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Stilisiert Teller mit Gabel links, Löffel rechts
Bild: pixabay

Kindergeschirr aus Melamin und "Bambus" - Finger weg!

Hersteller bewerben Geschirr aus Melamin und "Bambus" als besonders umweltfreundlich und geeignet für Kinder. Wir haben neun Produkte getestet. Aus allen löst sich viel zu viel Melamin und Formaldehyd.

Folgende Kindergeschirre finden Sie in unserem Test:

  • babylove Schüssel
  • Co Eco Baby Geschirrset Bambus
  • Feuerwehrmann Sam Frühstücksset
  • Fillikid Bambusgeschirrset
  • Haba Kinderteller
  • Hema Teller
  • Lässig Dish Bowl
  • Sebra Geschirr-Set
  • Sterntaler Bambus

Die Testtabelle informiert Sie über: Deklaration, chemische und technische Prüfung. - Lesen Sie nachfolgend unseren Testbericht.


Kindergeschirr bei Eltern beliebt

Geschirr aus Melamin fehlt in kaum einem Haushalt, in dem auch kleinere Kinder leben. Eltern lieben die Produkte, weil sie leicht und relativ stabil sind, und die Hersteller treffen mit einem bunten, oft der Natur entlehnten Design den Geschmack der Kinder. Ebenfalls eine Rolle spielen dürfte, dass mit Bambusfasern verarbeitetes Melamin häufig als besonders umweltfreundlich und biologisch abbaubar be­worben wird.

Test auf Stabilität und Schadstoffe

Wir haben insgesamt neun verschiedene Kindergeschirr-Produkte, darunter vier Bambus-Sets und eine Bambus-Schale, eingekauft und im Labor getestet. Neben Haltbarkeit und Stabilität der Produkte interessierte uns vor allem, ob von Melamingeschirr eine Belastung mit Schadstoffen, konkret Melamin und Formaldehyd, ausgeht.

Möglicherweise krebserregend

Melamin gilt als möglicherweise krebserzeugend. Es steht zudem im Verdacht, Erkrankungen im Blasen- und Nierensystem zu verursachen. Formaldehyd ist als krebserregend für den Menschen eingestuft und kann Allergien auslösen. Ebenfalls unter die Lupe nahmen wir, ob die Produkthinweise auf den Kindergeschirrverpackungen und auf den Produkten korrekt sind.

Kein Produkt verkehrsfähig

Desaströses Ergebnis

Wird heißer Brei oder Tee in das Geschirr eingefüllt, ist mit einer erheblichen Schadstoffabgabe zu rechnen. Bei allen Produkten liegt die Schadstoffabgabe sowohl beim Melamin als auch bei Formaldehyd deutlich über den zulässigen Grenzwerten. Teilweise werden diese sogar um das Dutzendfache, in einem Fall um das 104-Fache überschritten! Das betrifft sowohl neues Geschirr als auch solches, das bereits mehrfach gewaschen wurde (im Test nach 20 Durchgängen im Geschirrspüler).

Kein Produkt verkehrsfähig

Aus unserer Sicht hätte aufgrund der da­von ausgehenden Gesundheitsgefährdung kein einziges Produkt in den Handel kommen dürfen. Das gilt ins­besondere auch für die von den Herstellern als besonders umweltfreundlich beworbenen Bambusprodukte.

Da sich Melamin und Formaldehyd nicht nur durch Hitze, sondern auch durch Kontakt mit Säure aus dem Geschirr lösen können, ist im Übrigen auch von der Verwendung des Geschirrs für geschnittenes Obst oder säurehaltige Flüssigkeiten, etwa Säfte, abzuraten.

Bei der Verwendung des Geschirrs für trockene Speisen wie Kekse oder Brot ist von einer deutlich geringeren Schadstoffabgabe ­auszugehen – bedenkenlos empfehlen ­können wir jedoch auch dafür keines der getesteten Produkte.

