mit „Wir glauben, sie können“. Faktum ist, die Branche ist davon ­seemeilenweit entfernt. Es würde den Rahmen sprengen, detailliert darzulegen, warum Kreuzfahrten seit Jahrzehnten zu den absoluten Klima- und Umweltkillern zählen. Einige Punkte seien aber erwähnt. Allen voran der verwendete Treibstoff, vielfach immer noch: Schweröl. Das befeuert tagtäglich den Klimawandel.

Rückstände im Meer entsorgt

Schweröl hat im Vergleich zu herkömmlichem Diesel/Benzin zudem einen deutlich höheren Schwefel- bzw. Schadstoffgehalt. Rückstände (Schlämme), die bei der Verbrennung im Schiffsmotor anfallen, wurden (und werden bisweilen immer noch illegal) im Meer entsorgt. Feinstaubmessungen auf dem Deck von Schiffen zeigen erschreckend hohe Werte.

Warnung: Abgase von Kreuzfahrtschiffen

Die Deutsche Lungenstiftung warnt daher seit Jahren vor den Gefahren der Abgase von Kreuzfahrtschiffen. Partikelfilter sollen Abhilfe schaffen, sind aber gerade für die großen Schiffe noch gar nicht marktreif.

Klima­neutral mit Flüssiggas?

MSC hat 2021 verkündet, sein Kreuzfahrt-Business bis 2050 auf klima­neutral zu trimmen. Um vom Schweröl wegzukommen, setzt man bei neuen Schiffen auf Flüssiggas. Weniger Luftschadstoffe, ja. Klimatechnisch hat das aber eher überschaubaren Nutzen, denn auch Flüssiggas ist ein fossiler Brennstoff.

MSC im unteren Drittel

Wie schaut der Status quo im Vergleich zur Konkurrenz aus? Der deutsche Naturschutzbund NABU bringt seit zehn ­Jahren ein Kreuzfahrtranking heraus. In der 2022er-Version rangiert MSC im unteren Drittel. NABU fasst zusammen, dass „von den Unternehmen vor allem schöne Worte und Ankündigungen kommen, bislang aber nur wenig konkret umgesetzt wird“. Und wie gesagt: MSC ist für NABU eher nur Mitläufer als Frontrunner. Vorneweg navigiert Hur­tigruten Norway. Aber auch die ­erreichen gerade einmal die Hälfte der möglichen Punkte.

NABU fordert von der Branche, bis 2040 vollständig klimaneutral zu operieren, nur so bringe man das Kreuzfahrt-Business auf Kurs der Klimaschutzziele von Paris.

Was sagt MSC dazu?

Das Schifffahrtsunternehmen MSC mit Sitz in Genf hat unsere Fragen nicht sofort beantwortet und bat um Friststreckung. Sie finden die Antworten im Wortlaut (Englisch) unten in den Downloads. In der Stellungnahme wird klar, dass für MSC die Schlüsseltechnologie, um das Ziel Klimaneutralität zu erreichen, Wasserstoff ist.

Für synthetische Kraftstoffe

Aber dafür, erklärt MSC, müssten sich die Erzeugung von erneuerbarem Strom und synthetischen Kraftstoffen sowie der Bau der ent­prechenden Infrastruktur raschest ­beschleunigen. Das lässt tief blicken. Man setzt auf technologischen Fortschritt, fischt in Wahrheit aber in trüben Gewässern. Oder wie es ein MSC-­Manager 2021 in einem Interview ­formuliert hat: „2050 werden wir klima­neutral. Wir wissen heute nur noch nicht, wie es geht.“

Fazit: Fahrverbote für Fjorde

Kreuzfahrten boomen, die Nachfrage nach dieser Art zu reisen ist ungebrochen. Insofern ist es begrüßenswert, dass die Reedereien das Thema Umwelt- und Klimaschutz zumindest am Radar haben. Die Frage ist freilich, ob sie es marketingtechnisch ausschlachten müssen. Denn die politischen ­Rahmenbedingungen geben ihnen ohnedies vor, dass sie „grün“ werden müssen.

Abkommen zum Schutz der Weltmeere

Ein Beispiel: Vor Kurzem hat es eine Einigung auf ein UNO-Abkommen zum Schutz der Weltmeere gegeben. Das wird auch die Kreuzfahrt-Branche zu spüren bekommen. Politische Restriktionen, also Fahrverbote für fossil ­betriebene Schiffe, werden über kurz oder lang Realität werden. Für gewisse Fjorde in Norwegen gelten solche schon.

Ist MSC ein Vorreiter?

Fast die ganze Welt will bis 2050 klima­neutral sein. MSC Cruises auch. Ist MSC damit ein Vorreiter? Nicht wirklich. Schmückt man sich mit Selbstverständlichkeiten, lässt das tief blicken.

Melden Sie Greenwashing

Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns!
Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns! Bild: VKI

Sie sind über ein dreistes grünes Werbe­versprechen gestolpert? Helfen Sie mit bei unserer ­Offensive gegen Greenwashing! Ein Formular dafür finden Sie auf konsument.at/greenwashing

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

AUA: wegen Greenwashing verurteilt

AUA: wegen Greenwashing verurteilt

Ein „CO2-neutraler Flug“ nach Venedig mit 100 % nachhaltigem Treibstoff: Ein Gericht verurteilte die AUA wegen Irreführung.

Werbung für Flugreisen? Widersinnig! BLOG

Werbung für Flugreisen? Widersinnig!

Warum ich kurz Bedenken hatte, ob nicht womöglich ein Seilbahn-Lobbyist in mir schlummert. Und was eine Studie zum Thema Flugreisen damit zu tun hat.

Kreuzfahrten - Sicher und schmutzig

Kreuzfahrten - Sicher und schmutzig

"Die Passagiere können sich sicher fühlen. Sie müssen aber in Kauf nehmen, dass ihre Reisen zulasten der Umwelt und des Personals an Bord gehen.“

Kreuzfahrtschiffe  - Leistbarer Luxus?

Kreuzfahrtschiffe - Leistbarer Luxus?

Dank Massentourismus wird der Luxus einer Kreuzfahrt auch für Durchschnittsverdiener leistbar. Auf längere Sicht zahlen wir aber alle einen hohen Preis dafür.

Kommentieren

Sie können den Text nach dem Abschicken nicht nachträglich bearbeiten, Länge: maximal 3000 Zeichen. Bitte beachten Sie auch unsere Netiquette-Regeln.

Neue Kommentare können nur von angemeldeten Benutzern veröffentlicht werden.

Anmelden

0 Kommentare

Keine Kommentare verfügbar.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang