Tagtäglich erhalten wir Zuschriften von KonsumentInnen zu verschiedensten Themen. Neben den Produktmeldungen auf unserer Plattform Lebensmittel-Check werden uns auch unzählige Fragen im Ernährungs- und Lebensmittelbereich gestellt.
In den folgenden 10 Punkten fasse ich die (für mich) derzeit ärgerlichsten und unverständlichsten Lebensmittelregelungen zusammen, zu denen wir immer wieder Zuschriften erhalten.
1. Nur 5 % Kalbsleber in Kalbsleberstreichwurst notwendig
Laut österreichischem Lebensmittelbuch muss in Kalbsleberstreichwurst 30 % Leber von Schwein oder Kalb enthalten sein. Die Kalbsleber muss mindestens 5 % ausmachen. Natürlich könnten die Hersteller den Kalbsleberanteil freiwillig erhöhen - wegen der höheren Kosten machen das aber nur wenige.
2. Marmelade darf offiziell nicht „Marmelade“ heißen
Laut Konfitürenverordnung (2004) dürfen nur noch Erzeugnisse aus Zitrusfrüchten als „Marmelade“ bezeichnet werden. Marmelade besteht demnach aus Wasser, Zuckerarten und Zitrusfrucht-Erzeugnissen wie zum Beispiel Fruchtmark, Saft oder Schale. Für 1 kg Marmelade müssen mindestens 200 g Zitrusfrüchte verwendet werden.
Es gibt aber Ausnahmen: Werden die Produkte direkt an die KonsumentInnen abgegeben, wie z.B. auf Bauernmärkten, dann gelten keine so strengen Regeln. Anstelle der Bezeichnung „Konfitüre“ kann dann auch „Marmelade“ verwendet werden.
3. Nicht vorhandene Herkunftsangaben bei verarbeiteten Obst- und Gemüseprodukten
Bei den meisten frischen Obst- und Gemüsesorten muss das Ursprungsland beim Kauf ersichtlich sein, das gilt beispielsweise für ganze Äpfel, Salatköpfe oder Orangen. Für verarbeitete Lebensmittel entfällt diese Pflicht.
Werden die Äpfel nun also geschnitten angeboten oder zu Apfelchips getrocknet, der Salat gewaschen und geschnitten im Sackerl verpackt oder die Orangen zu Saft gepresst, entfällt die Pflicht zur Herkunftskennzeichnung. Diese Produkte gelten rechtlich als „verarbeitet“. Gleich verhält es sich mit konventionellem Tiefkühlobst und -gemüse: Hier muss die Herkunft nicht angegeben werden.
Bei Bio-Produkten muss die Herkunft zumindest mit "EU-Landwirtschaft", "Nicht-EU-Landwirtschaft" oder "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" deklariert werden. Stammen alle landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe aus einem Land, kann auch nur das konkrete Land angegeben werden.
4. Käfigeier am eigenen Teller?
Eier finden sich in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Eiernudeln, Biskotten, Biskuitroulade oder Eiaufstrich. Die Haltungsform der Hühner muss dabei auf der Verpackung nicht verpflichtend angegeben werden. So ist es leider durchaus möglich, dass man schlussendlich auch ausländische Käfigeier am eigenen Teller hat. Gleiches gilt für die Gastronomie – aus welcher Haltungsform die verwendeten Eier für Eierspeis, Schnitzelpanier und Kaiserschmarrn stammen muss nicht angegeben werden.
Bio-Produkte bieten hier wieder einen Vorteil: Werden Eier in Bio-Produkten verwendet, müssen diese aus biologischer Erzeugung stammen.
5. Unklare Herkunftskennzeichnung bei Honig
Bei uns erhältlicher Honig ist oft ein Import-Produkt. In einer eigenen Honigverordnung wird hierzulande geregelt, was auf den Etiketten stehen muss. Vorgeschrieben ist die Angabe jenes Landes, aus dem der Honig stammt.
Handelt es sich um Mischungen aus verschiedenen Ländern, muss auf der Verpackung vermerkt sein, ob Honig aus EU-Ländern, Nicht-EU-Ländern oder einer Kombination aus beidem abgefüllt wurde. Vor allem letztere Angabe - nämlich EU- und Nicht-EU-Länder - liefert den KonsumentInnen keine sinnvolle Information. Der Honig kann von überall her kommen.
Auch Bio-Honig muss nicht zwangsläufig aus heimischen Wiesen und Wäldern stammen, wie dieser Lebensmittel-Check schön zeigt.
6. "Alkoholfrei“ bedeutet nicht zu 100 % frei von Alkohol
Die Auslobung „alkoholfrei“ bedeutet nicht, dass ein Getränk zu 100 % frei von Alkohol ist. Denn die Angabe des Alkoholgehalts ist nur bei alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent vorgesehen. Bei „alkoholfreien“ Getränken dürfen bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten sein. Für uns ist das unverständlich, die Auslobung „alkoholfrei“ bedeutet für viele KonsumentInnen schließlich zu „100 % frei von Alkohol“.
Für die meisten VerbraucherInnen sind diese Alkoholmengen gesundheitlich nicht relevant - anders sieht es aber bei Schwangeren, Kindern und Personen die keinen Alkohol zu sich nehmen dürfen, aus.
Auch alkoholfreie Biermischgetränke sind so beispielsweise ungeeignet für diese Personengruppen.
7. Schriftgröße der Verpackungsangaben
Viele KonsumentInnen beschweren sich bei uns, dass Angaben auf Lebensmitteln zu klein aufgedruckt sind. So wird das Einkaufen schnell zum Ärgernis, vor allem wenn sich schlussendlich unliebsame Produkte im Einkaufskorb befinden, die man mit genauem Studieren der Verpackung eigentlich nicht eingekauft hätte.
In der Lebensmittelinformationsverordnung ist eine Mindestschriftgröße von 1,2 mm (gemessen am Kleinbuchstaben „x“) für die Elemente der Pflichtkennzeichnung (z.B. Zutatenliste) vorgesehen. Bei sehr kleinen Packungen (< 80 cm2) reicht schon eine x-Höhe von mindestens 0,9 mm.
Bei dieser gesetzlich vorgegebenen „Mini-Mindest-Schrift“ ist es nicht verwunderlich, dass viele KonsumentInnen beim Einkaufen eine Lesebrille, eine Lupe oder ein „Adlerauge“ (gerne Mama) an ihrer Seite benötigen. Wir hoffen, dass die Gesetzgebung bald eine verbraucherfreundlichere Verpackungskennzeichnung ermöglicht und die Mindestschriftgrößen anhebt.
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