Es gibt viele langjährige Tüftler, die immer öfter kapitulieren müssen. Warum wollen Firmen nicht mehr, dass wir ihre Produkte reparieren können?
Das ist kein einheitliches Bild. Es gibt in vielen Bereichen technologische Fortentwicklungen, z.B. Miniaturisierung ist so eine Dimension. Wireless ist auch ein gutes Stichwort. Die Halbleitertechnologie hat sich gewandelt. Und auch die Anforderungen der Verbraucher. Früher war bei einem Küchenradio der Witterungsschutz kein Thema, also z.B. Wasser- oder Staubdichtigkeit. Bei einem modernen Bluetooth-Outdoor-Speaker sieht das schon ganz anders aus. Es lasten auf den Herstellern sehr viele neue Anforderungen. Es ist ein sehr komplexes Problem.
Aber warum müssen Smartphone-Hüllen verklebt sein?
Das erste Smartphone kam vor rund 13 Jahren auf den Markt. Das ist eine sehr junge Technologie. Und das impliziert auch, dass sie noch sehr wenig reglementiert ist. Als Autos sich als Massenfortbewegungsmittel durchgesetzt haben, gab es z.B. auch noch keine Sicherheitsgurte. Oder Katalysatoren. Und trotzdem ist man über die Jahre zur gesellschaftlichen Übereinkunft gelangt, dass es sinnvoll ist, das weiterzuentwickeln. Und vor einer vergleichbaren Aufgabe stehen wir jetzt auch. Nicht nur bei Smartphones, auch bei vielen anderen Elektronik-Produkten. Es gibt zu wenige Leitplanken, wie ein Produkt auszusehen hat, damit es lange genutzt werden kann. Und auch repariert werden kann.
Es gibt Berechnungen, die Folgendes besagen: Wenn wir alle Smartphones in der EU um nur ein Jahr länger nutzen würden, dann sparte das bis 2030 so viel CO2 ein, als würden eine Million Autos de facto stillgelegt werden.
Es ist wichtig, dass man informiert und einen Bewusstseinswandel schafft. Warum es nicht okay ist, sich alle zwei Jahre ein neues Smartphone zu kaufen. Im Lebensmittelbereich haben Konsumenten inzwischen die klar ausgewiesene Wahlmöglichkeit: bio oder konventionell. Oder Fair Trade. Im Elektronikmarkt haben Konsumenten diese Entscheidungshilfen nicht. Dort stehen 50 Fernseher und 40 Tablets, aber keine Hinweise auf z.B. die Frage, wie lange Ersatzteile verfügbar sind. Oder wie viele Jahre die Software upgedatet wird.
iFixit und die Reparatur-Community fordern das Recht auf Reparatur. Ein Kampf gegen Windmühlen?
Wir wollen Menschen dabei unterstützen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, selbst aktiv zu werden, selbst zu reparieren. Aber es geht auch um das Recht auf Reparierbarkeit. Denn wenn es keine Reparierbarkeit in den Produkten gibt, dann ... Ja, dann steht man als Konsument natürlich an. Es müssen gesetzliche und regulative Wege gefunden werden, die beeinflussen, wie die Produkte auszusehen haben. Wir wollen aufzeigen, dass das System falsch konfiguriert ist. Wir wollen ein anderes Betriebssystem!
Geschafft werden kann es Ihrer Meinung nach nur mit dem Druck der Zivilgesellschaft?
Im Kern geht es darum, diese zum Teil sehr neuen Industrien, die einfach unterreguliert sind, zu demokratisieren. So wie wir das z.B. schon geschafft haben in Bereichen wie Pharma oder Medizin. Ich kann ja kein Medikament auf den Markt bringen, ohne belegt zu haben, dass es kein gefährliches oder giftiges Produkt ist. Es braucht diese zivilgesellschaftliche Basis, um entsprechend politisch handeln zu können.
Das Smartphone ist eine relativ neue Technologie, ja. Aber auch Waschmaschinen werden immer kurzlebiger.
Überall, wo Elektronik und Software drin ist, ergeben sich sehr spezifische Problemstellungen für die Hersteller. Man hat viel mehr Funktionalität in diesen Maschinen als früher. Das Verständnis und auch die Nutzungsmuster im Bereich Technologie haben sich stark gewandelt. Faktum ist auch: Vor 30, 40 Jahren haben viele Familien jahrelang auf solche Haushaltsgeräte gespart. Man kann auch heute noch eine Waschmaschine um 1.500 Euro kaufen. Auf Amazon bekommt man aber auch Waschmaschinen um 200 Euro. Es ist heutzutage eine Lebensweise möglich, die es jenen, die wenig Liquidität haben, ermöglicht, sich alle paar Jahre eine Waschmaschine um sehr wenig Geld zu kaufen.