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Milch in Glasflaschen - Danebengegangen

Auch bei den großen Handelsketten steht mittlerweile Flaschenmilch in den Kühlregalen. Die Idee ist ausgezeichnet – die Umsetzung leider miserabel.

In den Bio-Läden gibt es sie schon lange zu kaufen: Trinkmilch in Glasflaschen. Nun haben endlich die großen Lebensmittelhändler nachgezogen. Seit Sommerbeginn ist Flaschenmilch auch bei Billa & Co und sogar beim Paradediskonter Hofer zu haben. Schon auf den ersten Blick ist klar: Die in den Supermärkten angebotene Glasflasche sieht nicht so aus wie ihr Vorgängermodell von anno dazumal.

Große Lebensmittelhändler verkaufen jetzt Milch in Glasflaschen. Wie nachhaltig ist die Umsetzung? (Bild: VKI)

Frische Milch braucht Lichtschutz

Als es noch keine Kartonverpackungen gab, füllte jede Molkerei ihre Trinkmilch in eine dunkelbraune Glasflasche, die den Inhalt optimal schützte. Und die Flasche konnte, weil einheitliche Verpackungsgröße und genormtes Gebinde, in jedem Geschäft problemlos zurückgegeben werden.

Weiß statt braun

Die derzeit verkauften Milchflaschen sind durchsichtig. Zugegeben, sie sehen gut aus, aber: Damals wie heute ist Milch noch immer ein heikles Produkt, das Lichtschutz braucht, damit es zu keinen Qualitätseinbußen kommt – Stichwort „Lichtgeschmack“. Hat das hier verwendete Glas einen Lichtschutz eingebaut? Oder steckt in den Flaschen ein Produkt, das keinen braucht? Wer sich aus den neuen Milchflaschen ein großes Glas einschenkt, stellt umgehend fest: Die Milch riecht anders, als man es von Frischmilch gewohnt ist. Und sie schmeckt auch anders, nämlich eindeutig nach gekochter Milch.

Länger haltbare Milch

Tatsächlich enthalten die Flaschen aus den Kühlregalen der Handelsketten keine Frischmilch, sondern eine ESL-Milch, also eine länger haltbare Milch, die laut Kennzeichnung hocherhitzt wurde. Für so ein Produkt hätte es nicht unbedingt eine Glasflasche gebraucht, finden wir. ESL-(Extended Shelf Life-) Milch wird von den Kunden mittlerweile am meisten gekauft. Vielleicht hat das auch mit der Sortimentspolitik der Lebensmittelhändler zu tun. Kunden, die kurz vor Geschäftsschluss noch Frischmilch kaufen möchten, stehen regelmäßig vor ausgeräumten Regalen. Ihnen bleibt dann nichts anderes übrig als der Griff zu länger haltbarer Milch, die zu jeder Tageszeit in Massen angeboten wird.

Eine für alle

Welche Molkereien liefern derzeit Flaschenmilch an die großen Lebensmittelhändler? Im Moment füllt nur ein einziger Betrieb Milch in Glasflaschen ab, und zwar die Tirol Milch in Wörgl. Sie gehört zum Imperium der Berglandmilch, Österreichs mit Abstand größter Molkerei.

Egal ob Konsumenten sich für eine Bio-Flaschenmilch von Ja! Natürlich (Billa, Merkur), Zurück zum Ursprung (Hofer) bzw. Spar Natur pur (Spar, Interspar) oder eine konventionell erzeugte Berghof Bergbauernmilch von Schärdinger bzw. die Bergbauernmilch von Tirol Milch entscheiden: Auf allen Flaschen findet sich dasselbe ovale Identitätszeichen mit der Buchstaben-Ziffern- Kombination AT 70149 EG, dem Kürzel für die Molkerei in Wörgl. Wer Flaschenmilch haben will, bezahlt dafür 1,39 bis 1,49 Euro pro Liter.

