Greenwashing-Check: Wizz Air - grüne Versprechen
Wizz Air versucht sich mit grünen Versprechen von der Konkurrenz abzuheben.
Was uns stutzig gemacht hat
Vergangenen Sommer wollte die ungarische Billigfluglinie Wizz Air allen Reisehungrigen mit einer neuen Werbekampagne Lust aufs Fliegen machen. Auf einem Plakatsujet (siehe Foto) stand folgender Slogan: „Nachhaltigkeit ist ein langes Wort. Sag‘ einfach WIZZ.“ Mit dem Nachsatz: „Europas Airline mit dem kleinsten CO2-Fußabdruck.“
Eine Airline, die mit Nachhaltigkeit wirbt? Und das, obwohl doch gemeinhin bekannt ist, dass Flugzeugtanks randvoll gefüllt sind mit Kerosin? Der Slogan wurde uns von einem Konsumenten im Zuge einer Umfrage zugetragen. Das sei doch eindeutig Greenwashing, meinte er. Das fanden wir auch und begannen zu recherchieren.
Der Check: Fliegen ist nicht nachhaltig
Begriffe wie „grün“ oder „nachhaltig“ sind vage, nicht klar definierbar und in der Praxis schwer überprüfbar. Trotzdem, oder gerade deshalb, werden sie gern in PR- und Marktetingkampagnen verwendet. Eines kann aber mit Sicherheit gesagt werden: Fliegen ist nicht nachhaltig, weil das Businessmodell der Branche auf dem intensiven Einsatz fossiler Brennstoffe (Kerosin) fußt. Das befeuert den Klimawandel. Je nach Studie und konkreter Datenbasis sind die Emissionen des globalen Flugverkehrs für rund 3,5 bis 8 Prozent des menschgemachten Klimawandels verantwortlich. Schon allein deshalb kann eine Fluglinie nicht für Nachhaltigkeit stehen, so wie Wizz Air es unterstellt.
33 Milliarden Tonnen CO2
Aber es geht noch weiter: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat berechnet, dass die globale Luftfahrt in den vergangenen ca. 80 Jahren rund 33 Milliarden Tonnen CO2 emittiert hat – die Hälfte davon allein in den vergangenen 20 Jahren. Also genau in jener Zeit, in der Billigairlines wie Wizz Air groß geworden sind – und Fliegen so selbstverständlich (und günstig) gemacht haben wie früher vielleicht eine Autofahrt von Wien zum Neusiedler See. Doppelt dreist also von Wizz Air, sich in grünem Licht zu präsentieren.
Die beste unter den Luftverschmutzern und Klimasündern
Aber wie kommt die Airline darauf, es trotzdem zu versuchen? Wir schauen im Nachhaltigkeitsbericht des ungarischen Unternehmens nach. Auch dort findet sich die Aussage, untermauert mit einer geschönten Grafik, man sei die europäische Airline mit dem kleinsten CO2-Fußabdruck. Eine Eigenaussage wohlgemerkt, die für Außenstehende nicht überprüfbar ist. Und selbst wenn diese Behauptung korrekt ist, was ist die Schlussfolgerung? Dass Wizz Air die beste unter den Luftverschmutzern und Klimasündern ist. Dazu herzliche Gratulation!
Mülltrennung im Büro
Wenn Wizz Air sich um Effizienzsteigerung im Kerngeschäft bemüht – z.B. neue Flugzeuge, höherer Besetzungsgrad, niedrigere Fluggeschwindigkeiten –, ist das begrüßenswert. Allerdings ist das „Verkaufen“ dieser Maßnahmen als „grün“ wiederum irreführend, also Greenwashing. Denn in erster Linie geht es einem nach Gewinn strebenden Unternehmen wie Wizz Air bei der Umsetzung solcher Maßnahmen um wirtschaftliche Effizienzsteigerungen – also ums Geldsparen. Und wenn Wizz Air im Nachhaltigkeitsbericht über seine „grünen“ Aktivitäten abseits des Kerngeschäfts berichtet – wie z.B. Papiersparen und Mülltrennung im Büro –, dann ist das natürlich auch löblich. Aber in seinen klima-positiven Effekten im Vergleich zum Kerosin-Verbrennen ungefähr so, als ob in China ein Sack Reis umgefallen wäre.
Was sagt Wizz Air dazu?
Wir haben die Airline mit den Ergebnissen unseres Checks konfrontiert. Bis Redaktionsschluss haben wir keine Stellungnahme von Wizz Air erhalten.
Fazit: Hält das grüne Versprechen?
Ein klares Nein. Die Strategie, die Wizz Air bei dieser Kampagne anwendet, ist ein Beispiel aus dem Greenwashing-Lehrbuch. Die Airline stellt sich als kleinstes Übel (siehe „Die 7 Sünden des Greenwashing) dar – gern praktiziert insbesondere in nicht-nachhaltigen Branchen, um sich, relativ zu Mitbewerbern, einen grünen Anstrich zu geben.
Ob die Werbekampagne für Wizz Air das erhoffte Ergebnis gebracht hat, ist ohnedies zu bezweifeln. In Sozialen Medien wurde sie genüsslich durch den Kakao gezogen, z.B. mit Wortmeldungen wie „Eine ehrliche Werbung – Nachhaltigkeit ist wohl ein Witz (Wizz) für euch.“