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Klagen gegen MPC und Lyoness - Ins Ausland gezwungen

Verbraucherschutz ist in Österreich auf dem Papier ein hohes Gut, gerichtlich durchsetzen lassen sich gesetzliche Ansprüche jedoch nur schwer. Damit nun Lyoness-Kunden und Anleger von geschlossenen MPC-Fonds, die sich geschädigt fühlen, zu ihrem Recht kommen, ziehen wir im Ausland vor Gericht.

KONSUMENT-Förderabo - Gemeinsam sind wir stark (Bild: shutterstock.com/Dragon Images)

Die im Jahr 2003 in Graz gegründete inter­nationale Einkaufsgemeinschaft Lyoness ­Holding Europe AG lockt Kunden in Österreich mit attraktiven Rückvergütungen auf getätigte Einkäufe. Von jedem Einkauf, der bei einem der zahlreichen Partnerunternehmen getätigt wird, soll ein gewisser Prozentsatz des Kaufpreises rückvergütet werden. Besondere ­Profite werden Kunden in Aussicht gestellt, die bei Lyoness erweiterte Mitgliedsvorteile erwerben. - Lesen Sie auch Sammelklagen: In der Schublade - Kommentar von B. Matuschak

"Premium-System“ von Lyoness

Tausende Konsumenten in Österreich investierten deshalb jeweils zwischen 2.000 und 25.000 Euro in ein sogenanntes "Premium-System“. Die Investition dient als Anzahlung auf einen Warengutschein ­eines Lyoness-Partnerunternehmens. Zahlt das Mitglied beispielsweise 2.000 Euro auf einen Gutschein im Gesamtwert von 20.000 Euro an, sollte der Restbetrag (18.000 Euro) über diverse Boni und Prämien zusammen­kommen. Diese setzen sich vor allem aus ­anderen eigenen Einkäufen, der Anwerbung von neuen Mitgliedern sowie den von ihnen getätigten Umsätzen zusammen.

61 Klauseln beanstandet

Es zeigte sich jedoch, dass die Premium-Mitglieder die in Aussicht gestellten Vorteile gar nicht bzw. nur unzureichend in Anspruch nehmen können. Viele Kunden wollen deshalb ihre Verträge mit Lyoness beenden und fordern ihr eingezahltes Geld zurück. Wir gingen im Auftrag des Sozialministeriums ­bereits im Jahr 2013 mit einer Verbandsklage gegen die Einkaufsgemeinschaft vor und ­bekamen recht. Im Februar dieses Jahres ­urteilte das Handelsgericht Wien, dass nicht weniger als 61 Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und den zusätz­lichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (ZAGB) von Lyoness im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes intransparent und gröblich benachteiligend sind.

Warten auf die Gruppenklage

So weit, so gut. Wer nun allerdings darauf hofft, sein investiertes Geld bald zurückzubekommen, muss bis auf Weiteres vertröstet werden: Die Firma Lyoness legte gegen das Handelsgerichtsurteil Berufung ein. Ein rechtskräftiges Urteil ist folglich frühestens im Jahr 2016 zu erwarten.

Warten auf die Gruppenklage

Derartige Verzögerungen kennen wir aus ­anderen Fällen zur Genüge. Häufig sorgt ­bereits die Frage, ob der Verein für Kon­sumenteninformation überhaupt befugt ist, mehrere geschädigte Konsumenten parallel zu vertreten, für längerwierigen Klärungs­bedarf. "Zwar hat der Oberste Gerichtshof (OGH) grundsätzlich schon vor Längerem entschieden, dass eine Klagshäufung zulässig ist, wenn eine rechtliche und sachliche Verbindung zwischen den einzelnen Fällen ­besteht. Doch genau dieser Zusammenhang wird von den Prozessgegnern immer wieder bestritten, was zu andauerndem ­zähem gerichtlichen Streit über die Zulässigkeit eines derartigen Verfahrens führt“, sagt der Leiter des Bereiches Recht im VKI, Dr. Peter Kolba.

Notlösung Sammelklage

Unerklärlich ist für Kolba, warum die Gruppenklage nicht längst fixer Bestandteil österreichischer Rechtsprechung ist. "Das Ver­fah­ren wurde bereits in den vergangenen drei Regierungsübereinkommen festgeschrieben, doch passiert ist nichts“ - siehe auch das Sammelklage: Regierungsprogramm 2008-2013 . Die vom VKI ent­wickelte Sammelklage ist aber nicht nur der erwähnten Verzögerungen wegen eine un­befriedigende Notlösung. Denn zum einen müssen Konsumenten dazu ihre Ansprüche an den VKI abtreten, zum anderen muss der Verein die volle Haftung und damit das gesamte Rechtskostenrisiko übernehmen. Beides ist für Kolba nicht nachvollziehbar.

