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Sonnenschirme, Sandstrand und Hotels - Timesharing auf Gran Canaria - Anfi-Geschädigte
Timesharing auf Gran Canaria: Anfi-Geschädigte wollen Vertrag loswerden: Uns liegen viele Beschwerden vor Bild: James-Kirkikis/Shutterstock

Timesharing auf Gran Canaria loswerden: teurer Traum

, aktualisiert am

Sie sagen: Kauf dir einen Platz im Paradies! Wir sagen: Finger weg. Pauschalreisen sind meist billiger.

Fixe Zeit, fixes Haus: Timesharing ist die Beteiligung an einer Ferienwohnung. Für eine festgelegte Zeit des Jahres steht sie Miteigentümer:innen oder Teilpächter:innen zur Verfügung. So ­eine zeitlich beschränkte Nutzung von Wohneinheiten in Clubanlagen ist besonders bei Reisenden aus Mittel- und Nordeuropa beliebt. Sorgenfreie Urlaubszeit? Timesharing auf Gran Canaria, Anfi? Uns liegen zahlreiche Beschwerden vor. - Einen Prozess gegen Hapimag haben wir in erster Instanz gewonnen (nicht rechtskräftig).

Timesharing Gran Canaria Anfi

Die Kanarischen Inseln liegen westlich von Nordafrika und gehören zu Spanien. Sie punkten mit Bergen, Stränden und atemberaubender Natur. Hier wurde 1988 vom norwegischen Unternehmer Björn Lyng ANFI gegründet. Die ANFI-Gruppe ist der Timesharing-Platzhirsch auf den Kanaren.

Haben Sie Timesharing-Anteile gekauft?

Viele haben Timesharing-Anteile gekauft.Vor allem an der Südwestküste von Gran Canaria betreiben Anbieter große, gehobene Komplexe mit Yachthäfen, Restaurants, einem Einkaufszentrum und Golfplatz, mit künstlichen Sandstränden, Bars, Autovermietung, Kinderbetreuung, Supermärkten und anderen Freizeitimmobilien.

Konflikte und Insolvenzen

Seit Jahren bekämpften sich an diesem lukrativen Standort die führenden Unternehmenskonglomerate. Manchmal gerieten sogar die Verkaufsagenten auf der Straße aneinander. 2021 wurden zwei Subunternehmen insolvent. Das Hin und Her in den Besitzverhältnissen und Ängste vor einer Pleite haben Konsument:innen, die Anteile an ANFI-Ferienanlagen gekauft hatten, verunsichert. Timesharing-Nutzer:innen sind nicht geschützt gegen Insolvenz der Anbieter.

„Urlaubsmitgliedschaften“

Das neue Management nennt seine ­Angebote nicht mehr „Timesharing“, sondern „Urlaubsmitgliedschaften“. An der Vertragsanbahnung hat sich nicht viel geändert. Der Konkurrenzdruck ist groß; also wenden lokale Verkaufsagent:innen weiter unsaubere Geschäftspraktiken an.

Fixed, Floating und Timesharing im Teileigentum

Timesharing-Gesellschaften bieten unterschiedliche Vertragsarten an:

  • kurze
  • lange
  • fixe
  • fle­xi­ble

Was bringt Fixed Week Ownership?

Einerseits gibt es feste Wocheneigentümerschaften. Hier steht den Gästen in immer derselben Woche jedes Jahr eine gleich große Wohneinheit zu (Fixed Week Ownership). Normalerweise sind diese bis zu zwei Jahre vor Anreise zu reservieren. So haben Sie beispiels­weise 30 Jahre lang immer in Kalenderwoche 15 das Appartement Nr. 73 im Spring Hotel Vulcano auf Teneriffa bezahlt, egal, ob Sie kommen oder nicht.