Wegwerfprodukt: Einweg-Glas

Im Faltkarton kostet dasselbe Produkt 1,25 bis 1,29 Euro pro Liter. Dass Milch in der Glasflasche teurer ist als im Packerl, überrascht vermutlich niemanden. Für den höheren Preis und das Schleppen der deutlich schwereren Milchflaschen bekommt man schließlich ein ökologisch tadelloses Produkt, oder? Ja, natürlich – vorausgesetzt, es handelt sich dabei um eine Pfandflasche, die in die Molkerei zurückgeht und dort immer wieder neu befüllt wird.

Keine Pfandflasche

Doch genau das ist hier nicht der Fall. Ob biologisch oder konventionell erzeugt: Der weiße Saft landet immer in Einweg-Glasflaschen, also reinen Wegwerfprodukten. Die dürfen die Kunden dann nach Gebrauch selbst in die Glascontainer werfen. „Pfandfrei“ nennen die Hersteller gönnerhaft dieses fragwürdige System, ganz so, als bekämen die Kunden etwas geschenkt.

Die Sache mit dem Einweg-Glas ist übrigens das, was viele unserer Leser am meisten aufregt: „Warum kann die Tiroler Milch Molkerei Wörgl nicht auch Pfandflaschen verwenden? Wir sehen uns als umweltbewusste Konsumenten getäuscht!“, schrieb uns Familie Geschwentner aus Tirol. Dieses Gefühl können wir sehr gut nachvollziehen.


Mehr zum Thema:

In einer der nächsten Ausgaben von KONSUMENT berichten wir umfassend über Milch und Milchprodukte im Glas: Wer bietet was an? Warum wird weißes und nicht braunes Glas eingesetzt? Wer verlangt für die Glasverpackung ein Pfand, wer nicht? Vor allem aber: Wie argumentieren Molkerei und Handel ihre Entscheidung für die Einweg-Flasche?

Leserreaktionen

Pfandflaschen im Bio-Markt

Danke für den Artikel „Danebengegangen“. Man hätte vielleicht noch erwähnen können, dass es schon Supermärkte gibt, die Frischmilch (also „echte“ und nicht die Hocherhitzte) auch in den früher üblichen dunklen Flaschen anbieten. Denn´s Biomarkt zum Beispiel, das ist in Pfandflasche mit echter Bio-Milch, da ist aber wieder der Nachteil, dass sie aus Deutschland kommt. Auch ein kleiner Supermarkt in der Steiermark fällt mir ein, dort gibt es regionale Milchprodukte, die auch in den richtigen Flaschen abgefüllt sind. Solche Betriebe sollte man hervorheben und nicht noch die großen Ketten durch namentliche Nennung wieder in Erinnerung rufen.

Thomas Höbarth
E-Mail
(aus KONSUMENT 2/2019)

Waldviertel statt Deutschland

Beim Studium der Elektromobilität, Kfz-Versicherungen, Schadstoffe in Taschentüchern ... - Ihre Meinung ist uns wichtig habe ich mit großem Staunen auch die Meinungsäußerung von Frau Waldsteiner gelesen. Ich möchte Ihnen hierzu meine Meinung mitteilen. Es kann doch nicht wahr sein, dass ich eine Bio-Milch aus einer deutschen Molkerei gutheiße und vorziehe, wenn ihr eine – wahrscheinlich auch Bio-Milch – aus dem wesentlich näheren Waldviertel gegenübersteht! Und noch dazu die kürzere Haltbarkeit dieser Milch als negativ hinstelle! Wo doch dies ein Beweis wäre, dass dieses Produkt ohne jegliche Bearbeitung angeboten wird.

Ich wohne in Wien und habe in der Nähe von Baden einen Zweitwohnsitz. Ich beziehe in einem Adeg-Geschäft eine in braune Glasflaschen abgefüllte Natur- oder Bio-Milch. Die Haltbarkeit dieser Milch liegt zwischen 2 und 5 Tagen. Ich habe mir angewöhnt, nach jeder Entnahme die Flasche gut zu verschließen und kräftig zu schütteln, vielleicht begünstigt dies auch die Verlängerung der Haltbarkeit (Aufdruck Etikette).

