Wizz Air - Ein schlechter Wizz
Die Neuauflage unseres ersten Greenwashing-Checks. Oder: Wie eine Airline das Grüne vom Himmel verspricht.
Was uns stutzig gemacht hat
Bereits vor drei Jahren versuchte Wizz Air, sich mit Nachhaltigkeitsversprechen von der Konkurrenz abzuheben. Wie uns zugetragen wurde, hält der Billigflieger mit leichten Anpassungen an dieser Strategie fest. Wizz Air einem Re-Check zu unterziehen, ist für uns in dieser Jubiläumsausgabe eine Punktlandung. Den 2021er-Check können Sie unter konsument.at/gwc/wizzair21 nachlesen.
Der Check
Vor drei Jahren tönte die ungarische Billigairline vollmundig, dass Wizz Air und das Wort Nachhaltigkeit synonyme Begriffe seien: "Nachhaltigkeit ist ein langes Wort. Sag einfach Wizz." Außerdem brüstete man sich damit, Europas Airline mit dem kleinsten CO2-Fußabdruck zu sein.
Vergleiche und Transparenz
Und 2024? Inzwischen ist Wizz Air puristischer, was den Marketing-Slogan angeht: "Fly the Greenest", also "Flieg mit der Grünsten". Das wurde schon vor drei Jahren, in etwas abgewandelter Form, so behauptet. Was sich ebenfalls nicht geändert hat, ist der Mangel an Transparenz. Denn mit welchen anderen Airlines sich Wizz Air im "Grün-Ranking" vergleicht, wird nicht kommuniziert. Wer mit Wizz Air fliegt, nur so viel wird der Öffentlichkeit verraten, hat einen durchschnittlichen CO2-Fußabdruck von 55,2 Gramm pro Kilometer. "Der niedrigste Wert unter unseren wichtigsten Wettbewerbern." Das kann man glauben oder nicht.
Zudem präsentiert die Wizz Air auf ihrer Homepage nach wie vor unsaubere Grafiken: Achsen werden so beschnitten, dass Emissionsreduktionen größer erscheinen, als sie tatsächlich sind. Immerhin: Laut Stellungnahme der Airline werde man das nun endlich korrigieren. Neu ist ein "Appell" der Wizz Air: "Wenn Sie nicht fliegen müssen, tun Sie es bitte nicht."
Mit Blick auf die Klimaziele hört sich das doch nach einer verantwortungsvollen Botschaft an, oder? Mehr dazu weiter unten im Fazit. Neu ist auch, dass Wizz Air angibt, keine Kurzstrecken anzubieten, die per Zug zurückgelegt werden können. Das scheint so weit richtig zu sein. Und es ist durchaus löblich.
CO2-Kompensation
Damit aber den Slogan "Fly the Greenest" zu untermauern, schießt über das Ziel hinaus. Gleiches gilt für den Hinweis, die Kundschaft könne/solle die von der Airline angebotene Möglichkeit zur CO2-Kompensation nutzen.
In KONSUMENT haben wir wiederholt darüber berichtet (zuletzt in CO2-Kompensation: Fragen und Antworten 2/2024), was wir von CO2-Kompensation halten: wenig. Lässt sich ein Flug wirklich nicht vermeiden, empfiehlt es sich dennoch, ihn zu kompensieren. Das geht bei Wizz Air im Branchenvergleich zum Spottpreis. Der Schluss liegt nahe, dass da nicht die allerambitioniertesten CO2-Kompensationsprojekte dahinterstehen.
Was sagt Wizz Air dazu?
"Wieso veröffentlicht Wizz Air keine detaillierten Informationen zu dem Vergleich, auf dem der Claim 'Fly the Greenest' beruht?", wollten wir u. a. von der ungarischen Airline wissen. Wer sind die wichtigsten Mitbewerber und welche Emissionswerte werden konkret verglichen?
