Wenn die Erben nach einem Todesfall unbekannt sind, ermitteln auch private Unternehmer. Finden sie Erbberechtigte, müssen die für Informationen bezahlen. Manche werden dabei auch über den Tisch gezogen - so wie im Fall von Frau K.
Sie lesen alte Briefe und Kirchenbücher, suchen in Melderegistern und historischen Dokumenten. Wenn nach einem Todesfall die Erben unbekannt sind, fangen private Unternehmer zu ermitteln an. Diese "Erbensucher" oder Erbenermittler werden aktiv, wenn Verstorbene ein Vermögen hinterlassen haben aber ein Testament fehlt und unklar ist, ob es überhaupt Angehörige gibt.
Der Fall von Frau K.
Auch Frau K. aus Wien wurde von so einem Erbensucher kontaktiert. Das Unternehmen teilte der Pensionistin und ihrer Schwester schriftlich mit, dass ihr Cousin verstorben sei. Sie kämen als Erben infrage. Frau K. wusste bis dahin nichts von der Existenz dieses Cousins. Aufgeregt über die unerwartete Erbschaft suchte sie das Unternehmen auf. Da sie mangels näherer Kenntnis nicht von sich aus an die Erbschaft gelangen konnte, unterzeichnete sie folgende Vereinbarung:
„Die Dr. P***** GmbH erhält für ihre Ermittlungstätigkeit, die zu meiner Ermittlung als Berechtigte führte, eine Vergütung von 25 % vom Wert des (…) Vermögens zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer.“
24.000 Euro für Erbrechtsinformationen?
Was Frau K. nicht wusste: Der Notar, der für die Verlassenschaft zuständig war, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits von ihrer Existenz (und ihrer rolle als Erbe) erfahren. Der Erbensucher war schneller gewesen und hatte im Fall von Frau K. nur einen Tag gebraucht, um die erbberechtigte Pensionistin ausfindig zu machen.
Kurze Zeit nach ihrer Unterschrift erhielt Frau K. dann eine Ladung vom Notar. Hätte sie gewusst, dass dem Notar ihre Kontaktdaten schon bekannt waren, hätte Frau K. die Vereinbarung mit dem Unternehmen niemals abgeschlossen. Nun war sie nicht mehr bereit, knapp 24.000 Euro (25 Prozent ihrer Erbschaft) an den Erbensucher zu zahlen.
Klage des Erbensuchers abgewiesen
Die Erbenermittlung klagte daraufhin Frau K. Das Unternehmen forderte sie auf, den vereinbarten Anteil zu zahlen. Das Gericht gab aber Frau K. Recht und wies die Klage des Erbensuchers ab. Im vorliegenden Fall läge Wucher vor, entschied das Gericht. Und zwar nicht nur, weil Leistung und Gegenleistung hier in einem erheblichen Missverhältnis stehen. Voraussetzung für Wucher ist auch, so die Urteilsbegründung, dass die Betroffene das selbst nicht wahrnehmen kann. Das Gesetz erwähnt hier z.B. Unerfahrenheit, "Gemütsaufregung" oder die Zwangslage.
Ausbeutung einer Zwangslage
Frau K. war hier in einer Zwangslage. Die Pensionistin war aufgeregt über den unverhofften Geldsegen und unterzeichnete die Vereinbarung, weil sie sonst einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten hätte. Schließlich hatte sie zu diesem Zeitpunkt keine näheren Informationen über das Verlassenschaftsverfahren. Sie befand sich deshalb unter Druck, war dem Erbensucher sozusagen ausgeliefert. Dieser hätte ihre Lage und das grobe Missverhältnis der Leistungen kennen müssen.
Mehr Informationen zum rechtlichen Hintergrund und das Urteil im Volltext finden Sie auf Wucher bei "Erbensucher"