Verträge mit Eigentumsrecht

Dann gibt es noch klassische langfristige Timesharing-Verträge mit Eigentumsrechten, wo jährlich fixe Zeitfenster zur Verfügung stehen. Sie kosten sehr viel Geld und sind vergleichbar mit einem Wohnungskauf im Heimatland. Investor:innen in eine solche Anlage sind dann echte anteilige Miteigentümer:innen. Sie stehen im Grundbuch, dürfen ihren Anteil vererben oder verkaufen und haben für die laufenden Kosten in Erhaltungsfonds einzuzahlen. Sie bezahlen trotz des hohen Anfangsinvestments pro Aufenthalt noch etwas dazu. Im Gegenzug können sie ihre fixe Nutzungsperiode weitervermieten oder in der Tauschbörse eines Dachverbandes (z. B. RCI) gegen Aufenthalte in ­An­lagen anderer Mitglieder anderswo eintauschen.

Floating Week Ownership

Auf der anderen Seite gibt es auch ­dynamische Modelle (Floating Week Ownership). Darin können verfügbarer Zeitraum und ein Appartement der­selben Kategorie mit weiteren Details jährlich variieren.

Sind Kurzverträge ok?

Wir warnen vor allem vor Kurzzeitverträgen von bis zu einem Jahr. Streng genommen ist das kein echtes Timesharing. Sie sind aber den dynamischen Varianten sehr ähnlich. Wobei: Kund:innen sind, das wissen wir aus unserer Beratung, auch mit den langfristigen Eigentumsmodellen unzufrieden. Die Anteile sind schwer verkäuflich und unflexibel.

Immer die gleiche Masche

Beschwerden betreffen den Einstieg und den Ausstieg aus diesem Urlaubsmodell. Auf Gran Canaria und Teneriffa sind Keiler unterwegs. Junge Leute – sogenannte OPCs (Outside Public Contact) – sprechen auf den Straßen Tourist:innen an. Die OPC stellen den Kontakt gerne mit Rubbellosen her.

Timesharing-Keiler unterwegs

Als Gewinn winken Tablet, Smartwatch oder eine VIP-Nacht im Hotel, ein Nachmittag am Golfplatz, ein Besuch im Freizeitpark mit Cocktail. Man muss dafür in ein nahe gelegenes Resort fahren. Dort übernimmt geschultes, deutschsprachiges Verkaufspersonal (z. B. von ANFI Dreams) und führt im Anschluss durch eine schöne Anlage. Zufällig kommen weitere Personen dazu und schwa­dronieren über die Vorzüge von Timesharing.

900 bis 1.200 Euro Anzahlung

Für eine erste Reservierung einer Unterkunft steht eine sofortige Anzahlung von etwa 900 bis 1.200 Euro an. Das Angebot kann so aussehen: 60-m²- Appartement mit Schlafzimmer und Jacuzzi, Wohn-Essbereich mit Inventar, Badezimmer, Terrasse mit Meerblick für rund 3.000 Euro. Diese zwei Wochen Aufenthalt sind innerhalb von anderthalb Jahren einzulösen. Keine Bedenkzeit, Unterschrift sofort.

Hotels zu keinem Zeitpunkt verfügbar

Nach Abschluss vergleichen manche mit anderen Reiseangeboten und entdecken kritische Kundenbewertungen. Die versprochenen Appartements bzw. Hotels seien zu keinem Zeitpunkt verfügbar. Die Gutscheine oder Reisepakete gelten in der Regel nur anderthalb Jahre, danach verfallen sie. Die Unterkünfte entsprechen nicht dem Vorzeigeappartement. Strandbesuche, Sonnenliegen, Flüge und Verpflegung kosten extra. Nur die Übernachtung ist inkludiert.

Sind Pauschalreisen günstiger?

Ja. Wenn man sich umschaut, könnte man dieselbe Kategorie über Reiseplatt­formen direkt und billiger bekommen. Addition, Multiplikation, Schlussrechnung: Mit einer Pauschalreise fährt man bei ähnlichen Leistungen in der Regel günstiger auf Urlaub. Wegen der vielen Beschwerden hat die EU eine Timesharing-Richtlinie erlassen, die die Rechte der Konsument:innen klärt.

Kein Storno möglich?

