Auch Finanzstrukturfirmen wie AWD und Deutsche Vermögensberatung dürfen die offizielle Bürgerkarte vertreiben.
"In drei Minuten zu Ihrem Pensionskontoauszug“, lockt ein Werbestand im Einkaufszentrum. Dort kann man sein Handy als elektronische Bürgerkarte freischalten lassen. Beim Näherkommen stellt sich heraus: Nicht etwa eine Behörde oder Sozialversicherungsanstalt wirbt hier, sondern ein Finanzkeiler. Und der nutzt das Interesse an der Bürgerkarte für seine eigene Geschäfte: Wenn junge Leute sehen, wie wenig sie auf ihrem Pensionskonto haben, kann er ihnen vielleicht eine private Pensionsvorsorge schmackhaft machen.
A-Trust: einziger Anbieter der Bürgerkarte
Nun ist die österreichische Bürgerkarte ein durchaus seriöses Projekt. Sie soll die elektronische Kommunikation mit Behörden erleichtern. Einziger Anbieter dafür ist die Firma A-Trust, die heimischen Kammern und Banken gehört. Doch die eigentliche Registrierung für die Bürgerkarte hat A-Trust ausgelagert. Als Registrierungsstellen fungieren nicht nur Ämter, Kammern oder Sozialversicherungsinstitute, sondern auch Privatunternehmen. Darunter auch Anlageberatungsfirmen, die Geldanlagen und Versicherungen in der Vergangenheit mit nicht immer korrekten Methoden unter die Leute gebracht haben.
Anstrich der Seriosität
Wer also bei AWD oder Deutscher Vermögensberatung eine Bürgerkarte bestellt, bekommt als Zugabe möglicherweise ein Finanzprodukt aufs Aug‘ gedrückt. Wir vertreten rund 2.500 Verbraucher vor Gericht, die durch AWD-Berater finanziell geschädigt wurden. Dass solche Keilerfirmen nun mit quasi-staatlichen Unternehmen zusammenarbeiten, halten wir daher für einen Skandal. Damit wird ihnen der Anstrich der Seriosität verliehen. Rein rechtlich ist diese Kooperation zulässig. Doch offenbar haben auch manche staatlichen Stellen aus der Finanzkrise nichts gelernt.