Solarstrom ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Für Hausbesitzer ist die Installation einer eigenen Photovoltaikanlage (PV) ohne große Stolpersteine möglich. Aber auch in einer Wohnung hat man mit Kleinst-PV-Anlagen die Möglichkeit, seinen Teil zur Energiewende beizutragen.
Balkonkraftwerk in Österreich: bis 800 Watt
Seit einigen Jahren dürfen Balkonkraftwerke in Österreich, auch Plug-in-Anlagen, Plug & Play- oder steckerfertige PV-Anlagen genannt, betrieben werden. Die Maximalleistung beträgt 800 Watt. Die Begrenzung bezieht sich auf den Wechselrichter, die Leistung der Module ist im Grunde egal.
Allerdings ist zu beachten, dass z.B. bei einem 800 Watt Wechselrichter der Anschluss von 2000 Watt Modulleistung über das Ziel hinausschießt. Etwas mehr ist sicher sinnvoll, vor allem wenn die Ausrichtung der Module nicht optimal ist (z.B. senkrechte Montage auf dem Balkon), aber zu viel ist "ungesund". Denn wenn man zu viel Leistung an einen Wechselrichter anschließt, der dafür nicht ausgelegt ist, kann er kaputt gehen. Es hängt vom Wechselrichter ab, wie viel Leistung er verträgt, bevor er kaputt geht.
Bewilligung notwendig?
Diese Kleinst-PV-Anlagen können recht unkompliziert z.B. auf Balkonen installiert werden. Da in der Regel keine baulichen Veränderungen am Objekt (Gebäudehülle) vorgenommen werden, muss man den Vermieter bzw. die Eigentümergemeinschaft nicht informieren. Allerdings kommt es durch das Anbringen der Paneele zu einer Änderung des Erscheinungsbildes des Hauses, was wiederum bewilligungspflichtig ist. In anderen Worten: Vermieter/Eigentümer können sich querlegen und die Installation verbieten. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten (mit ungewissem Ausgang - wobei die Erfolgsaussichten im Wohnungseigentumsbereich deutlich höher sind).
Regionale Bauordnungen oder Vorschriften können ebenfalls zum Stolperstein werden. Hier ist es notwendig, sich im Einzelfall zu erkundigen.
Das Justizministerium ließ uns auf Nachfrage wissen:
"Bei Balkonkraftwerken handelt es sich um eine vergleichsweise neue Entwicklung, die im Sinne des Ausbaus Erneuerbarer Energien wichtig und begrüßenswert ist. Sollte sich weiterer Bedarf nach gesetzlichen Änderungen zeigen, wird sich das Bundesministerium für Justiz dieser Diskussion selbstverständlich nicht verschließen."
Deutschland: Grundsatzurteil angestrebt
In Deutschland kommt nun Bewegung in die Thematik. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unterstützt erstmals eine Klage von Mieter:innen gegen das Verbot von Balkonkraftwerken. Die DUH argumentiert in der Klagschrift, dass die Hausverwaltung der Mieter:innen eine rechtsmissbräuchliche Verzögerungstaktik an den Tag lege. Die Mietenden würden rund um die Genehmigung eines Balkonkraftwerks mit völlig überzogenen und unsachlichen Forderungen drangsaliert, wie z.B. Statik- und Brandschutzgutachten, sowie Prüfung der gesamten Haustechnik (alles Dinge, die eigentlich in der Verantwortung des Vermietenden liegen). Zu Beginn wurde die Anbringung von der Hausverwaltung aus optischen Gründen nicht gestattet.
In einer DUH-Presseaussendung heißt es: "Die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien besitzt längst gesetzlich den Rang des 'überragenden öffentlichen Interesses', die Installation ist zudem rückbaubar und absolut sicher. Es gibt keinen sachlich nachvollziehbaren Grund gegen das Balkonkraftwerk." Die DUH strebt ein Grundsatzurteil an, das Klarheit bringen soll, "welche Anforderungen an Mieterinnen und Mieter bei der Anbringung gestellt werden können oder eben auch nicht".
