Risiken von Medikamenten
Wenn Ärzt:innen ein Medikament verordnen, das für die vorliegende Erkrankung keine Zulassung hat, müssen sie die Patient:innen besonders ausführlich über mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufklären.
Der Fall
Herr C. bekommt im Krankenhaus eine Infusion angehängt. Dadurch wird eine oberflächliche Venenthrombose (Thrombophlebitis) ausgelöst. Der diensthabende Arzt verordnet ein Medikament zur Blutverdünnung und ein Antibiotikum. In der Folge erleidet Herr C. ein Leberversagen und muss mehrere Wochen lang behandelt werden.
Hätte die Komplikation vermieden werden können?
Die Patientenanwaltschaft diskutiert den Fall eingehend mit dem Krankenhaus und dessen Haftpflichtversicherung. Die Patientenvertreter:innen bringen vor, dass Herr C. nicht über die möglichen Risiken der Infusion und der nachfolgenden Behandlung aufgeklärt wurde.
„Off-Label-Use“
Dieses Argument wiegt im konkreten Fall besonders schwer, da eines der Präparate „off label“ verabreicht wurde. Das bedeutet, dass es nicht für die Behandlung der Thrombophlebitis zugelassen war, was auch dem Beipacktext und der Fachinformation zu entnehmen ist. Ein solcher sogenannter „Off-Label-Use“ kann erforderlich sein, wenn für eine bestimmte Behandlung kein zugelassenes Arzneimittel verfügbar ist.
Erhöhte Aufklärungspflicht
Es besteht in diesem Fall jedoch eine größere Unsicherheit für die Patient:innen und damit auch eine erhöhte Aufklärungspflicht über alle möglichen Risiken und Nebenwirkungen. Die Patientenanwaltschaft gab ein medizinisches Gutachten in Auftrag. Darin wurde festgestellt, dass das Antibiotikum ohne ausreichende medizinische Begründung verabreicht wurde. Beim blutverdünnenden Medikament bewertete der Gutachter die Verordnung als einen „begründeten Heilversuch“.
Hat Herr C. Anspruch auf Schadenersatz?
Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass es nach Beurteilung aller vorliegenden Informationen sehr wahrscheinlich ist, dass eines der beiden Medikamente das Leberversagen hervorgerufen hat. Da durch den Off-Label-Use ein erhöhtes Risiko eingegangen und darüber nicht aufgeklärt wurde und darüber hinaus ein Behandlungsfehler nachgewiesen worden ist, wurde seitens der Patientenanwaltschaft ein Schadenersatzverfahren in Gang gesetzt. Nach entsprechenden Verhandlungen konnte der Fall außergerichtlich bereinigt werden.
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Vorarlberg
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