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Zahnschäden bei der Narkose - Anspruch auf Schadenersatz

Bei der Intubation vor einer Operation werden die Zahnkronen einer Patientin beschädigt. Besteht Anspruch auf Schadenersatz?

Intubation bei einer Operation (Bild: mast3r/Shutterstock)

Der Fall: Bei einer Patientin muss die Schilddrüse operativ entfernt werden. Vor dem Eingriff weist sie mit Hinblick auf die Intubation bei der Narkose im Spital extra darauf hin, dass sie mehrere Zahnkronen trägt. Bei der vorgeschriebenen Aufklärung über Risiken und Verlauf der Narkose gehen die Anästhesisten jedoch nicht auf die Möglichkeit ein, dass der Zahnersatz beim Eingriff geschädigt werden kann.

Neue Kronen kosten viel Geld

Als die Patientin nach dem Eingriff versucht, feste Nahrung zu sich zu nehmen, bemerkt sie, dass eine der Zahnkronen nicht mehr fest sitzt. Nach der Entlassung aus dem Spital sucht sie deshalb zwei niedergelassene Zahnärzte auf. Diese bestätigen ihr beide, dass die Beschädigung der Zahnkrone zweifelsfrei auf den Intubationsvorgang zurückzuführen ist. Eine entsprechende zahnmedizinische ­Revision würde nach den Heilkostenplänen der Zahnärzte Kosten im vierstelligen Bereich ausmachen.

Zahnärztliches Gutachten

Intervention: Die von der Patientin involvierte Tiroler Patientenvertretung fordert die Krankenanstalt zu einer Stellungnahme auf. In dieser weist das Spital darauf hin, dass ein Schaden, wie er bei der Patientin eingetreten ist, bei einer Intubation nie zur Gänze ausgeschlossen werden kann. Der Schadensfall hätte jedoch in den Krankenunterlagen beziehungsweise im Pflegebericht dokumentiert werden müssen, was nicht geschah. In weiterer Folge konfrontiert die Patientenvertretung die Haftpflichtversicherung der Krankenanstalt mit dem Vorfall und legt dabei die eindeutigen zahnärztlichen Expertisen vor.

Beatmungsschlauch im Hals

Ergebnis: Nach Prüfung der Befunde zeigt sich die Haftpflichtversicherung bereit, sämtliche bei der Sanierung der Intubationsschäden anfallenden Kosten zu übernehmen.

Fazit: Der Tiroler Patientenvertretung sind meh­rere Fälle bekannt, bei denen es bei Patienten infolge einer Intubationsnarkose zu Zahnschäden gekommen ist. Aufgrund der Narkosetechnik sind derartige Vorfälle allerdings nicht auszuschließen und lassen sich selbst bei ­größter Vorsicht durch die Anästhesisten nicht immer vermeiden. Allerdings ist der behandelnde Arzt dazu verpflichtet, den Patienten vor dem Eingriff über sämtliche Risiken der gewählten Narkotisierungsmethode aufzu­klären.

Sorgfalt bei Kronen

Dabei ist (beispielsweise mittels Fragebogen) auch abzuklären, inwieweit beim ­Patienten Zahnprobleme vorliegen beziehungsweise ob der Patient einen Zahnersatz trägt. Besondere Sorgfalt ist bei überkronten Zähnen notwendig, da diese aufgrund der druck­empfindlichen Oberfläche bei einer Intubation leicht herausbrechen können. Der Patient wiederum sollte den Arzt hinsichtlich bestehender Vorschädigungen beziehungsweise Beeinträchtigungen informieren. Kommt es infolge des Narkotisierungsvorgangs zu einer Schädigung von Zähnen oder Zahnersatz, so ist zu prüfen, ob diese auch bei sorg­fältigster Vor­gehensweise vermeidbar gewesen wären. ­

Haftung für Zahnschaden möglich

Liegen Anzeichen für eine nicht sachgerecht durchgeführte Allgemeinanästhesie vor und geht der Zahnschaden auf einen möglicherweise vermeidbaren Behandlungsfehler zurück, kann selbst dann ein Haftungsanspruch des Patienten gegenüber der Krankenanstalt bestehen, wenn über die möglichen Risiken umfassend aufgeklärt wurde.

VKI-Kooperation mit Patientenanwaltschaft Tirol

In unserer Rubrik "Patientenanwaltschaft" berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befasst sind.

Die Tiroler Patientenvertretung setzt sich dafür ein, dass Patientinnen und Patienten besser über Nutzen und Risiken von Eingriffen im Spital aufgeklärt werden.

 

Tiroler Patientenvertretung
Meraner Straße 5,
6020 Innsbruck,
Tel. 0512 508-7702,
Fax 0512 508-7705
E-Mail: patientenvertretung@tirol.gv.at  
www.tirol.gv.at/patientenvertretung

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