Bei der Unterschrift informieren die Vertreter:innen oft nicht über das Widerrufsrecht. Auch auf der ANFI-Homepage sind – Stand 16. Mai 2023 – keine Stornomöglichkeiten zu finden. Ein Rücktritt vom Vertrag wird mit der Begründung abgelehnt, dass es keine Widerrufs-, Rücktritts-, Kündigungs- oder Stornierungsrechte gäbe. Liegt die Vertragslaufzeit bei einem Jahr oder darunter, sind die Verbraucher:innen tatsächlich nicht durch die EU-Timesharing-Richt­linie geschützt. Bei Verträgen von über einem Jahr hat die Timesharing-Richt­linie der EU aber durchaus ein Rücktrittsrecht verankert.

Habe ich ein Rücktrittsrecht?

Ja. Laut Artikel 9 der Timesharing-Richt­linie sind Anzahlungen vor Ende der Rücktrittsfrist untersagt. Somit haben Sie auch Anspruch auf die Rückerstattung der Anzahlung. Machen Sie von ­Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch, so dürfen Ihnen keine Kosten entstehen. Sie müssen auch für keine Leistung auf­kommen, die vor dem Widerruf möglicherweise erbracht wurde.

Ist ein Ausstieg möglich?

Selbst wenn Sie einen Vertrag unter ­einem Jahr Laufzeit unterschrieben haben (so geschehen während einer Tour außerhalb von Geschäftsräumlichkeiten), können Sie aussteigen. In dem Fall greift das Recht auf Rücktritt vom Vertrag gemäß der Verbraucherrechterichtlinie und der Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken.

Wir haben - siehe Download unten - einen Musterbrief dazu.

Bei Problemen melden Sie sich unter 01/588 77 0.

Nutzen fraglich

Bei langfristigen Timesharing-Produkten ist der Nutzen fraglich. Pauschalreisen sind meist billiger. Auf den beworbenen Tauschbörsen sind in der Hochsaison kaum passende Reiseziele zu finden. Der ­Weiterverkauf von Ferienwohnrechten ist extrem schwierig. Lesen Sie mehr unter europakonsument.at/timeshare.

Urteil gegen Hapimag

Wir haben die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in ihren Timesharing-Verträge geklagt.

Es geht um 48 Bestimmungen in Geschäfts- und Reservierungsbestimmungen, in den Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Nun hat das Handelsgericht Wien alle von uns 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig erklärt. Wichtigster Aspekt des Urteils: Obwohl Kund:innen „Aktionärsstatus“ haben sollen, gelten verbraucherrechtliche Bestimmungen. 

Hier drei der 48 Beanstandungen aus dem Urteil:

  • Rücktritt von einem Timesharing-Vertrag: Das Teilzeitnutzungsgesetz 2011 (TNG) ist anwendbar. Es ermöglicht es Verbraucher:innen, kostenfrei innerhalb von 14 Tagen nach dem Abschluss eines Timesharing-Vertrages zurückzutreten.
  • Weitergabe: Das Gericht hat Klauseln, welche die Weitergabe der „Aktien“ und den Rückkauf an das Unternehmen regelten, als unzulässig beurteilt. Sie waren zu undurchsichtig und ermöglichten Hapimag unter anderem willkürliche Beurteilung. 
  • Verjährung: Auch eine fünfjährige Verjährungsfrist von „Wohnpunkten“, mit denen der Urlaub „bezahlt“ werden konnte, wurde vom Gericht als unzulässig beurteilt. 

Nicht rechtskräftig

Das Urteil ist - Stand 18.1.2024 - noch nicht rechtskräftig. 

Lesen Sie mehr auf auf verbraucherrecht.at: Urteil - Timesharing-Anbieter Hapimag. 48 Klauseln unzulässig