Einspeisung via Steckdose
Zurück auf die technische Ebene und zu der Frage: Wie funktionieren Balkonkraftwerke eigentlich? Prinzipiell wie ihre großen Solaranlagen-Geschwister. Nur sind sie weitaus einfacher zu installieren. Wie der Name schon sagt, verbindet man Plug-in-Anlagen via Schuko-Stecker mit dem hauseigenen Stromnetz. Wichtig: Die Einspeisung muss direkt in eine Wandsteckdose erfolgen, nicht mit Verlängerungskabeln oder über eine Steckdosenleiste (weiterführende Hinweise siehe „Tipps für den Kauf“ weiter unten).
Strom für Eigenverbrauch
Der eingebaute Wechselrichter wandelt die vom Solarmodul erzeugte Gleichspannung in netzkonforme Wechselspannung (230 V/50 Hz) um. Und da Strom sich rein physikalisch immer den direkten Weg sucht, kann dieser selbst erzeugte Strom dann unmittelbar dafür genutzt werden, z.B. die Klimaanlage in der Wohnung mit Ökostrom zu versorgen; oder auch die Waschmaschine, den Toaster oder den WLAN-Router – je nachdem, welches elektronische Gerät gerade Energie benötigt. Überschüssiger Strom wird ins allgemeine Netz eingespeist. Deshalb ist auch ein Stromzählertausch auf ein digitales Messgerät vorgeschrieben (Meldung an den Netzbetreiber zwei Wochen vor der geplanten Inbetriebnahme; die meisten Netzbetreiber bieten dafür Online-Formulare an). Eine Vergütung des Überschussstromes gibt es nicht.
Funktioniert die Anlage auch in Fall eines Blackouts?
Nein, bei einem Stromausfall trennt sich das Balkonkraftwerkt aus Sicherheitsgründen vollautomatisch vom Netz. Es gibt aber Anbieter am Markt, die Batteriespeicher-Systeme im Sortiment haben, die auch im sogenannten „Inselmodus“ betrieben werden können. Also auch bei einem Blackout Notstrom bereitstellen können.
Amortisationszeit
Wirklich große Energie-Sprünge macht man mit so einer kleinen Anlage nicht. Um ein Gefühl für die erzeugte Strommenge zu bekommen: Übers Jahr gerechnet kann ein Kühlschrank und eine Waschmaschine damit betrieben werden. In den Sommermonaten kann die Grundlast unter Tags (wenn man außer Haus ist) aber gut damit abgedeckt werden. KONSUMENT-Nachhaltigkeitsredakteur Markus Stingl rechnet für sein Balkonkraftwerk (720 Wattpeak, Südost-Ausrichtung, teilweise schattig) mit einer Jahresausbeute von ca. 400-450 kWh.
Die Amortisationszeit hat sich durch die zuletzt hohen Strompreise verkürzt. Bei Anschaffungskosten im Bereich von 500 bis 700 Euro (pro ca. 300 Watt) können sich diese Anlagen je nach Haushaltsgröße, Sonneneinstrahlung und Stromverbrauch in (Achtung: grobe Schätzung!) 5 bis 6 Jahren rechnen. Gehen die Strompreise wieder nach unten, verlängert sich freilich im Gleichklang auch die Amortisationszeit.
Doch die Wirtschaftlichkeit ist oft nicht das einzige oder gar das Hauptkriterium für Mini-PV-Anlagen. Teil der Energiewende sein, Spaß an der eigenen Stromerzeugung haben: Auch diese Argumente werden in Gesprächen mit "Balkonkraftwerksbetreibern" häufig genannt.
