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Werbesujet von Lidl, Foto von Hofer-Pfandrücknahmesystem
Bild: Screenshot lidl.at/beigestellt

Werben Hofer und Lidl mit Selbstverständlichkeiten?

VKI-Greenwashing-Check

Betreiben Hofer und Lidl mit ihren Kampagnen zu Pfand und Mehrweg Greenwashing? Wir haben den Check gemacht.

Was uns stutzig gemacht hat

Seit der Einführung des Einwegpfandes per 1.1.2025 haben wir uns verstärkt mit diesem Thema auseinandergesetzt. In der Folge wurden wir auch auf diverse kritisch zu hinterfragende Werbekampagnen aufmerksam, die Einwegpfand bzw. Mehrweg in den Mittelpunkt stellen.

Lidl warb Mitte Februar in einem Flugblatt mit dem Slogan „Jetzt neu! Mehrweg bei Lidl!“. Hofer Anfang März mit einem TV-Werbespot, der das neu implementierte Pfandrückgabesystem abfeiert (siehe Screenshots weiter unten). 

Die Hofer-Werbung fand auch Einzug in unser Greenwashing-Meldesystem. Hofer werbe mit gesetzlichen Verpflichtungen, lautet der Vorwurf eines Konsumenten, und zwar in einer Weise, dass man den Eindruck bekomme, dass es sich um eine Eigeninitiative von Hofer handle. „Das finde ich nicht in Ordnung.“

Werbung mit gesetzlichen Verpflichtungen? In diesem Dunstkreis bewegt sich auch die Lidl-Reklame. Auf den ersten Blick könnte es sich bei diesen beiden Kampagnen also um die Greenwashing-Praxis „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ handeln, die nach geltendem Recht unzulässig, weil irreführend wäre. 

Trifft das zu? Wir haben genau hingeschaut.

Der Check

Lidl: Mehrweg im Mittelpunkt

Dröseln wir die beiden Kampagnen auf. Bei jener von Lidl steht Mehrweg im Mittelpunkt. Ein Blick zurück: Im Vorjahr wurden verbindliche Mehrwegquoten für den Handel eingeführt, die schrittweise verschärft werden. Ab heuer muss ein Lebensmitteleinzelhändler in 90 Prozent seiner Filialen Mehrweg-Gebinde feilbieten (nur in Shops mit mehr als 400 m²). Je nach Getränkekategorie müssen zwischen 10 und 15 Prozent des Sortiments Mehrweg sein. Und natürlich müssen die leeren Flaschen auch retourniert werden können.

Lidl hatte vor nicht allzu langer Zeit mit Mehrweg nichts am Hut, der ökologisch positive Effekt war dem Diskonter herzlich egal. Zu umständlich, zu unwirtschaftlich. Durch die verpflichtende Quote musste Lidl dann wohl oder übel reagieren.

Und wie bewirbt der Diskonter diese bereits seit 2024 geltende gesetzliche Vorgabe? Schauen Sie sich das Sujet am Beginn des Artikel an. Es hat den Anschein, als wolle Lidl die gesetzliche Vorgabe nutzen, um die eigene ökologische Nachhaltigkeit zu unterstreichen: „Gut für dich, gut für alle: Jetzt neu! Mehrweg bei Lidl! Auf dem Weg nach morgen.“ Mit keinem Wort Erwähnung findet die Tatsache, dass man mit dieser Neuigkeit nur dem Wunsch des Gesetzgebers nachkommt.

Hofer: Pfand im Mittelpunkt

Und Hofer? Im zuvor erwähnten TV-Spot wirbt der Diskonter mit dem Slogan „Gutes Morgen! Was du heute kannst entsorgen, das bewirkt etwas für morgen. Ab sofort direkt beim Eingang Pfand abgeben und dann entspannt einkaufen. Heute für Morgen – die Nachhaltigkeitsinitiative von Hofer“. 

