Die ungarische Billig-Airline Wizz Air vergrault ihre Passagiere mit saftigen Extragebühren. Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren verzeichnet mittlerweile 2.000 Beschwerden.
Manfred A. fiel schon vor dem Abflug aus allen Wolken: Am Abfertigungsschalter in Malaga wurde ihm für seinen Flug nach Wien für die vierköpfige Reisegruppe eine Extragebühr von 140 Euro aufgebrummt. Grund: Der gebuchte Tarif setzt einen Online- Check-in voraus. Nur hatte dieser in mehreren Versuchen einfach nicht geklappt. Für nervende Diskussionen am Abfertigungsschalter war keine Zeit. Es gab auch keine andere Möglichkeit, als zähneknirschend zu bezahlen. Manfred A. fühlte sich abgezockt und machte in sozialen Medien seinem Ärger Luft:
"Nie wieder Wizz Air"
Was ihm widerfuhr, ist kein Einzelfall, sondern erweckt den Verdacht auf Methode. Maria Semrad, Juristin in unserem Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ): „Viele Konsumenten schildern uns, dass sie online einchecken wollten, dies aber nicht funktionierte. Folglich ist ihnen gar nichts anderes übrig geblieben, als kostenpflichtig am Flughafen den Check-in durchzuführen.“ Alle KONSUMENT vorliegenden Beschwerdefälle ergeben ein Bild: Da wird ein günstiger Tarif angeboten, der nur für Online-Check-in gilt. Wenn dieser nicht funktioniert, wird – de facto in einer Zwangslage – eine überzogene Gebühr gefordert. Beschwerden werden abgeschmettert oder nicht bearbeitet.
Neue Geschäftsmodelle
Bemerkenswert ist, dass der Online-Check-in nach Beobachtungen der Kunden genau dann nicht funktioniert, wenn dem Passagier eine Zustimmung zu einer Flugzeitänderung abverlangt wird und dieser nicht darauf reagiert. Das sei selbst bei geringfügigen Änderungen der Fall. Andreas Herrmann, Jurist im EVZ: „Das ist doch ein Hohn, wenn man die Zustimmung zu einer fünfminütigen Verschiebung verlangt.“ Solche geringfügigen Flugzeitenänderungen gibt es auffallend häufig.
Gegenüber help.ORF.at ließ Wizz Air verlauten, dass man die IT-Systeme geprüft habe und dass es das Konzept der Fluglinie sei, verschiedene Leistungen zu entbündeln, sodass jeder Passagier die Reise nach seinen individuellen Bedürfnissen gestalten könne und für nichts bezahlen müsse, was er nicht verwenden wolle. Die "Customer Journey" werde damit "zu einem persönlichen Erlebnis, bei dem der Kunde selbst entscheidet, wofür er bezahlt".
Kein Einzelfall
Der Fall Wizz Air ist symptomatisch für das, was der Preiskampf der Fluglinien für Passagiere bedeutet. Da gibt es nicht nur Schnäppchenangebote, sondern auch Fallen: undurchsichtige Tarife, viel Kleingedrucktes, miese Tricks mit Extragebühren, technische Hürden, mühsame Websites, Komforteinbußen – die Preistransparenz bleibt auf der Strecke. Übrigens: Auch Wizz Air ist kein Einzelfall. Laudamotion, nunmehr LAUDA, hat ebenfalls strittige Check-in-Gebühren kassiert. „Unzulässig“, lautete das noch nicht rechtskräftige Urteil in einem Verfahren, das unsere Rechtsabteilung geführt hat (nachzulesen auf konsument.at).
Checkliste fürs Buchen
Auch wenn es mühsam ist:
- Vergleichen Sie mehrere Optionen hinsichtlich Zusatzleistungen und Gebühren.
- Achten Sie auch auf die Informationen zu Abmessungen und Gewicht des Gepäcks und Extrakosten für Mehrgewicht.
- Machen Sie Screenshots von jedem einzelnen Buchungsschritt, insbesondere, wenn es Fehlermeldung (etwa beim Online-Check-in) gibt.
Für alle Passagiere, denen Ähnliches wie Herrn Manfred A. passiert, hat Maria Semrad einen grundsätzlichen Tipp parat: "Bezahlen Sie ihrer Meinung nach ungerechtfertigte Gebühren immer unter Vorbehalt und vermerken Sie das auf der Zahlungsbestätigung.“ Und wenn es Sprachbarrieren zu überwinden gilt, lautet der Vermerk: „while reserving the right to demand reimbursement.“