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Leerer Einkaufswagen
Bild: jianhua/stock.adobe.com (KI-generiert)

Boykott im Supermarkt: Ist das sinnvoll?

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ÖKO.LOGISCH

Wenn der Preis zu hoch wird, kippt die Stimmung – doch einfache Antworten gibt es nicht. Unser Konsumverhalten sagt mehr über uns aus, als uns lieb ist.

Konsument:innen lassen aktuell ihre Muskeln spielen. Tesla-Produkte werden boykottiert, weil viele mit Elon Musk, dem Boss des E-Autobauers, nicht klarkommen. Investoren verloren im März deshalb das Vertrauen und verkauften in Massen ihre Tesla-Aktien. Der Börsenkurs sackte ab, das Unternehmen verlor innerhalb weniger Wochen mehrere hundert Milliarden Dollar an Wert. 

In Schweden kam es im März zu Boykotten gegen Lebensmittelketten. „Bojkotta vecka 12“ lautete das Schlagwort, das in den Sozialen Medien verbreitet wurde und dazu aufrief, in der Kalenderwoche 12 nicht in den großen Supermärkten des Landes einzukaufen. Hintergrund ist ein Protest gegen die Teuerung, die auch in Schweden ihre sozialen Spuren hinterlässt. 

In ande­ren europäischen Ländern, insbesondere in Osteuropa, gibt es ähnliche Boykottaufrufe. Die Kritik ist zumeist ähnlich und lautet verkürzt, dass die zuweilen marktdominierenden Handelsketten für die Teuerung verantwortlich seien. In Öster­reich gibt es zu Redaktionsschluss noch keine ähnlichen Boykottaufrufe. 

Zu Ende gedacht? 

Ich finde es richtig cool, wenn Bürger:innen aktiv werden. Wenn Menschen aufstehen und zeigen, dass sie keine ferngesteuer­ten Konsumidiot:innen sind. Aber ist der Protest im Supermarkt zu Ende gedacht? 

Wir im VKI sind die Letzten, die behaupten würden, dass die hohen Supermarktpreise in Österreich nicht auch hausgemacht sind. Die hohe Marktkonzentration befeuert die Preise. Aber es gibt, meine ich, auch Argumente gegen eine Pauschalkritik. Und die liegen in erster Linie bei uns Verbrau­cher:innen selbst, bei unserem Konsumverhalten. Leistet man sich immer die neuesten Handys, Spielkonsolen oder andere Technik-Spielereien, Fernreisen, haufenweise Klamotten etc., knabbert das am Essensgeld. 

Faktum ist, dass wir statistisch gesehen vergleichsweise wenig für Grundnah­rungsmittel ausgeben, also für das, was wir buchstäblich zum Überleben brauchen. Dass wir fast schon erwarten, dass Nahrungsmittel günstig sind. Dass wir lieber Ramsch kaufen, für Qualität nicht bezahlen wollen, weil wir hochwertige Produkte nicht (mehr) zu schätzen wissen. 

Eine harte Pauschalkritik, ich weiß. Fühlen Sie sich nicht angesprochen, wenn’s auf Sie nicht zutrifft. 

Der Klimawandel lässt grüßen 

Nicht wenige von uns blenden noch etwas aus. Es ist ein Faktum, dass der Klimawandel die Teuerung anheizt. Extremwetterereignisse gefährden die Preisstabilität von Lebensmitteln. In einem Blogbeitrag vor rund einem Jahr bin ich bereits auf diese Problematik eingegangen. Und wie befeuern wir den Klimawandel? Indem wir so leben und konsumieren, wie wir es eben tun: Bisweilen unreflektiert und verschwenderisch. 

Wie gesagt, ich finde es super, wenn Menschen aktiv werden und sich gegen Missstände zur Wehr setzen. Es geht primär um die großen Strukturen, die sich ändern müssen: Es braucht Wertschöpfungsketten, die für Mensch und Natur gleichermaßen fair und verträglich sind. Und das erreichen wir, wenn, dann nur, indem wir laut, indem wir unbequem sind. 

Aber es kann nicht schaden, wenn wir uns auch selbst an der Nase nehmen und hinterfragen, was, wo und wie wir eigentlich einkaufen.

Markus Stingl - Redakteur: Nachhaltigkeit, Finanzthemen
Markus Stingl, Bakk. phil. | Redakteur: Nachhaltigkeit, Finanzthemen Bild: VKI

Im KONSUMENT-Magazin und -Blog schreibe ich über Themen im weiten Feld der Nachhaltigkeit. Die Kolumne nennt sich ÖKO.LOGISCH.

Markus Stingl, Redakteur

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