Schon länger frage ich mich, wie es zur Unterscheidung zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft gekommen ist. Oder präziser formuliert: Warum spricht man eigentlich von konventioneller Landwirtschaft bzw. warum ist die Bio-Landwirtschaft nicht die konventionelle? Zu verquer? Laut Duden bedeutet konventionell „herkömmlich, üblich“. Eine Konvention wird auch als „Brauch“ bezeichnet. Landwirtschaft wird durch das Adjektiv „konventionell“ meiner Meinung nach stark positiv aufgeladen: konventionell bedeutet sinngemäß „traditionell; so, wie es unsere Vorfahren gemacht haben“.
Klingt wildromantisch, klingt vernünftig. Aber ist es das? Noch um 1900 waren die Gesellschaften in Europa bäuerlich geprägt. Rund 60 Prozent der Bevölkerung arbeiteten in der Landwirtschaft. Und die war entsprechend kleinteilig strukturiert. Es war sicherlich ein hartes Leben. Aber es war „bio“. Inzwischen arbeiten lediglich drei Prozent in der Landwirtschaft. Und davon produziert nur ein kleiner Teil biologisch. Die Mehrheit macht´s konventionell – also eigentlich nicht konventionell, wenn man die gebräuchlichen Methoden der Standesvertreter von einst als Vorbild nimmt.
Schmeckt wie früher
Freilich: Dazwischen liegen zwei Weltkriege. Es galt, den Hunger zu stillen. Die Effizienz wurde zur obersten Maxime, die industrielle Landwirtschaft nahm ihren Anfang. Und sie zu perfektionieren, wurde über die Jahrzehnte fast zur Manie. Und zu einem Milliardengeschäft. Wer auch immer den Begriff konventionelle Landwirtschaft in den 1970ern geprägt hat, der hat es wohl auch mit diesem Hintergedanken gemacht: der Kommerzialisierung der Landwirtschaft einen positiven Spin zu geben. Wohin hat‘s geführt? Welche Auswirkungen hat dieses System? Verlust der Biodiversität, Tierleid, nährstoffarme Böden, pestizidverseuchtes Grundwasser – um nur einige zu nennen.
Vor Kurzem habe ich einen Spruch über Bio-Produzenten gelesen, der es ziemlich gut trifft: „Sie machen Obst und Gemüse, wie es früher bei uns geschmeckt hat.“ Darin schmeckt, Verzeihung, steckt so viel Wahres. Und eine Prise Wehmut.