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Neuwagengarantie - Viel Wenn und Aber

Das In-Kraft-Treten des neuen EU-Gewährleistungsrechts mit 1. Jänner 2002 hat in der Automobilbranche weit reichende Folgen für die Garantiebestimmungen.

Die in Brüssel beschlossene Ausweitung der Gewährleistung auf zwei Jahre bewirkte auch eine Änderung der Garantielaufzeiten von Personenkraftwagen. Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ dehnten viele Produzenten noch im Herbst 2001 die Pkw-Garantieleistungen werbewirksam aus.

Werbewirkasame Garantiezusage

Viele Firmen, die bisher nur zwölf Monate für des Österreichers liebstes Spielzeug geradegestanden sind, verkauften die zeitliche Ausdehnung der allgemeinen technischen Garantie als Pionierleistung und kamen somit dem neuen Gewährleistungsrecht zuvor. Damit die Optik wesentlich besser ist, gaben nun namhafte Erzeuger wie Audi, VW, BMW, Saab oder Renault in Abstimmung mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA), beinahe im Gleichklang eine Garantiezusage von zwei Jahren für Neufahrzeuge – rückwirkend mit 1. November 2001 – bekannt.

Vorteil statt Nachteil

Der Fiat-Konzern dagegen wurde bereits wesentlich früher (September) in dieser Richtung aktiv. Einzig bei Lada tritt offensichtlich der kuriose Zustand ein, dass die freiwillige werkseitige Garantiezusage unter dem Rahmen der verpflichtenden Gewährleistung für den Konsumenten bleibt.
Mit der verlängerten Gewährleistung „nachziehen“ zu müssen, ist für die Automobilindustrie keinesfalls mit Nachteilen verbunden – verspricht man sich doch immerhin einen zusätzlichen Impuls für den Pkw-Absatz. Des Weiteren bleibt der Kunde in Wartungsbelangen (nach Garantieheft) länger an das Autohaus oder den jeweiligen Partnerbetrieb gebunden. Ein erhöhter Absatz an Original-Ersatzteilen ist abzusehen.

Bindung an Original-Teile

Ob die Brieftasche einer Mehrzahl der Autofahrer mit den vordergründig großzügigen Garantielösungen geschont wird, ist allerdings mehr als fraglich. Zumindest hängt dies wesentlich vom Wartungs- beziehungsweise Reparaturverhalten des jeweiligen Autobesitzers ab. Denn dass Original-Verschleißteile nicht gerade zu Kampfpreisen verrechnet werden, ist wohl auch dem gleichgültigsten Fahrzeuglenker nicht entgangen. Die teilweise eklatant günstigeren Verschleißteile von Autozubehör-Diskontern beziehungsweise Schnellreparatur-Boxen während der Garantiezeit zu nützen, ist jedoch gut zu überlegen. Denn jede Garantieleistung erlischt, sobald – zu der beanstandeten Sache – ein Zusammenhang mit einem „Nicht-Originalteil“ hergestellt werden kann. Zur Aufrechterhaltung des Garantieanspruchs sind anfallende Wartungsarbeiten von einem Partnerbetrieb des Herstellers durchzuführen (Stempel im Serviceheft). Um sich bei einem Mangel am Fahrzeug also wirklich mit gutem Gefühl an ihren Händler wenden zu können, müssen die Autofahrer bis zum Auslaufen der Garantiezeit die teurere Variante wählen und zur Verpackung mit dem jeweiligen Markenlogo greifen.