Rechtlicher Graubereich in Österreich
Ob diese Balkonkraftwerke in Österreich allerdings zulässig sind, darüber scheiden sich die Geister. Es gibt eine Reihe von Vorschriften, Gesetzen, Verordnungen und Regeln, die relevant sind. Für den Einzelnen eigentlich nicht überschaubar. Es existiert jedenfalls eine elektrotechnische Norm (OVE E 8101), die den direkten Anschluss via Schuko-Stecker nicht billigt. Auch solche Kleinstanlagen müssen von einem Elektriker fachgerecht verdrahtet werden, heißt es dort sinngemäß. Diese Norm, die sozusagen den Stand der Technik definiert, ist allerdings rechtlich nicht bindend. In der Elektrotechnikverordnung, mit der der Gesetzgeber Regelungen betreffend Sicherheitsmaßnahmen auf dem Gebiet der Elektrotechnik festschreiben kann, ist besagte Norm zwar enthalten. Aber sie firmiert dort als kundgemachte, und eben nicht als verbindliche Norm. Resultat: Wer sich nicht an so eine Norm hält, muss eine Risikobeurteilung machen. Dies erledigt aber in der Regel ohnedies der Hersteller der Module bzw. Wechselrichter. Bei No-Name-Produkten, die z.B. auf Amazon feilgeboten werden, kann man sich dessen aber nicht so sicher sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt die gesamte Betriebssituation vor Ort von einem Fachmann prüfen - was die Amortisationszeit entsprechend verlängert (siehe Tipps weiter unten).
Die Position der Bundesinnung für Elektrotechnik: "Stromerzeugungseinrichtungen dürfen nicht mittels eines Steckers und einer Steckdose mit dem Endstromkreis verbunden werden." In einer Stellungnahme uns gegenüber spricht die Innung gar von einer "Gefahr für Leib und Leben".
Eine Studie des Frauenhofer-Institutes im Auftrag der Regulierungsbehörde E-Control kam zu den Schluss, dass kein nennenswertes Risiko von 800 Watt ausgeht.
Aus der Praxis ist abzuleiten, dass die Anlagen wohl sicher sind - vorausgesetzt, man beherzigt die grundlegenden Tipps und entsprechenden Vorgaben (siehe auch "Tipps für den Kauf" weiter unten). Der Deutschen Verbraucherzentrale ist kein Fall bekannt, bei dem es zu Sachschäden oder verletzten Personen gekommen wäre. Auch für Österreich ist uns kein derartiger Fall bekannt. Die Elektrotechnik-Innung kann ebenfalls keine konkreten Zahlen nennen. Mit dem Gefahren-Hinweis wolle man zur Vermeidung von Elektrounfällen und Sachschäden beitragen, die aus Sicht der Innung beim Gebrauch möglich erscheinen.
In Deutschland hat Anfang 2023 der VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik), laut Eigenaussagen eine der größten Technologie-Organisationen Europas, aufhorchen lassen. Auch der VDE war skeptisch hinsichtlich der Verwendung von Schuko-Steckern bei Mini-PV-Anlagen. Nun "duldet" der VDE die Schuko-Stecker - um, wörtlich, "die flächendeckende Verwendung von Mini-Energieerzeugungsanlagen zu ermöglichen".
Der heimische Interessensvertretung bleibt ungerührt ob der Kehrtwende in Deutschland, und ließ uns ausrichten, dass "die Position der Bundesinnung unverändert bleibt".
Aus Konsumentensicht ist dieser normungsrechtliche Graubereich jedenfalls mehr als ärgerlich. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber hier Fakten schaffen würde. Und zwar ohne Interpretationsspielraum.
"Anlagen sind legal"
Wer z.B. von seinem Netzbetreiber oder von einem Elektriker die Rückmeldung bekommt, dass Plug-In-PV-Anlagen nicht zulässig sind, der sollte sich nicht verunsichern lassen. "Diese Anlagen sind legal", konstatiert E-Control-Vorstand Alfons Haber im Gespräch mit KONSUMENT. Im Herbst 2022 hat die E-Control einige FAQ rund um das Thema Mini-PV-Anlagen veröffentlicht.