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Zalando: VKI klagt gesetzwidrige Klauseln - Wer „Lieferbar“ schreibt, muss liefern

Schluss mit Warten: Wenn man bei Zalando etwas bestellt, darf man jetzt davon ausgehen, dass man es zu bekommen hat. Das hat das Handelsgericht Wien nach unserer Klage bestätigt. - Wussten Sie, dass Facebook mitschreibt, wenn Sie auf Zalando surfen?

Der Zalando-Werbespot ist frech ("Schrei vor Glück“), das Kleingedruckte auch und für unsere Juristen ein Schatzkästchen. Wir haben den Internetversandhändler Zalando geklagt und gewonnen. Es geht um Klauseln in den Versandbedingungen. Zalando wollte sich pauschal bei leicht fahrlässig verursachten Schäden aus der Verantwortung stehlen. Zalando hatte sich auch weitreichende Befugnisse zur Datenverwendung und Datenspeicherung einräumen wollen.

Kunde sollte warten und das Risiko tragen

Gleichzeitig hatte das Unternehmen versucht, das Risiko für die Beschaffung der Ware einseitig auf den Konsumenten abzuwälzen. Anders formuliert: Bei Produkten die als "lieferbar“ bezeichnet waren, konnte es lange dauern, bis sie geliefert wurden. Wer abspringen wollte, musste unverhältnismäßig lange warten. Das HG Wien hat nun in erster Instanz bestätigt: acht von neun eingeklagten Klauseln von Zalando sind unzulässig. Das Urteil ist – Stand 5.12.2013 - noch nicht rechtskräftig.

Händler ohne eigene Produkte

Die meisten Onlineshops funktionieren so: Sie stellen einen Katalog an Produkten ins Internet, haben aber kein Warenlager. Das ist billiger. Kauft ein Kunde, geht die Bestellung an den eigentlichen Lieferanten und der schickt die Ware – früher oder später, je nachdem. Im Fall Zalando wollte das Unternehmen für die Beschaffung der verkauften Ware kein Risiko übernehmen. Kunden sollten in bestimmten Fällen erst nach vier Wochen Lieferverzug vom Vertrag zurücktreten können. So sahen es die Versandhandelsbestimmungen des Unternehmens vor.

"Kein Schaden, da Modeartikel"

Zalando war der Meinung, der Kunde dürfe bei den Kleidungsstücken und Schuhen nicht davon ausgehen, dass diese vorrätig seien. Ein Schaden könne, so die Sicht Zalandos, dem Kunden schon deshalb nicht entstehen, weil es sich bei den Produkten vor allem um Modeartikel handle. Das Handelsgericht Wien war anderer Meinung und beurteilte diese Klauseln als unzulässig. Das Gericht bestätigte, dass sich Zalando seiner Verantwortung zur Lieferung der bestellten Ware nicht entziehen kann. Schließlich handelt es sich dabei um die Kernaufgabe des Unternehmens („Hauptleistungsverpflichtung“).

Der Kunde kann nach Bestätigung der Bestellung davon ausgehen, dass er die bestellte Ware bekommt, vor allem, wenn diese auf der Webseite als "lieferbar" bezeichnet wird. Unzulässig, weil gröblich benachteiligend für den Kunden, ist ferner die vierwöchige Rücktrittsfrist bei Verzug, innerhalb derer der Konsument an seine Bestellung gebunden bleibt.

Facebook schreibt mit

Auch das war ein Thema in dem Prozess: Wenn man auf Facebook angemeldet ist und auf die Website von Zalando geht, sammelt Facebook Daten über das Userverhalten auf Zalando. Details finden Sie auf der nächsten Seite.

Aktennummer: HG Wien 29.11.2013, 39 Cg 96/12d

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9 Zalando-Klauseln vor Gericht

Wegen dieser Klauseln klagten wir Zalando. Lesen Sie den Wortlaut und den Kommentar unserer Juristen.

Klausel 1: Ein Beschaffungsrisiko wird von uns nicht übernommen, auch nicht bei einem Kaufvertrag über eine Gattungsware. Wir sind nur zur Lieferung aus unserem Warenvorrat und der von uns bei unseren Lieferanten bestellten Warenlieferung verpflichtet.