KONSUMENT-Tipps

  • Ablehnen. Halten Sie sich von Infoveranstaltungen fern! Den aggressiven Verkaufspraktiken kann man sich schwer entziehen.
  • Keine Unterschrift. Ist der Vertrag erst unterschrieben, wird es schwer, diesen wieder aufzulösen. Manchmal wird mit einer Vertragslaufzeit von unter einem Jahr getrickst, damit der Schutz der Europäischen Timesharing-Richtlinie nicht greift.
  • Keine Anzahlung. Nicht per Kreditkarte, nicht per Bankomatkarte und keinesfalls in bar. Bei Barzahlung ist es fast unmöglich, das Geld zurückzuerhalten.
  • Polizei kontaktieren, wenn Sie in irgendeiner Form bedrängt, unter Druck gesetzt oder mit Anrufen belästigt werden.
  • Passt das Produkt? Wollen Sie sich langfristig binden? Werden Sie zum geplanten Zeitpunkt immer Urlaub bekommen? Was, wenn Sie krank werden? Je nach Vertrag sind dann möglicherweise all Ihre Zahlungen verloren.
  • Nebenkosten. Flug, Transfer, Verpflegung und Nebenspesen kosten extra.
  • „Begrenzte Verfügbarkeit“ kann bedeuten, dass Sie das gebuchte Appartement zur gewünschten Zeit nicht nutzen können. Bitte für einen möglichen Rechtsstreit dokumentieren.
  • Vertragsrücktritt. Achten Sie auf unfaire Vertragsklauseln – etwa, wenn ein Vertragsrücktritt verboten, eine überhöhte Vertragsstrafe erwähnt wird oder ferne Gerichte zuständig sind.

Leserbrief: „Mein Verlust betrug über 10.000 Euro“

Im Jahre 1991 kaufte ich eine "Aktie" von HAPIMAG, nachdem ich durch Nebenjobs ca. 70.000 Schilling dafür zusammengespart hatte. 

Jährliche Verwaltungskosten

Diese Aktien waren im Grunde nur eine Beteiligung, nirgends handelbar, mit Pflichten, z.B. jährliche Verwaltungskostenbeiträge und dafür gab es jedes Jahr Punkte. Mit den Punkten eines Jahres und pro Aktie konnte man in einem beliebigen Resort eine Woche wohnen - in einem 2-Bett-Appartement, sehr gut ausgestattet. Für ein kleineres oder größeres gab es Punkte-Ab- bzw. Aufschläge. Buchen konnte bzw. musste man einige Monate im voraus.

Weitere Aktie gekauft

Da die Resorts in Ordnung waren und um flexibler zu sein, kaufte ich nach drei Jahren eine weitere Aktie. Ein großer Nachteil war die Vorausbuchung, die später für ein Jahr möglich war. Eine Umbuchung kostete ca. 600 Schilling und war mühsam. Als Anfang der 2000er-Jahre das Angebot von Ferienwohnungen im Internet stark zunahm, mit Bildern und Bewertungen und einfachen Stornomöglichkeiten wurde Hapimag mit seinen starren Schweizer Regeln unattraktiv. Vor allem durch undurchsichtige finanzielle Transaktionen des Führungsgremiums hatte Hapimag gegen 2010 Geld verspekuliert. 

"Mein Verlust betrug über 10.000 Euro"

Die bis dahin gültige Regelung zum Austritt aus Hapimag - man bekommt den momentanen Verkaufspreis der Aktie minus 18 % - wurde einfach aufgehoben. Es war nicht mehr möglich, die Aktie zurückzugeben. Ich könne sie „an Hapimag senden, verliere die jährliche Punktezuteilung“, müsse aber den nunmehr auf „600 Euro gestiegenen Jahresbeitrag weiterhin zahlen", wurde mir erklärt. Ich hatte dann Gelegenheit, die Aktien privat zu verkaufen. Mein Verlust betrug über 10.000 Euro. 

Dubiose Händler und Spesen

Es gibt im Internet dubiose Händler, die Hapimag Aktien um 100 oder 200 Euro übernehmen, aber der Verkäufer muss die Spesen, die bei Hapimag durch "Umschreiben" in Höhe von mehreren 100 Euro entstehen noch dazu übernehmen.

Hapimag war attraktiv. Die Mitglieder wurden aber älter, konnten vielfach nicht mehr (weit) reisen. Und junge neue Mitglieder sind kaum zu bekommen, siehe die eingangs erwähnten Buchungsregeln und die einfachen Internetbuchungsmöglichkeiten für beliebige Ferienunterkünfte.

H.P., Birgitz

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EU Flagge, darunter steht "Mitfinanziert durch die Europäische Union"
Bild: ECC-net

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