Hartwürste, Pecorino, Kaffee, Tee, Spaghetti, Stockfisch … - Soll das Mindesthaltbarkeitsdatum haltbarer Lebensmitteln abgeschafft werden? Der VKI sagt: eher nein. Verbraucherorganisationen aus ganz Europa sehen dies kritisch. Auch der Handel ist, wie die Beispiele Billa und Lidl zeigen, nicht notwendig begeistert.
Kürzlich hat die EU-Kommission (DG SANCO) ein Arbeitspapier an die Mitgliedsstaaten verschickt, in dem die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bei lange haltbaren Lebensmitteln thematisiert wird. Die Abschaffung des MHD für diese Produkte – so der Grundgedanke – könnte das Wegwerfen abgelaufener Produkte vermeiden ("food waste").
Food waste: Wegwerfen vermeiden
Die Kommission will nun von Mitgliedsstaaten wissen, was sie von dem Vorschlag halten. - Hier ein Auszug aus der Liste der diskutierten Lebensmittel:
- Hartwürste ("shelf-stable dry fermented sausages“), die bei Raumtemperatur gelagert werden können
- konservierte Fischprodukte (z.B. in Dosen oder eingesalzen)
- Hartkäse wie Pecorino
- Hartweizenprodukte ohne Eier (Makkaroni, Spaghetti, …)
- Lebensmittel in Dosen
- Couscous, Bulgur und ähnliches
- Kaffee
- Tee
- Reis
- Gewürze
- abgefülltes Wasser
Birgit Beck: "Mit der Zeit verlieren Lebensmittel an Qualität" |
"Es geht nicht nur um Haltbarkeit"
Mag. Birgit Beck, Ernährungswissenschaftlerin beim VKI, erläutert, was die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums bei diesen Produkten bedeuten würde. „Der Vorschlag klingt aufs Erste zwar sehr gut, aber es geht hier nicht nur um die Haltbarkeit allein. Denn mit der Zeit verlieren diese Lebensmittel auch an Qualität."
Tee, Kaffee, Gewürze verlieren an Aroma
Hartwürste werden etwa bei langer Lagerung sehr hart. Tee, Kaffee, Gewürze verlieren an Aroma. Auch Lebensmittel in Dosen verändern die Farbe und nehmen in manchen Fällen Fremdgeruch oder Fremdgeschmack an. Der Konsument hätte bei Fehlen jeglicher Datumsangabe keine Möglichkeit festzustellen, wie alt solche Lebensmittel sind.“
"... verschiebt das Müllproblem vom Handel zum Konsumenten"
Und sie fügt hinzu: "Der Vorschlag verschiebt das Müllproblem vom Handel zum Konsumenten. Denn dann muss der Konsument entscheiden, ob das Lebensmittel noch essbar ist. – Am meisten werden übrigens frische Lebensmittel weggeworfen: Brot, Obst, Gemüse.“ Hier würde die Abschaffung des MHD bei langlebigen Lebensmitteln nichts ändern. - Auch der Handel - konkret Billa und Lidl - hat sich in Medien ablehnend geäußert.
Zur Haltbarkeit von Lebensmitteln hat KONSUMENT 5/2013 einen ausführlichen Bericht veröffentlicht: Lebensmittel: Haltbarkeit 5/2013.
Keine Speis, kein Erdkeller
Beck ortet vor allem bei der Lagerung von Lebensmitteln ein Problem. "Heutige Wohnungen sind sehr weit von guter Vorratshaltung entfernt. Kaum eine Wohnung hat eine Vorratskammer mit Außenbelüftung oder einen Erdkeller mit niedriger Temperatur und guter Feuchtigkeit. 35 Grad im Sommer in der Wohnung sind auch für an sich gut haltbare Lebensmittel nicht unkritisch.“
"Aufmachen, riechen, kosten"
Die sinnvollste Vorgangsweise bei lange haltbaren Lebensmitteln ist recht einfach, Beck: "Aufmachen, riechen, kosten und dann verbrauchen.“ Die Österreicher dürften mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum recht pragmatisch umgehen: 77 Prozent würden Lebensmittel essen, deren MHD abgelaufen ist. - Es kommt auch darauf an, um welche Lebensmittel es sich handelt. In einem KONSUMENT-Test zu Toastschinken, wiesen fünf von neun Produkten am Ende des MHD eine zu hohe Keimzahl auf. Lesen Sie mehr unter Test: Toastschinken 3/2014