Kommentar unserer Juristen: Wird eine bestimmte Ware zum Verkauf angeboten, vom Kunden bestellt und die Bestellung durch die Beklagte bestätigt (so ist der Bestellvorgang in den Bedingungswerken von Zalando geregelt), kann der Kunde davon ausgehen, dass die Beklagte auch tatsächlich in der Lage ist, das Bestellte zu liefern. Eine Klausel, die gerade diese Hauptpflicht des Verkäufers wieder ausschließt, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Es liegt in der Verantwortung von Zalando, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen bei Vertragsabschluss (dh bei Zugang der Bestellbestätigung) in der Lage ist, die übernommene Verpflichtung zu erfüllen. Ein allgemeiner Ausschluss des Beschaffungsrisikos gerade auch bei Gattungsschulden ist sachlich nicht gerechtfertigt. Liefert der Verkäufer eine Gattungsschuld nicht, ist er in Verzug, und der Käufer ist zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt (§ 918 ABGB). Die Klausel erweckt für den Kunden demgegenüber den Anschein, er müsse sich trotz aufrechten Vertrags damit abfinden, dass die Beklagte ihre Verpflichtung nicht erfüllt - Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 2: Die Verpflichtung unsererseits zur Lieferung entfällt, wenn wir trotz ordnungsgemäßem kongruenten Deckungsgeschäft selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden und die fehlende Verfügbarkeit nicht zu vertreten haben, Sie hierüber unverzüglich informiert haben und nicht ein Beschaffungsrisiko übernommen haben.

Wie die Beklagte zur bestellten Ware gelangt, zu deren Lieferung sie sich verpflichtet hat, ist für den Kunden weder relevant noch ersichtlich. Er geht vielmehr davon aus, dass er die bestellte Ware bekommt, insbesondere wenn sie als "lieferbar" bezeichnet wird. Die Verantwortung der Beklagten, für die nötigen Deckungsgeschäfte zu sorgen, kann nicht ohne sachliche Rechtfertigung auf den Verbraucher überwälzt werden. Die Klausel ist daher - weil sie der Beklagten einen Weg eröffnet, den Kaufvertrag aufgrund mangelnder Organisation nicht zu erfüllen - gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Für den typischen Durchschnittsverbraucher entsteht ferner der Eindruck, er bleibe an den Vertrag gebunden, wenn die Beklagte nicht in der Lage ist, zu liefern, zumal auch der Begriff "kongruentes Deckungsgeschäft" für den Durchschnittsverbraucher kaum verständlich ist. Verschleierung der wahren Rechtslage: Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 3: Dauert das Leistungshindernis in den vorgenannten Fällen über einen Zeitraum von mehr als 4 Wochen nach den ursprünglich geltenden Lieferzeiten an, so sind Sie zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz, bestehen nicht.

Der Kunde kann nach der Klausel in bestimmten Fällen bei einem Leistungshindernis in der Dauer von mehr als vier Wochen vom Vertrag zurücktreten. § 918 ABGB sieht demgegenüber sowohl beim subjektiven als auch objektiven (= unverschuldeten) Verzug das Recht vor, nach Setzung einer angemessenen Nachfrist zurückzutreten, die in vielen Fällen deutlich kürzer als vier Wochen sein kann. Der Kunde ist aufgrund der starren Grenze von vier Wochen daher möglicherweise unangemessen lang an den Vertrag gebunden. Im Verhältnis zur - in den AGB vorgesehenen - Lieferung innerhalb von fünf Werktagen erscheint die vierwöchige Frist ferner inadäquat lang - Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die in der Klausel aufgezählten Ereignisse (zB Streik) werden zwar meist, aber nicht stets unverschuldet sein. Der pauschale Ausschluss von Schadenersatzansprüchen verstößt daher gegen das Transparenzgebot gem § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 4: Verbraucher können Ihre Vertragserklärung gemäß § 5e Konsumentenschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 7 Werktagen ohne Angabe von Gründen in Textform (zB Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen.

Der - binnen sieben Werktagen nach Erhalt der Ware mögliche - Rücktritt im Fernabsatzgeschäft (§ 5e KSchG) muss nach hA nicht schriftlich erfolgen, sondern ist auch mündlich wirksam. Obwohl nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG nur die Vereinbarung von strengeren Formvorschriften für von Verbrauchern gegenüber Unternehmern abzugebende Erklärungen als die Schriftform unzulässig sind, ist § 5e KSchG als speziellere Vorschrift zugunsten des Verbrauchers zwingend (§ 2 Abs 2 KSchG). Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Durch Verweis auf § 5e KSchG wird ferner fälschlich der Eindruck erweckt, auch nach dem Gesetz sei nur ein Rücktritt in Textform zulässig: Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 5: Für dem Kunden im Rahmen der Geschäftsabwicklung zugefügte Schäden haften wir nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der für uns tätigen Erfüllungsgehilfen. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist, ausgenommen bei Personenschäden, ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt auch für Mangelfolgeschäden.