Bambusfasern nicht zugelassen

Über die Schadstoffbelastung hinaus sind Bambusfasern laut EU-Kunststoffverordnung (Nr. 10/2011) gar nicht als Kunststoffadditive für Produkte zugelassen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Allein schon aus diesem Grund wäre das untersuchte Bambusgeschirr nicht verkehrs­fähig.

Im Gutachten kommt das von uns beauftragte Prüfinstitut zu dem Schluss: „Nach den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen sind alle 9 Kindergeschirre als bei bestimmungs­gemä­ßem Gebrauch gesundheitsschädlich gemäß Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetz (§ 16 Abs. 1. Z 1) in Verbindung mit der EU-Verordnung (Nr. 1935/2004 Artikel 3 (1) a) zu bewerten.“

Ergänzend sei erwähnt, dass es sich bei den meisten Produkten um Ware aus China handelt. Diese Produkte müssen bei der Einfuhr in die EU nach Verordnung (EU) 284/2011 einen Prüfbericht vorweisen, der bescheinigt, dass die Formaldehydabgabe unter den EU-Grenzwerten liegt.

Fehlende Hinweise

Fehlende Hinweise

Abgesehen von der massiven Abgabe von Melamin und Formaldehyd weist die Mehrzahl der Produkte auch Mängel bei der Deklaration auf. Nicht einmal der Hinweis, dass das Geschirr aus Melamin besteht, war überall zu finden. Babylove, Fillikid und Sebra werben zudem damit, dass die Produkte umweltfreundliche seien.

Co Eco behauptet fälschlicherweise, das Geschirr sei biologisch abbaubar. Auf ­einigen Produkten fehlen Warnhinweise, dass sie nicht mikrowellentauglich sind bzw. dass Getränke oder Speisen, die heißer als 70 Grad Celsius sind, nicht eingefüllt werden dürfen.

Nicht besonders bruchfest

Viele Eltern verwenden Melamingeschirr wohl gerne deshalb, weil es besonders stabil ist und weniger leicht zu brechen scheint als Keramik oder Porzellan. Die von uns durchgeführten Fallprüfungen können dies nicht bestätigen. Die meisten Produkte zeigten bereits Absplitterungen oder Risse, wenn sie von Tischhöhe zu Boden fielen. Keines der Geschirre erwies sich zudem als besonders kratzfest.

Testtabelle: Kindergeschirr

VKI-Tipps

  • Nicht verwenden. Verzichten Sie auf Kindergeschirr aus Melamin oder Bambus- Melamin. Vor allem heiße oder säurehaltige Lebensmittel lösen erhebliche Mengen an gesundheitsschädlichen Substanzen aus derartigen Produkten.

Testkriterien

Im Test: Neun verschiedene Melamingeschirrprodukte, darunter vier Bambus-Melaminprodukte.

Deklaration 5 %

Folgenden Parameter wurden in Anlehnung an EN 14372 erhoben:

  • Angabe „Bambus“ ohne Hinweis auf anderer Stoffe
  • Angabe „Melamin“
  • Warnhinweis auf Verpackung vorhanden: nicht geeignet für die Mikrowelle
  • Warnhinweis auf Produkt: nicht geeignet für die Mikrowelle
  • Eignung für Getränke/Speisen über 70 °C
  • Hinweise zur Umweltfreundlichkeit
  • Hinweise zur biologischen Abbaubarkeit
  • Warnhinweis: kann brechen, wenn es fallen gelassen wird

Benotet wurde nach dem Schulnotenprinzip. Irreführende oder fehlende wichtige Angaben erhielten die Note 5, korrekte Angaben die Note 1.

Beim Parameter „Warnhinweis: kann brechen, wenn es fallen gelassen wird“ wurden folgende Noten vergeben:

  • 1 = Warnhinweis vorhanden ODER Warnhinweis nicht vorhanden und Produkt wurde beim Falltest nicht beschädigt
  • 3 = Warnhinweis nicht vorhanden, Produkt wurde beim Falltest beschädigt (nicht gebrochen)
  • 5 = Warnhinweis nicht vorhanden, Produkt brach beim Falltest

Technische Prüfung 15 %

Die Hälfte der Prüfmuster durchlief insgesamt 20 Waschzyklen im „Auto“-Programm eines handelsüblichen Haushaltsgeschirrspülers. Die Temperatur beim Waschen betrug 45 °C bis 65 °C. Zwischen den Waschgängen wurde der Geschirrspüler geöffnet, um ein vollständiges Trocken des Geschirrs zu ermöglichen. Durch diese Behandlung wurde die mehrfache Verwendung des Geschirrs simuliert.

