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Werbung an Volksschulen - VKI-Klage erfolgreich

Das Handelsgericht Wien urteilte: Mitteilungshefte mit zuviel Werbung sind als aggressive Werbung zu verstehen und daher verboten.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Young Enterprises Media GmbH geklagt. Anlass war ein mit Werbungen gepflastertes sogenanntes "Mitteilungsheft", das die Agentur an rund 800 Volksschulen in Österreich zur Verteilung bereitstellte. Hier lesen Sie die Vorgeschichte: Werbung in Mitteilungsheften 4/2013. Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums geklagt und sich auf das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) berufen.

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Aggressive Werbung ist verboten

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) sieht in Volksschulen zwar keine "werbefreien Zonen". Wenn aber ein Mitteilungsheft eine Vielzahl von teils auffälligen, ganzseitigen Werbungen enthalte, dann sei so etwas als aggressive Werbung einzustufen und damit verboten. Das Urteil ist – Stand 7.5.2014 - nicht rechtskräftig.

116.000 Stück in rund 800 Volksschulen

Das Werbeunternehmen Young Enterprises Media GmbH ist auf die Werbung in Schulen spezialisiert. Unter anderem gibt die Firma jeweils zu Schulbeginn ein sogenanntes "Mitteilungsheft" heraus und stellt es Volksschulen auf Anforderung gratis zur Verfügung. Dieses Angebot wird von rund 800 Volksschulen in ganz Österreich wahrgenommen. In der Regel verteilen Lehrerinnen und Lehrer die Hefte im Unterricht an die Schulkinder. Jährlich liefert das Unternehmen rund 116.000 Stück dieses Werbematerials an Volksschulen.

Werbebotschaften allgegenwärtig

Das "Mitteilungsheft" besteht aus einer Vielzahl von teils auffälligen, ganzseitigen Werbeseiten (siehe dazu Bildergalerie: Werbung im Mitteilungsheft). Diese Einschaltungen sind beim Benützen bzw. Durchblättern des Heftes allgegenwärtig. Es ist nahezu unmöglich, dass das Kind das Heft benützt, ohne die Werbebotschaften wahrzunehmen und von ihnen beeinflusst zu werden.

19 Seiten mit und 41 ohne Werbung

Das HG Wien sieht zwar die Schule nicht generell als "werbefreien Raum". Es beurteilt aber die Intensität der Werbung im "Mitteilungsheft" – 19 Seiten Werbung bei 41 Seiten ohne Werbung – als aggressive und damit verbotene Werbung.

Wenn Kinder auf unlautere Weise dazu veranlasst werden, ihre Eltern zu geschäftlichen Entscheidungen zu motivieren, die diese sonst nicht getroffen hätten, dann liege eine aggressive Geschäftspraktik vor. Die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit der Erwachsenen werde durch Kaufappelle an die Kinder wesentlich beeinträchtigt.

Grenzen für Werbung an Schulen

Dieses Urteil setzt der Werbung an Schulen – insbesondere Volksschulen – deutliche Grenzen.

Diese Schulwerbung ist für die Schulen auch keineswegs ein "gutes Geschäft". Im Gegenteil: Marketingfirmen verdienen an der Schulwerbung bestens (das Logo am Cover kostet etwa 11.110 Euro, ein gut platziertes Inserat 18.880 Euro). Die Schulen bekommen für die Durchführung der Werbemaßnahmen entweder gar nichts oder ein Butterbrot.

"Es wäre wert zu diskutieren, wie man diese zügellosen Werbeaktivitäten in Schulen besser reglementieren könnte", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


Lesen Sie auch die Einträge in unserem Forum "Kinder und Werbung".

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