Die Klausel von Zalando schließt die Haftung für leichte Fahrlässigkeit generell aus, ohne bestimmte Ausnahmen oder eine sachliche Rechtfertigung für einen derartigen Haftungsausschluss zu nennen und erfasst daher auch die Haftung für eine Verletzung von Hauptleistungspflichten: Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB unabhängig davon, ob die Beklagte zusätzlich über eine wirtschaftliche Übermacht gegenüber dem Kunden verfügt.

Klausel 6: Wir speichern Ihre Bestell- und Adressdaten zur Nutzung im Rahmen der Auftragsabwicklung (auch durch von uns eingesetzte Auftragsabwicklungspartner oder Versandpartner), für eventuelle Gewährleistungsfälle, für Verbesserungen unseres Angebots und für Produktempfehlungen gegenüber Kunden gemäß des Inhalts unserer Datenschutzerklärung.

Die §§ 3f des - mangels Niederlassung der deutschen Beklagten in Österreich anwendbaren - BDSG sehen Informationen an den Betroffenen vor, um welche konkreten Daten es sich handelt und an wen diese gelangen sollen, auf deren Grundlage dieser seine Einwilligung zur Datenverwendung erteilen kann. Dadurch, dass die Bestell- und Adressdaten des Kunden auch durch nicht näher umschriebene Dritte ("Partner") gespeichert werden sollen, und zwar für Angebotsverbesserungen und Produktempfehlungen, wird die Reichweite der Klausel nicht ausreichend transparent.

Klausel 7: Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages einschließlich dieser Regelungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag eine nichtvorhergesehene Lücke aufweisen, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.

Sogenannte salvatorische Klauseln können nur soweit gültig sein, als sie nicht die Unwirksamkeit einer Bestimmung zu den Hauptleistungspflichten betreffen. Dort wäre der Vertrag vollumfänglich nichtig und könnte durch geltungserhaltende Reduktion nicht aufrechterhalten werden. Mangels ausreichender Unterscheidung in der Klausel muss der Kunde aber davon ausgehen, dass der Vertrag unabhängig davon aufrecht bleibt, welche Bestimmung unwirksam ist/wird. Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, aus dem auch eine Pflicht zur Vollständigkeit folgt, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben.

Abgewiesen hat das HG Wien dagegen das Klagebegehren in Hinblick auf den letzten Satz der Klausel: Demnach liegt darin kein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil das dispositive Recht auch ohne diesen Satz an die Stelle einer unwirksamen Klausel treten würde und somit nur die gesetzliche Rechtslage seiner Ansicht nach richtig wiedergegeben werde.

Klausel 8: Ihre personenbezogenen Daten werden an Dritte nur weitergegeben oder sonst übermittelt, wenn dies zum Zweck der Vertragsabwicklung oder Abrechnung erforderlich ist oder Sie zuvor eingewilligt haben. Im Rahmen der Bestellabwicklung erhalten beispielsweise die hier von uns eingesetzten Dienstleister (wie bspw Transporteur, Logistiker, Banken) die notwendigen Daten zur Bestell- und Auftragsabwicklung.

Auch wenn die Weitergabe der personenbezogenen Daten des Kunden an Dritte hier zumindest auf den Zweck der Vertragsabwicklungen oder Abrechnung bzw der Bestell- und Auftragsabwicklung beschränkt ist, ist die Klausel aus den zu Klausel 6 angeführten Gründen (siehe oben) nicht ausreichend transparent.

Klausel 9: Wenn Sie nicht möchten, dass Facebook über unseren Internetauftritt Daten über Sie sammelt, müssen Sie sich vor Ihrem Besuch unseres Internetauftritts bei Facebook ausloggen.

Das Unterlassungsbegehren wurde abgewiesen. Nach Ansicht des HG Wien betrifft die Klausel nur Kunden, die - aufgrund eines Facebook-Profils und der damit verbundenen Zustimmung zu den Datenverwendungsrichtlinien von Facebook - wissen, dass Facebook ihre Daten sammelt, die von Besuchen auf anderen Websites herrühren. Nachdem es heutzutage ferner eine weit verbreitete und allgemein bekannte Erfahrung ist, dass im Internet Spuren hinterlassen und Daten von diversen Stellen gespeichert werden, geht das HG Wien davon aus, dass die Klausel allein der Warnung und Information der Kunden dient.

Der VKI hatte argumentiert, es sei für den Kunden gröblich benachteiligend und überraschend, dass während des Besuchs auf der Homepage der Beklagten Daten von Facebook gesammelt werden.

Auf www.verbraucherrecht.at, der Website unserer Rechtsabteilung, finden Sie den vollen Wortlaut des Urteils gegen Zalando (PDF)

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