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Wasser: Privatisierung der Versorgung - Verkauftes Menschenrecht

Für Menschen und andere Lebewesen lebensnotwendig, für internationale Konzerne lukratives Spekulationsobjekt. Der Druck, Wasser zu privatisieren, steigt weltweit.

Bild: Riccardo Mayer / Shutterstock.com

Sauberes Trinkwasser ist eine natürliche ­Ressource wie Luft und Sonnenlicht und Teil der Daseinsvorsorge. Im Jahr 2010 wurde das Recht auf Wasser von der UNO zum Menschenrecht erklärt. Doch eine gemeinsame Studie der WHO und der UNICEF aus dem Jahr 2015 hält fest, dass 663 Millionen ­Menschen, also ein Zehntel aller Menschen, keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser ­haben.

In vielen Regionen der Welt wird Wasser immer knapper und ­teurer. Das weckt die Begehrlichkeiten von Inves­toren und kurbelt den weltweiten Raubbau an.

Privatisierung von Trinkwasser

Bei der Privatisierung von Trinkwasser geht es um drei verschiedene Vorgänge:

  • Erstens werden Wasserleitungsnetze von Kommunen an private Unternehmen übertragen.
  • Zweitens werden Wasservorkommen an Konzerne verkauft.
  • Damit zusammen hängt der globale Handel mit Flaschenwasser, der in großem Stil in vielen, vor allem ärmeren Ländern den Menschen buchstäblich das Wasser abgräbt.

Spekulation treibt Preise hoch

Für Kommunen ist es bei knappen öffent­lichen Kassen verlockend, die kosteninten­sive Wasserversorgung zu veräußern und so den Gemeindehaushalt vermeintlich zu entlasten. Das geht meist zulasten der ­Wasserbezieher.

So erhob die US-ameri­kanische Verbraucherschutzorganisation Food & Water Watch, dass die Wasser­gebühren von privaten Unternehmen, die ja auch Gewinne erzielen wollen, über die Jahre rasant steigen und sie in den USA durchschnittlich um 33 Prozent höhere Gebühren für Wasser kassieren als kommunale Betriebe.

Den Armen wird das Wasser abgedreht

Eine Kommerzialisierung schließt vor allem Arme rasch vom Zugang zu Wasser aus. Besonders in den Ländern des Südens, aber längst nicht nur dort. Auch in Detroit wurde bereits Zehntausenden Einwohnern das Wasser abgedreht, weil sie die Wasserpreise nicht mehr be­zahlen konnten.


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Konzerne, Banken und Pensionskassen investieren

Widerstand in der EU

Als die EU-Kommission im Jahr 2011 vorschlug, dass öffentliche Auftraggeber ­künftig Wasserversorgungkonzessionen ab einem gewissen Auftragswert europaweit ausschreiben müssen, formierte sich massiver Widerstand. Die europäischen Bürgerinitiative Right2Water sammelte knapp 1,9 Millionen Unterschriften gegen die ­Privatisierung der Wasserwerke, mit dem Erfolg, dass die Trinkwasserversorgung von der Anwendung der EU-Konzessionsrichtlinie ausgenommen wurde. (Kampagne: Wasser ist ein Menschenrecht)

Kredithilfen an Wasserprivatisierung gebunden

Trotzdem schreitet die Privatisierung der Wasserversorgung auch in Europa voran. Im Jahr 2011 wurde der 85-Milliarden-Euro-Rettungsschirm für Irland daran geknüpft, die öffentliche Bereitstellung von Wasserdienstleistungen zu beenden und dies einem Dienstleistungsunternehmen zu übertragen.

Auch auf Griechenland, Portugal und Spanien, alles Länder, wo Wasser ein knappes Gut ist, übt die EU Druck aus, die Wasserversorgung zur Privatisierung freizugeben. So enthalten die Auflagen der EU-Troika für das Hilfsprogramm für Griechenland die Privatisierung der Wasser­werke. 2016 beugte sich das griechische Parlament dem Druck.

Wasserversorgung zurückgekauft

Dabei gibt es, auch in Europa, einen durchaus gegenläufigen Trend: Große Städte wie Berlin und Paris, Buenos Aires, La Paz und Johannesburg haben mittlerweile ihre Wasserversorgung zurückgekauft – und dafür viel Geld an die Konzerne bezahlt, an die zuvor privatisiert wurde.