Die Milch wird von der Firma Krogger in Mönichwald (Stmk.) zwei Mal die Woche in Liter- und Halblitergebinden geliefert und es gibt neben der Frischmilch auch Yoghurt und Schlagobers (das auf Grund der Natürlichkeit eine relativ kurze Haltbarkeit hat, vor allem, wenn es geöffnet ist) und manchmal auch Butter. Alles in Pfandflaschen und -gläsern.

Monika Weihs
E-Mail
(aus KONSUMENT 1/2019)

Doch mit Pfand

Sie schreiben, dass man derzeit nur Milch in Einwegglasflaschen bekommt – das ist allerdings nicht ganz richtig. Ich kaufe seit mehr als einem Jahr Milch in der Pfandflasche, sogar in der guten alten „braunen“ Pfandflasche, ABER es gibt sie nur von den deutschen Molkereien „Berchtesgadener Land“ oder „Hohenlohe-Franken“. Diese Milch ist bio und man bekommt sie in einigen Zero Waste Geschäften in Österreich und in Bio Märkten (z.B. Planbiomarkt in Mödling, oder die Denn‘s Kette).

Es gibt auch in einigen Biogeschäften (detto die o.g. Geschäfte) österreichische Milch in durchsichtigen Pfandglasflaschen der Familie Koppensteiner aus dem Waldviertel. Diese hält aber leider nicht so lange und ist auch teurer.

Susanne Waldsteiner
Vösendorf
(aus KONSUMENT 11/2018)

Tipps für Deutschlandsberg

In unserm Bioladen „Bioplatzl“ gibt es weiterhin Milch in der klaren Pfandglasflasche, hier löst sich das Etikett sehr leicht. Ebenso gibt es Kuh- und Schafjoghurt sowie Sauerrahm aus Biomilch im 500 g Pfandglas vom Biohof Halbmayer u. Partner aus St. Peter in der Au. Im lokalen Reformhaus „Dotzauer“ gibt es Natur-Kuhmilchjoghurt im 380 g Pfandglas in Natur und als Fruchtvarianten von der Familie Gartler aus Lieboch. Das Etikett ist rückstandsfrei abziehbar. Es ist ein Aufwand, aber wer sucht, der wird in kleinen Läden eher fündig, auch wenn der Preis dort höher ist.

Sabina Aichholzer
Deutschlandsberg
(aus KONSUMENT 11/2018)

Ärger mit Etiketten

Es ist ja löblich, dass vermehrt Lebensmittel in Glasgebinden angeboten werden. Als extrem ärgerlich allerdings empfinden wir dabei, dass vielfach Klebstoffe für die Etiketten etc. verwendet werden, die nicht oder nur mit Chemie bzw. unter Opferung der Fingernägel entfernt werden können! Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte doch – wenn schon kein Pfandsystem möglich ist – eine einfache Nachnutzung ermöglicht werden (wie bei manchen Anbietern: wasserlösliche Klebstoffe oder rückstandsfrei abziehbare Etiketten)!

Helmut & Ulrike Tillinger
Wien
(aus KONSUMENT 10/2018)

Enorme Verschwendung

Ich war anfangs auch hocherfreut, dass es wieder Milch in Glasflaschen gibt, bis ich festgestellt habe, dass man die Flaschen dann entsorgen muss. So gab es bis vor kurzem auch noch Joghurt in Glasbehältern MIT Pfand. Gibt es jetzt nicht mehr, nur mehr in Einwegbehältnissen. Eine enorme Verschwendung von Energie und Ressourcen. Da hört man aber von der EU kein Wort. Hauptsache, Glühlampen wurden verboten. Letztendlich kaufe ich jetzt wieder nur mehr Milch im Karton oder direkt beim Bauern und Joghurt im Plastikbecher. Schöne neue Welt?

User "gerhard56"
(aus KONSUMENT 10/2018)

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