„Heute für Morgen“ ist der Überbegriff, das Dach aller Nachhaltigkeitsinitiativen von Hofer. Aber mal ehrlich: Hätten Sie das gewusst? Der Konsument, der den Werbespot unter Greenwashing-Verdacht gestellt hat, allem Anschein nach nicht. Er hat „die Nachhaltigkeitsinitiative von Hofer“ offenkundig auf das zuvor im Spot Gehörte bezogen; also darauf, dass Hofer eigeninitiativ nachhaltig tätig wurde und ein Pfandsystem aus dem Boden gestampft hat.

Wie schon Lidl beweist auch Hofer (zu viel) Mut zur Lücke: Kein Wort darüber, dass es gesetzliche Vorgaben gibt, die der Lebensmitteleinzelhandel, und somit auch Hofer, einzuhalten hat. Kein aufklärendes, ehrliches „Jetzt starten auch wir mit Mehrweg- und Einwegpfand!“. Somit drängt sich die Vermutung auf, dass sich hier jemand im Windschatten einer gesetzlichen Anforderung in einem grünen Licht präsentieren will.

Hofer ist zudem Mehrfachtäter. Denn auch auf den Pfandautomaten wird so geworben, als ob das Pfandsystem eine grüne Initiative von Hofer selbst wäre und keine gesetzliche Vorgabe: „Heute für Morgen. Hofer recycelt für ein lebenswertes Morgen“ und „Die Hofer Verpackungsmission: Vermeiden. Wiederverwenden. Recyceln“. 

Unsere Nachfrage, wie Hofer gedenkt bei Getränken Verpackungen zu vermeiden, lässt der Diskonter unbeantwortet.

Screenshots aus einer TV-Werbung von Hofer zum Thema Pfandrückgabesystem
Screenshots Hofer-TV-Werbung. Der Slogan lautet: „Gutes Morgen! Was du heute kannst entsorgen, das bewirkt etwas für morgen. Ab sofort direkt beim Eingang Pfand abgeben und dann entspannt einkaufen. Heute für Morgen – die Nachhaltigkeitsinitiative von Hofer.“ Bild: Screenshots Hofer-Werbung via ORF ON

Was sagen Hofer/Lidl dazu?

Sowohl Hofer als auch Lidl weisen den Greenwashing-Vorwurf von sich. Auch eine „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ liege nicht vor, schreibt Lidl. Man wolle lediglich informieren, „da nicht davon auszugehen ist, dass alle Konsumenten die gesetzlichen Vorgaben kennen“. Hofer will „Achtsamkeit für das Thema Nachhaltigkeit/Recycling schaffen“. 

Die Antworten im Wortlaut lesen Sie im PDF anbei. 

Fazit

Seine Kundschaft über ökologische Neuerungen zu informieren, ist wichtig und richtig. Richtig zu informieren ist aber ebenfalls wichtig – da sind Hofer und Lidl säumig. 

Die Diskonter waren jahrelang Nachzügler in Sachen Mehrweg. Mehr noch, mit Händen und Füßen wehrte man sich gegen eine verpflichtende Quote bzw. die Einführung eines Einwegpfands. Bis 2024 hatten Hofer und Lidl keine Getränke-Rücknahmeautomaten in ihren Filialen. Erst durch gesetzliche Vorgaben wurden sie dazu gezwungen.

Die zuvor beschriebenen Werbeslogans sind vor diesem Hintergrund vermessen, jedenfalls problematisch, wenn nicht sogar irreführend. Es wirkt, als würde man bei einem Kuchen, den man andere hat backen lassen, nicht nur mitnaschen wollen, sondern auch noch sagen: Wir haben ihn gebacken! 

Ein Unternehmen, das den Kuchen jedenfalls mitgebacken hat, schafft es auch jetzt, einen transparenteren Zugang zu wählen. Bei Spar heißt es auf einem Info-Plakat zu Mehrweg bzw. Pfand: „Einwerfen statt Wegwerfen. Auf gutem Weg mit Spar“ und „Alles wie gehabt: Das vertraute Mehrweg-Pfandsystem bleibt“.

Ob in den konkreten Fällen eine Irreführung nach UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) vorliegt oder nicht, müsste final durch ein Gericht geklärt werden.

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Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns! Bild: VKI

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