Teure Garantiezeit

Die Wahrung der nun verlängerten Garantiezusagen hat somit ihren Preis. Bereits während des Zeitrahmens einer Zwei-Jahres-Garantie können beim Besuch des Hersteller-Vertragspartners – ganz abgesehen von teuren Schmierstoffen – einige „normale“ Wartungsarbeiten finanziell zum Tragen kommen: Man denke nur an den Tausch von Bremsklötzen. Natürlich kann man die hochwertige Bremsklotzgarnitur auch im Zubehörhandel erwerben – möglicherweise sogar vom Bremssystem-Lieferanten des Autoherstellers (kein Autoerzeuger stellt Bremsteile selbst her). Der preisgünstigere – wenn auch fachgerechte und einwandfreie – Einbau in einer Nicht-Vertragspartner-Werkstätte kann dennoch zum Bumerang werden: Widerfährt gerade Ihnen das „Glück“, dass die Bremszange hängen bleibt und der Bremsklotz in kürzester Zeit die Bremsscheibe ruiniert, also einen Folgeschaden verursacht, werden Sie die über mehrere hundert Euro lautende Rechnung selbst bezahlen müssen – auch wenn das Fahrzeug erst 18 Monate über den Asphalt rollt und der Bremsklotz nicht Auslöser der Misere war. Denn der „Fremdteil“ kommt in diesem Fall natürlich zwingend zum Vorschein. Zugegeben, eine nicht alltägliche Panne, doch Beispiele dieser Art gibt es viele. Es summieren sich auch „Kleinigkeiten“ wie Wischerblätter oder der Tausch einer Scheinwerfer-Halogen- oder gar einer Xenon-Lampe.

Garantie-Ausnahmen

Vom Garantieversprechen ausgegrenzt bleibt laut Garantieheft der Erzeuger eine Vielzahl technischer Teile. Einleuchtend ist für den Konsumenten die Ausklammerung ausgesprochener Verschleißteile wie Reifen, Kupplungsscheibe, Wischerblätter, Bremsklötze etc. – eben jener Autokomponenten, bei denen ein natürlicher Abrieb stattfindet oder durch den Betrieb des Fahrzeugs die Lebensdauer des Objekts kalkulierbar verkürzt wird. Einzig Jaguar steht hier bis zu 16.000 km oder einem Jahr gerade.

Feinheiten

Aufgrund vermutlich defekter Stoßdämpfer mit einer montierten Anhängevorrichtung beim Vertragshändler zur Überprüfung aufzutauchen, ist keinesfalls ratsam. Denn das Ziehen eines Wohnwagens oder eines Anhängers wird vom Werk durchwegs als „Überbeanspruchung“ gewertet. Beim Durchblättern der Garantiebestimmungen tauchen aber noch ganz andere „Feinheiten“ auf. Hyundai etwa begrenzt die Garantie der Einspritzdüsen auf ein Jahr. Der Vorteil einer zeitlich längeren Garantie japanischer Hersteller (3 Jahre oder 100.000 km) relativiert sich schnell, wenn man ins Detail geht. So steht im Suzuki „Caring for Customers“-Heft: „Für Teile die normalem Verschleiß unterliegen (zum Beispiel … Schläuche, Kabelzüge, …) bestehen keine Garantieansprüche.“ Weiters werden Veränderungen lackierter Teile durch UV-Strahlen ausgenommen. Sind diese Fahrzeuge nur bis zu einem Sonnen-Einfallswinkel von elf Grad resistent? Da werden Erinnerungen an die Achtzigerjahre wach. Damals waren durch Hitzeeinwirkung deformierte PVC-Stoßstangen tatsächlich keine Seltenheit im Straßenbild.

Wenige „Zuckerln“

Positiv dagegen ist die fünfjährige Allradgarantie von Subaru zu vermerken. Eine wirkliche Kostenentlastung in unmittelbarer Folge eines Neuwagenkaufs stellt das Daewoo „Free-Service“ dar. Immerhin bieten die Koreaner die ersten drei Servicetermine (inklusive Öle!) kostenlos an. Ein schnelles Ableben der Autobatterie braucht man als Opel-Kunde am wenigsten zu fürchten (3 Jahre Garantie).
Eine Garantie gegen Anrosten gibt es bis heute nicht, und die Durchrostungsgarantie gilt nur für äußere Blechteile, und zwar fürs Rosten von innen nach außen. – Die Folgen des täglichen Markierens der Radkästen und Einstiegsleisten mit Säure von „Strolchi“ sind also ein Problem des  Autobesitzers. Aber auch ein Beweis des Durchrostens von innen (nach sechs Monaten liegt die Beweislast beim Konsumenten) ist so gut wie nicht zu erbringen. Doch immerhin ist bei den angebotenen Lack- beziehungsweise Oberflächengarantien, sofern nicht allgemein „äußere Einflüsse“ als Ausnahme angeführt werden, zumeist nur Vogelkot als Garantieausschluss beschrieben.

