Die Konsumentin steht mit ihren Erfahrungen stellvertretend für viele andere, die sich von der Genehmigungs-Willkür drangsaliert fühlen. Wen wundert es, wenn Konsument:innen aufgrund dieser rechtlichen Blackbox-Situation ihr Balkonkraftwerk ohne Genehmigung in Betrieb nehmen?
Guerillakraftwerke, also Balkonkraftwerke, die dem Netzbetreiber nicht gemeldet werden und daher nicht in die Berechnungen zur Netzstabilität einfließen können, seien mittlerweile zum Problem geworden, kritisierte Netz Niederösterreich kürzlich in einer Aussendung.
Ob das Problem wirklich so groß ist, soll hier nicht kommentiert werden. Der Salzburger Netzbetreiber zum Beispiel sieht das laut Zeitungsbericht anders. Die Smart Meter würden ohnehin melden, wenn jemand ins Netz einspeist. Dieser würde dann mit der Bitte um Meldung kontaktiert.
Rechts- und Planungssicherheit gefordert
Zurück zu Frau Vorauer. Was will die klimabewusste Verbraucherin? Nachvollziehbare, transparente Rahmenbedingungen, die die Anbringung eines Balkonkraftwerks ermöglichen. Frau Vorauer will Rechts- und Planungssicherheit und entsprechend „unverzügliche Veränderungen der gesetzlichen Vorgaben“.
Was sagt die Politik?
Wir haben beim Justizministerium nachgefragt. Und die Antwort erhalten, dass derzeit in einer Arbeitsgruppe mögliche Anpassungen erörtert werden, „um klimaschützende Maßnahmen im Wohnrecht zu erleichtern“. Darin inkludiert seien auch die Balkonkraftwerke. Ein konkreter Zeithorizont für gesetzliche Änderungen konnte allerdings nicht genannt werden.
Was sagen die Regierungsparteien? Tanja Graf, Energiesprecherin der ÖVP, teilt uns mit, dass ihr diese Problematik rund um Balkonkraftwerke bekannt sei. Man sei zuversichtlich, noch in dieser Legislaturperiode eine Lösung zu finden.
Diese Hoffnung teilt auch Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen. Er geht aber weiter ins Detail. Eine Änderung des Mietrechts hält er auf absehbare Zeit für unrealistisch. Anders im Eigentumsbereich, wo er „akuten Änderungsbedarf“ sieht. Auf einem anderen Blatt stehe das Verhalten der zuständigen Behörden – „das ist zum großen Teil Sache der Länder“. Es sei extrem ärgerlich, „dass hier auf lokaler Ebene, aus welchen Gründen auch immer, so blockiert wird“. Dort, wo man auf Bundesebene tätig werden könne, werde man sich mit dem Koalitionspartner abstimmen.
Kompetenz-Hick-Hack
Als gelernte:r Österreicher:in weiß man, dass sich die Länder nur ungern Kompetenzen vom Bund wegnehmen lassen. Deshalb ist eine bundesweite Harmonisierung der behördlichen Auflagen für Balkonkraftwerke wohl eher Wunschdenken – zumindest in dieser Legislaturperiode.
Kommt Einspeisevergütung?
Hammer: „Wir versuchen an so vielen Schrauben wie möglich zu drehen.“ Er erwähnt einen weiteren Punkt. Wenn das Elektrizitätswirtschaftsgesetz ELWG so wie geplant im Juli beschlossen werde, können auch Balkonkraftbetreiber künftig einen zusätzlichen Zählpunkt beantragen. So stehe es zumindest im Begutachtungsentwurf des ELWG. Das ist die Grundvoraussetzung, um den überschüssigen, nicht selbst verbrauchten Strom wie bei „normalen“ Photovoltaikanlagen vergütet zu bekommen.
Leserbrief vom 18. Juni 2024
Als Reaktion auf obigen Artikel bzw. den zeitgleich erschienenen Blogbeitrag zu den Flex-Modulen hat uns folgender Leserbrief erreicht:
„Ich habe, wie im Blog beschrieben, schon länger mit dem Gedanken gespielt, eine Balkonsolaranlage zu installieren. Dazu habe ich als Mieter einer Genossenschaftswohnung in Wien von Beginn an den Kontakt zur Hausverwaltung gesucht, um alles Allgemeine und Allfällige abzuklären, so etwa die Genehmigung durch die Baupolizei MA37. Zitat: „PV-Anlagen dieser Größenordnung sind bewilligungsfrei.“ Eine Genehmigung seitens der Baupolizei MA 37 ist daher nicht notwendig bzw. nicht möglich. Aus stadtgestalterischer Sicht wird seitens der MA 19 kein Einwand im Sinne des § 85 BO erhoben.
Die Hausverwaltung hat mir dann aber mitgeteilt, dass eine PV-Anlage mit herkömmlichen Modulen die Holmlast des Balkongeländers beeinträchtigen würde (Anm.: Das Haus ist mit einem soliden Stahlgeländer ausgerüstet, Baujahr 2021), worauf ich auf die besagten Flex-Module ausgewichen bin, um auch diesem Argument gerecht zu werden.
Um das Balkongeländer nicht zu belasten, habe ich auf der Innenseite eine stabile und hochwertige Hohlständerwand (bis unterhalb der Geländerhöhe) installiert, die das gesamte Gewicht der Module aufnimmt und dies der Hausverwaltung auch mitgeteilt. Daraufhin wurde mir wiederum der Auftrag gegeben, dies von einem Statiker (auf eigene Kosten) prüfen zu lassen, mit dem nun neuen Argument der Sicherheit.
Wiederum habe ich die Hausverwaltung darüber informiert und sie eingeladen, meine Flex-Module doch einmal zu suchten/überprüfen, um etwaige Zweifel auszuräumen bzw. beiBedarf Adaptionen zu veranlassen. Auch mit dem Hinweis, dass es in der Anlage und innerhalb der Genossenschaft weitere PV-Anlagen gibt bzw. das Sicherheitsrisiko etwa durch Pflanzenkisten oder Windschutzkonstruktionen weitaus höher ist. Im Übrigen habe ich, wie in Ihrem Blog beschrieben, die Module mit Edelstahlkabelbindern befestigt!
Nun ja, die Reaktion ließ leider nicht lange auf sich warten und mir werden nun gerichtliche Schritte angedroht, komme ich nicht nach, die Module binnen einer Woche zu entfernen. So weit einmal in aller Kürze meine Erfahrungen zum Thema nachhaltige Investition in den Klimaschutz am Beispiel Balkonsolar.
Im Übrigen ist keiner der angesprochenen Punkte in der Hausordnung und dem Benutzerhandbuch für Mieter:innen der Hausverwaltung aufgelistet. Ich sehe hier also weder einen Rechtsbruch (was mir ja mit der Drohung gerichtlicher Schritte explizit vorgeworfen wird), noch ein fahrlässiges Verhalten, noch ein bewusst von meiner Seite aus veranlasstes Sicherheitsrisiko.“
Timo Finkbeiner
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