Wasserrechte oder Wassertechnologie

Das Geschäftsinteresse der Konzerne an den schwindenden Süßwasserreserven ist in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Unternehmen des Agrobusiness kaufen in großem Stil Wasserrechte auf. Energieunternehmen erwerben in Südamerika Zuckerrohrfelder und Wasserrecht, um die wachsende Biospritindustrie unter ihre Kontrolle zu bringen.

Konzerne und Pensionskassen investieren

Öffentlich-rechtliche Pensionskassen rund um die Welt investieren in privatwirtschaftliche Wasserprojekte. Großbanken und Multimilliardäre kaufen auf der ganzen Welt Wasserrechte, Wasserwerke und Aktien von Wassertechnologie-Unternehmen, konstatiert der Umweltingenieur Jo-Shing Yang von der University of California in einem kritischen Bericht.

Nachhaltigkeit oder Krieg

Flaschenwasser im Aufschwung

In Staaten wie Österreich, die Leitungs­wasser in Trinkwasserqualität haben, ist Flaschenwasser ein Luxuskonsumgut. In Ländern ohne ausreichende Trinkwasserversorgung erfolgt die Wasserversorgung oft über Flaschenwasser – für jene, die es sich leisten können. Der Umsatz mit abgefülltem Wasser stieg von 2011 bis 2015 um 20 Prozent auf 16 Milliarden Dollar. Dieser Anstieg ist weitgehend auf die Expansion in Asien, Afrika und Lateinamerika zurückzuführen.

Konzerne pumpen Brunnen leer

Marktführer im globalen Flaschenwasserhandel sind Nestlé, die Danone-Gruppe, die Coca-Cola-Company und PepsiCo. Abfüllanlagen werden, etwa in Indien, oft in wasserarmen Gegenden errichtet und pumpen ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit das Grundwasser ab, um es dann der Bevölkerung teuer zu verkaufen. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, Brunnen trocknen aus.

Leitungswasserversorgung vernachlässigt

Bei diesem Raubbau geraten in der Regel lokale Bevölkerung und Landwirtschaft ins Hintertreffen. Auch steht Flaschenwasser in Konkurrenz zur ­öffentlichen Trinkwasserversorgung, denn seine leichte Verfügbarkeit lässt es überflüssig erscheinen, in armen Ländern ein teures Wasserleitungssystem aufzubauen bzw. verleitet zur Vernachlässigung der vorhandenen Leitungswasserversorgung.

Menschenrecht und Menschheitserbe

Maude Barlow, bekannte kanadische Wasserrechtsaktivistin, formuliert in ihrem Buch "Blaue Zukunft – das Recht auf ­Wasser und wie wir es schützen können" Grund­sätze für einen weltweit gerechten Umgang mit der Lebensnotwendigkeit Wasser: Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht, das allen Menschen zur Verfügung stehen muss. Wasser ist ein Menschheitserbe, das zukünftigen Generationen genauso ­gehört wie allen ­Lebe­wesen.

Nachhaltigkeit oder Krieg

Und: Wasser lehrt uns das ­Zusammenleben. Wird der Umgang damit nicht an Gemeinschaft­lichkeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet, drohen der Welt Aus­einandersetzungen ums ­Wasser ohne ­Ende: unter Staaten, ­zwischen Arm und Reich, Kleinbauern und industrieller ­Landwirtschaft, Großstädten und länd­lichen Kommunen oder indigenen Gemeinschaften.

Leserreaktionen

Immer kritischer

Danke für den Artikel, ich kann dem nur zustimmen. Ein sorgsamer Umgang mit Wasser ist auch in unseren Breiten, wo es dem Anschein nach genug Wasser gibt, absolut notwendig. Wir haben hervorragendes Wasser in jeder Wasserleitung, daher ist aus meiner Sicht der Kauf von Flaschen-Mineralwasser absolut unnötig und fördert nur unnötige Transporte und unnötigen Verpackungsmüll.

Aber andererseits ist vor der Privatisierung der Wasserversorgung zu warnen, auch in meiner ländlichen Umgebung wird die häusliche Versorgung mit Wasser immer kritischer; Ursachen sind die rasante Versiegelung von Böden, die Konzentration der Landwirtschaft, immer größere Tierherden, die Drainagierung von Feuchtwiesen, die Ableitung von Oberflächen- und Dachwässern direkt in Flüsse, anstatt sie versickern zu lassen, und und und.

Ich wünsche Ihnen viel Ausdauer und Mut bei der Information über die wirklich wichtigen Zukunftsthemen!

Herbert Ritt
E-Mail
(aus KONSUMENT 3/2018)

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