Versprochene Mobilität

Die großteils angebotenen Mobilitätsgarantien (im Prinzip Leistungspakete, wie sie auch von Automobilklubs und als Bestandteil von Kfz-Versicherungen angeboten werden) reichen von einer bloßen Notrufnummer bis zu umfassenden Dienstleistungen. Geldbetragsgrenzwerte für Abschlepp- und Hotelkosten sind vor allem bei VW, BMW, Mercedes, Peugeot und Fiat genau angegeben. Die Details haben Unterhaltungswert, sofern man sich nicht gerade in der entsprechenden Situation befindet: Opel schließt eine Hilfestellung bei einem Einsperren des Schlüssels, leerem Tank oder einer saftlosen Batterie aus, während VW und Mercedes betonen, gerade hier zur Stelle zu sein. Aufzahlungspflichtige Zusatzgarantien –  egal ob für den technischen Allgemeinzustand oder die Mobilität – sollten kritisch betrachtet werden. Heikel ist die Sache bei angebotenen Zusatzgarantien in Kombination mit Versicherungen. Besonders dann, wenn der Eindruck einer werkseitigen Garantie erweckt wird. Denn sehr oft ist diese Variante auf einzelne Baugruppen beschränkt.

Kundenfreundlichkeit spielt eine Rolle

Für die Kaufentscheidung sollte nicht allein die Marke, sondern auch die Kundenorientiertheit eine Rolle spielen.  Löst sich der Innenspiegel bei Hitze von der Windschutzscheibe und Ihr Verkaufsberater unterstellt Ihnen „Gewaltanwendung“, ist es an der Zeit, den Händler zu wechseln. Will bei Ihrem neuwertigen Untersatz das Blinkrelais plötzlich nicht mehr und Sie bekommen gar noch eine Einbauzeit aufgebrummt, sind Sie als Kunde sicher nicht mehr König (auch wenn ein Blinkrelais gewissermaßen ein Verschleißteil ist). Ein engagierter, kundenfreundlicher Betrieb sollte sich bemühen, Grenzfälle zum Vorteil des Kunden auszulegen. – Auch wenn es für das Unternehmen mühevoller ist, als den Betrag auf die Kundenrechnung zusetzen  und sich abzuputzen

  • Gewährleistung ist ein gesetzlich verankertes Recht. Der Konsument hat gegenüber dem Autohändler Anspruch auf Verbesserung oder Austausch, in angemessener Frist und kostenlos. Garantie ist ein vertraglich eingeräumtes Versprechen – in der Regel des Herstellers –, für Mängel, die an einer Sache während der Garantiezeit auftreten, entsprechend der Garantieerklärung einzustehen. Das muss nicht bedeuten, dass alle Leistungen aus der Garantie kostenlos sind.
  • Durch die Garantie bleiben die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche des Käufers gegenüber dem Händler unberührt, werden also weder erweitert noch eingeschränkt.
  • Als nicht rechtzeitig durchgeführte Servicearbeiten gelten jene, bei denen die veranschlagte Kilometergrenze um mehr als 1000 km oder der Zeitraum um mehr als 12 Monate überschritten wurde. „Oder“ ist so zu verstehen, dass beide Grenzwerte eingehalten werden müssen. Ansonsten führt die Nichtbeachtung dieser Vorgaben zum Erlöschen der Garantie bezogen auf das ganze(!) Fahrzeug.
  • Für Ersatzteile oder reparierte Teile beginnt die Garantie nicht neu zu laufen – nur Restlaufzeit (Beispiel Autobatterie).
  • Sollte ein ausländischer Vertragshändler auf einer Bezahlung von garantierelevanten Arbeiten bestehen, sind die gebrauchten Teile mitzunehmen. Diese sind dem heimischen Vertragshändler, bei dem das Auto erworben wurde, mit Rechnung vorzulegen. Können Reklamationsteile nicht mitgenommen werden, wenigstens ein Foto anfertigen!

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