Farbechtheit: Nach 20 Waschzyklen wurde die Farbechtheit überprüft. Dabei beurteilten drei Experten, ob ein visueller Unterschied zwischen einem gewaschenem und einem neuwertigen Produkt erkennbar war.

Fallprüfung: Die Fallprüfung wurde mit neuwertigem Geschirr durchgeführt. Die Produkte wurden aus einer Höhe von 77 cm +/– 1cm auf eine Waschbetonplatte fallen gelassen. Je Produkt wurden 3 Stück der Prüfung unterzogen, diese 3 Stück wurden je 3 drei Mal fallen gelassen. Bei Geschirr-Sets wurden 3 unterschiedliche Teile des Sets getestet.

Kratzprüfung: Die Kratzprüfung wurde mit neuwertigem und 20 Mal gewaschenem Geschirr durchgeführt. Die Prüfung erfolgt mit dem Erichsen Härteprüfstab Modell 318 S. Nach dem Einstellen der Federkraft von 0,5 N wurde das Gerät senkrecht mit der Spitze über die Telleroberfläche gezogen. Die Prüfung wurde mit zunehmender Federkraft so lange wiederholt, bis eine deutlich sichtbare Kratzspur erkennbar war. Je Testobjekt wurden 3 Kratzspuren erzeugt und die durchschnittlich benötigte Kraft wurde ermittelt.

Chemische Prüfung 80 %

Neuwertige und gewaschene Prüfmuster wurden gemäß VO(EU)10/2011 einer Untersuchung auf Formaldehyd- und Melaminabgabe unterzogen. Hierfür waren die Produkte für 10 Tage bei 60 °C mit dem Simulanzmedium (3 % Essigsäure) in Kontakt. Die dabei herausgelöste Menge an Formaldehyd und Melamin wurde anschließend photometrisch bestimmt. Bei neuwertigen Produkten erfolgte ein Repeated-Use-Test, wobei erst der 3. Ansatz mit dem Simulanzmedium auf Melamin und Formaldehyd untersucht wurde. Für das gewaschene Geschirr erfolgte die Bestimmung bereits aus dem 1. Ansatz.

Stellungnahmen

Wir haben den Herstellern aller getesteten Produkte die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

HABA
Nach Prüfung der Ergebnisse von Formaldehyd und Melamin (2,4,6-Triamino-1,3,5-triazin) möchten wir Sie bitten, diese nochmal zu verifizieren. Diese Werte sind für uns im Augenblick nicht nachvollziehbar, da sie außerhalb von Produktionsschwankungen liegen und wir hoffen auf Ihre Unterstützung.

i. A. Matthias Löhnert
Qualitätssicherung/Quality assurance
HABA Supply Chain GmbH & Co. KG

Sterntaler
Natürlich haben wir auch unser Kindergeschirr mit Bambus nach den geforderten Normen durch ein unabhängiges Institut prüfen lassen. Im Folgenden erhalten Sie die passenden Auszüge aus dem uns vorliegenden Prüfbericht zu den spezifischen Migrationen von Melamin und Formaldehyd: Die hier ermittelten Testergebnisse liegen unter den angegebenen Grenzwerten. Somit wurden die gesetzlichen Anforderungen bestanden.

Christopher Weimer
Einkaufsleiter Spielwaren
Sterntaler GmbH

sebra
We have received your request concerning our melamine/bamboo melamine products and can inform that both are tested according to EU No 10/2011 and both passed. If needed we can send our test reports.

Vivi Thomsen
Strategic purchaser

dm
dm hat uns um Details zum getesteten Produkt gebeten, die wir auch an dm gesendet haben. Danach haben wir von dm nichts mehr gehört.

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