Wizz Air antwortete ausweichend: Man sei nicht befugt, über branchenweite Statistiken zu berichten. Aus unserer Sicht ein Ablenkungsmanöver. Zum einen, weil diese Kennzahlen in den Nachhaltigkeitsberichten der Mitbewerber auf deren Homepages öffentlich einsehbar sind. Zum anderen, weil Wizz Air nun doch bereit war, uns diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Wohl wissend, dass wir die Stellungnahme vollständig veröffentlichen werden.
Wer ist nun der so geheime Mitbewerb? "Fluggesellschaften mit ähnlicher Größe, die teilweise oder vollständig im selben Streckennetz tätig sind." Von Ryanair und Easyjet über Iberia bis hin zu Lufthansa und Air France eigentlich alles, was Rang und Namen hat in der Airline-Branche in Europa.
Die Antworten im Wortlaut finden Sie im folgenden PDF:
Stellungnahme WizzAir
Fazit
Hinsichtlich der verursachten Emissionen steht Wizz Air im Vergleich zu den Mitbewerbern tatsächlich gut da, wie die von der Billigfluggesellschaft auf Anfrage gelieferten Zahlen vermuten lassen. Sie decken sich weitgehend mit unseren Stichproben, die wir unabhängig erhoben haben. Hintergrund dürften eine hohe Auslastung sowie eine effiziente Flotten- und Streckenplanung sein. Es ist durchaus verständlich, dass eine Airline diesen "Erfolg" ihren Kund:innen mitteilen möchte.
Doch wieder einmal kommuniziert ein Unternehmen mit klimaintensivem Kerngeschäft, dass es "das nachhaltigste" oder "grünste" sei – weil andere noch weniger nicht-nachhaltig sind. Wer die anderen sind und um wie viel grüner man ist, wird der Öffentlichkeit verschwiegen. Wen interessiert schon das Kleingedruckte?
"Grün" oder "weniger schlecht"?
Auf den ersten Blick mag Wizz Air die grüne Strategie in den vergangenen Jahren etwas abgeschwächt haben, aber letztlich ist man sich treu geblieben. Transparenz ist nach wie vor nicht besonders wichtig. Die größte Veränderung seit 2021 ist der Aufruf von Wizz Air, nicht zu fliegen, wenn es nicht nötig ist. Ein kommunikatives Feigenblatt, wie wir meinen. Damit wird die Verantwortung den Kund:innen auferlegt. Es ist ihre persönliche Entscheidung zu fliegen, aber wenn sie es tun, dann wenigstens mit Wizz Air, "weil wir die grünste Option sind".
Aber genau das ist Wizz Air mit Sicherheit nicht. Fliegen an sich ist nicht nachhaltig. Mit Wizz Air ist es nicht "grüner", sondern nur um einen Tick weniger klimaschädlich. Es ist eine gängige Greenwashing-Strategie, "weniger schlecht" so zu verdrehen, dass daraus wie von Zauberhand ein "besser" oder "gut" wird. Und deshalb betreibt Wizz Air mit ihren Werbeaussagen Greenwashing.
Melden Sie Greenwashing!
Um den Markt in Bezug auf Greenwashing bestmöglich zu kontrollieren, sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen. Deshalb können wir unsere monatliche Aufforderung nur wiederholen: Melden Sie uns Greenwashing! Der VKI geht aktiv und erfolgreich gegen Greenwashing auf allen Ebenen vor. Der Greenwashing-Check ist ein großer Erfolg und wir bleiben weiterhin dran.
Wir blicken auch deshalb optimistisch in die Zukunft, weil sich in Sachen Greenwashing auf EU-Ebene einiges tut. Wenn die sogenannte Green-Claim-Verordnung wie geplant 2024 in Kraft tritt, bedeutet das: leichtere Rechtsdurchsetzung bei irreführenden grünen Werbebotschaften.
Sie sind über ein dreistes grünes Werbeversprechen gestolpert? Helfen Sie mit bei unserer Offensive gegen Greenwashing! Ein Formular dafür finden Sie auf konsument.at/greenwashing.
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