Höhere Kosten

"Außerdem sollte eine Sammelklage ja eigentlich kostendämpfend sein. In der derzeitigen Praxis tritt jedoch in dem Moment, in dem es zur Verhandlung kommt, genau das Gegenteil ein. Obwohl die Klage gesammelt ein­gebracht wird, wird dann doch jeder Einzelfall für sich verhandelt und damit werden ­jedes Mal wieder Anwaltskosten auf Basis der ­Gesamtsumme des ­Streitwertes fällig.“

Gruppenklage sammelt Geschädigte

Unsere Rechtsabteilung beschreitet deshalb neue Wege, indem sie sich die Rechtssysteme anderer Länder zunutze macht. Lyoness ist weltweit tätig und unterhält eine Filiale in den Niederlanden. Dort besteht die Möglichkeit eines sogenannten Gruppenvergleichs im "Opt-out-System“.

Gruppenklage sammelt Geschädigte

Hinter der neudeutschen Formulierung verbirgt sich nichts anderes als eine Gruppenklage, in der alle Geschädigten automatisch vertreten sind. Wer seine Ansprüche individuell geltend machen möchte, der muss sich aktiv aus dem Verfahren abmelden (Opt-out). Für alle, die das nicht tun, wird ein Vergleich mit der beklagten Firma geschlossen.

Schaden kalkulierbar

Die Firma zahlt dann in eine Stiftung ein, bei der Geschädigte ihre Ansprüche anmelden können. Dies hat, wie Peter Kolba erläutert, nicht nur für die Konsumenten ­Vorteile, sondern durchaus auch für die ­betroffene Firma: "Die Kunden kommen zu ihrem Geld, für das Unternehmen wird der Schaden kalkulierbar, da es nicht mit weiteren Ersatzansprüchen rechnen muss.“

Gemeinsam mit Advofin

Gemeinsam mit Advofin

Im Fall von Lyoness geht der VKI gemeinsam mit dem Prozessfinanzierer Advofin vor. Wer an der Sammelaktion teilnehmen möchte, kann sich auf Advofin: Prozessfinanzierung dafür anmelden. Das Erfolgshonorar für Advofin beträgt 25 bzw. 36 Prozent. Ein Prozesskostenrisiko besteht nicht. Falls die Klage verloren geht, fallen für die Teilnehmer weder Anwalts- noch Gerichtskosten an.

Geschädigte in anderen Ländern

Die Sammelaktion ist nicht auf österreichische Lyoness-Kunden ­beschränkt. "Wir werden unsere ­Kontakte zu internationalen Verbraucherorganisationen nutzen und abklären, ob es nicht auch in ­anderen Ländern Menschen gibt, die sich geschädigt sehen und bislang keine effiziente Möglichkeit gefunden haben, ihre Anzahlungen zurückzuerhalten", sagt Kolba.

MPC Münchmeyer & Petersen Capital AG

MPC Münchmeyer & Petersen Capital AG

Auch das deutsche Rechtssystem kennt im Gegensatz zu Österreich ein Sammelverfahren, mit dem Konsumenten, die sich durch eine Fehlberatung bei Geldanlagen geprellt fühlen, auf ihre Kosten kommen können. Das sogenannte Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) erlaubt es, in Zusammenhang mit Prospektfehlern auf prozess­ökonomische Weise vorzugehen.

Zehn Musterfälle

Der VKI nutzt das KapMuG zur Klage gegen die MPC Münchmeyer & Petersen Capital AG (MPC Capital) mit Sitz in Hamburg. MPC ist in Österreich als Ausgeberin von „geschlossenen Fonds“ aus Immobilien, Schiffen oder auch Lebensversicherungen aufgefallen. Die Wertpapiere wurden über bestimmte Banken bzw. über Vermögensberater vertrieben. Beim KapMuG bilden zehn Fälle die Basis für den dadurch vergleichsweise niedrigen Streitwert.

Ist das Verfahren zulässig?

Zuerst muss ein Gericht feststellen, ob das Verfahren im vorliegenden Fall zulässig ist. Ist dies geschehen, können Geschädigte ihre Ansprüche binnen sechs Monaten anmelden. „Dabei entstehen zwar gewisse Kosten, aber nur einmalig. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Verjährung gehemmt wird. Das Urteil gilt dann musterhaft für alle angemeldeten Fälle“, sagt Peter Kolba. Im Fall MPC ­haben 12 Geschädigte des Holland­immobilienfonds 47 in Hamburg geklagt und eine Eröffnung eines Musterverfahrens beantragt. Wird eröffnet, können sich alle Geschädigten zu überschaubaren ­Kosten daran beteiligen.

Sammelaktionen

Lyoness

Lyoness-Kunden, die sich geschädigt fühlen und noch an unserer gemeinsamen Aktion mit dem Prozessfinanzierer Advofin teilnehmen möchten, können sich auf www.advofin.at unverbindlich anmelden. Das Erfolgshonorar für Advofin beträgt 25 bzw. 36 Prozent. Ein Prozesskostenrisiko besteht nicht.

MPC

Rund 2300 Anleger beteiligen sich am Strafverfahren als Privatbeteiligte. Eine Beteiligung an den KapMuG-Klagen (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz) ist erst möglich, wenn das Gericht ein Musterverfahren eröffnet. Laufende Informa­tionen dazu auf der Website der VKI-Rechtsabteilung VKI-Rechtsabteilung: Konsumentenrecht in Österreich.
 

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