Bei vielen Produkten verrechnet Amazon keine Versandkosten. Bei einigen sind sie unverschämt hoch.
Der Einkauf beim Versandriesen bleibt für Kunden aus Österreich riskant: Wer nicht aufpasst, kann in einzelnen Fällen Versandkosten in astronomischer Höhe bezahlen. Auch die Höhe der Mehrwertsteuer – und somit der Gesamtpreis eines Artikels – wird auf den Produktseiten weiterhin nicht korrekt ausgewiesen. Konsument.at hatte bereits zu Jahresbeginn 2015 darüber berichtet (Amazon - Intransparente Kosten), geändert hat sich nichts.
Adapter für Micro-SD-Speicherkarte
Wir haben Amazon deshalb erneut mit einem konkreten und per Bildschirmfotos dokumentierten Beispielsfall konfrontiert: Hier wurde nach einem Adapter für eine Micro SD-Speicherkarte zum Format der normalen SD-Karte gesucht. Diese Adapter sind kleine Kunststoffteilchen mit einigen Kontakten. Damit kann man die winzigen Speicherkarten, wie sie in Smartphones verwendet werden, auch in Geräten wie beispielsweise einer Fotokamera einsetzen. Sie verlangen in der Regel das größere Standard-SD-Format. Ein typisches Billig-Massenprodukt. Folgerichtig auf der Amazon-Händlerplattform (Amazon Marketplace) zum Preis von 2,75 Euro von beispielsweise der Firma JS-Media angeboten. Mit kostenlosem Versand.
Bild 1: Auf der Produktseite ist "Österreich“ als Versandziel ausgewählt, dafür wird "kostenlose Lieferung“ versprochen (Bild: VKI)
Wer jetzt mit der Schnelleinkaufs-Option "1-Click-Bestellung" ordern wollte, würde bei der nächsten Kreditkartenabrechnung staunen. Aus den 2,75 Euro wurden plötzlich 21,65 Euro, wie Screenshot 2 zeigt.
Bild 2: Krasser Preissprung von 2,75 auf über 21 Euro (Bild: VKI)
Der Plastik-Winzling mit einem Gewicht von rund 1 Gramm verursacht Versandkosten von fast 19 Euro! Da die Adapter bei intensiver Nutzung aber keine Ewigkeit halten und in manchen Urlaubsländern nicht zu bekommen sind, könnte man versucht sein, gleich auf Reserve zu bestellen. Im Beispiel sind deshalb drei Adapter zum vermeintlichen Gesamtpreis von 8,25 Euro ausgewählt.
Bild 3: Erst das aufklappbare Menü „Voraussichtliche Versandkosten“ (rechts) enthüllt, was wirklich zu bezahlen wäre (Bild: VKI)
Bild 4: Zu den 8,25 Euro kommen 56,70 Euro Versandkosten
Amazon zeigt nun das Achtfache des erwarteten Preises. Davon fallen 56,70 Euro an Versandkosten an - für ein Warengewicht, das man nicht einmal am Hühnerauge wahrnehmen würde. Die Versandkosten allein betragen den siebenfachen Warenwert – eine erhebliche Differenz zur ursprünglich angebotenen „kostenlosen Lieferung“.
Was Amazon dazu sagt
Amazon erklärt: „… haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir wollen Kunden jederzeit ein gutes Einkaufserlebnis bieten und prüfen den von Ihnen genannten Fall“, schrieb uns die Pressestelle. Danach haben wir vom Versandriesen nichts mehr gehört. Dabei hätte uns auch interessiert, warum beim gleichzeitigen Einkauf mehrere Artikel von verschiedenen Händlern selbst bei Vermeidung des „1-Click-Kaufs“ im Warenkorb keinerlei Auskunft darüber erfolgt, welcher Anbieter welche Versandkosten berechnet. In diesem Fall scheint nur ein Gesamtbetrag auf.
Auch beim Warenkorb aufpassen
Wo kommen im Warenkorb diese 20, 30, 50 Euro an Versandkosten her, wo doch auf den Produktseiten jeweils "kostenlose Lieferung“ angeboten wurde? Das kann ein Konsument nur dadurch herausfinden, dass er einen Artikel nach dem anderen aus dem Warenkorb entfernt und dabei die Entwicklung der Versandkosten-Anzeige beobachtet. Verringert sich diese, war es der eben gelöschte Artikel, dessen Anbieter sich ein Versandkosten-Körberlgeld machen wollte. Ein aufwändiges, kundenunfreundliches Verfahren, das die meisten anderen Versandplattformen ihren Usern nicht zumuten wollen.